Die Regierungschefs von Bund und Ländern beschließen die Aufhebung aller einschneidenden Regeln zum 20. März. Man blicke optimistisch in die Zukunft, sagte Kanzler Scholz.
Hendrik Wüst, Olaf Scholz, Franziska Giffey (v.l.)
Der NRW-Länderchef, der Bundeskanzler und die Regierende Bürgermeisterin von Berlin stellen die Beschlüsse vor.
Bild: Reuters
Berlin Nachbarländer wie die Niederlande, Schweiz und Österreich machen es vor, nun nimmt auch Deutschland die Coronamaßnahmen schrittweise zurück. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben sich bei ihrer Videokonferenz am Mittwoch geeinigt, dass ab dem 20. März alle „tiefgreifenden Schutzmaßnahmen“ fallen sollen. Vorher werden schrittweise die bestehenden Maßnahmen aufgehoben.
„Wir schauen zuversichtlich auf die Pandemie“, sagte Scholz nach den Gesprächen in Berlin. Die Situation werde sich in den kommenden Wochen noch weiter verbessern. Die Krankenhäuser seien vergleichsweise wenig ausgelastet worden, wozu die geltenden Maßnahmen beigetragen hätten. Diese könnten nun „Stück für Stück“ zurückgenommen werden.
„Wir haben nach den zwei Jahren Pandemie verdient, dass es wieder besser wird“, sagte Scholz. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz war am Mittwoch den vierten Tag in Folge gesunken.
In einem ersten Schritt sollen für private Treffen keine Beschränkungen mehr gelten – es sei denn, es nehmen auch Ungeimpfte teil. Dann bleibt es bis zum 19. März bei der Regelung, dass neben Personen aus dem eigenen Haushalt maximal zwei Personen aus einem anderen Haushalt dabei sein dürfen.
Einkaufen soll dem Beschluss zufolge künftig wieder „bundesweit für alle Personen ohne Kontrollen möglich sein“. Die Maskenpflicht im Einzelhandel bleibt aber bestehen.
Ab dem 4. März soll dann für Restaurant- und Hotelbesuche wieder die 3G-Regel gelten, auch Ungeimpfte mit negativem Test sollen wieder Zugang bekommen. Diskotheken und Klubs „werden für Genesene und Geimpfte mit tagesaktuellem Test oder mit dritter Impfung (2G plus) geöffnet.“
Bei überregionalen Großveranstaltungen soll weiterhin die 2G- oder 2G-plus-Regel gelten. An Veranstaltungen in Innenräumen sollen bis zu 60 Prozent der Höchstkapazität und maximal 6000 Personen teilnehmen dürfen. Im Freien sind es 75 Prozent der Höchstkapazität und maximal 25.000 Personen.
Allerdings machen die Regierungschefs den Öffnungsschritt Anfang März von der „Situation in den Krankenhäusern“ abhängig. Was genau das bedeutet, ist nicht näher erklärt. In einem früheren Entwurf des Beschlusspapiers war als Kriterium noch die Hospitalisierungsrate genannt. Sie weist aus, wie viele an Covid-19 Erkrankte auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen ins Krankenhaus aufgenommen wurden.
Am 20. März sollen weitere Maßnahmen wie etwa die Homeoffice-Regelung fallen. Auch dieser Schritt ist allerdings abhängig von der Situation in den Krankenhäusern. Basismaßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandhalten und Hygieneregeln wollen Scholz und die Länderchefs auch über dieses Datum hinaus ermöglichen, um sie beispielsweise auch in Schulen und Kitas einsetzen zu können.
Dafür soll der Bundestag die rechtliche Grundlage schaffen, denn die mit dem Infektionsschutzgesetz geregelten Maßnahmen laufen am 19. März aus. Anfang März ist dafür bereits eine Bundestagssitzung geplant. Falls es in einzelnen Landkreisen, Bezirken oder kreisfreien Städten zu einem lokalen Corona-Ausbruch und einer drohenden Überlastung des dortigen Gesundheitssystems kommt, sollen die Länder auch ergänzende Schutzmaßnahmen verhängen können.
„Wir müssen Öffnungen und Achtsamkeit miteinander verbinden“, sagte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.
Die Gesundheitsminister werden aufgefordert, für eine systematische Datenerfassung der für die Belastung durch die Pandemie maßgebenden Indikatoren zu sorgen. In der Vergangenheit hatte es Kritik daran gegeben, dass beispielsweise über die Wochenenden keine zuverlässigen Daten über Neuinfektionen oder die Belegung der Intensivstationen geliefert wurden.
Zudem will der Bund die Einstufung der Hochrisikogebiete anpassen, um den weltweit gestiegenen Inzidenzen Rechnung zu tragen. Damit solle auch das Reisen für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren erleichtert werden, die oft nicht geimpft seien und bei der Reiserückkehr einer Quarantäne nicht entgehen könnten.
In einem Entwurf des Papiers hatte es noch geheißen, die geltende Regelung für Hochrisikogebiete schränke „das hohe Gut der Reisefreiheit, ebenso Handel und Wirtschaft unverhältnismäßig ein“.
Bundeskanzler Scholz betonte aber, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. Deshalb halten die Regierungschefs aus Bund und Ländern eine allgemeine Impfpflicht auch weiter für erforderlich. „Der Piks hilft eben“, betonte Scholz. Der Bundestag soll im März über das Thema beraten. Seit Mittwoch liegt mit dem Gesetzesentwurf für die Einführung einer Impfpflicht ab 50 Jahren die dritte ausformulierte Position einer Abgeordnetengruppe vor.
Nach den Plänen der Parlamentarier um den FDP-Politiker Andrew Ullmann sollen zunächst alle noch nicht geimpften oder genesenen Personen ab 18 Jahren verpflichtend beraten werden. Dann soll eine Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren eingeführt werden – aber nur „unter Vorbehalt einer Bewertung der Situation im Herbst 2022“.
Neben dem Vorschlag der Gruppe um Ullmann gibt es aus den Reihen der Ampelfraktionen einen Entwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahren sowie einen Antrag gegen eine Impfpflicht. Die Unionsfraktion hatte zudem einen eigenen Antrag vorgelegt, der zunächst nur die Schaffung eines Impfregisters vorsieht und dann – je nach Pandemielage – eine nach Alters- und Berufsgruppen gestaffelte Impfpflicht.
Die Regierungschefs aus Bund und Ländern haben auch klargestellt, dass künftig nicht mehr das Robert Koch-Institut (RKI) entscheiden soll, wie lange ein Geimpften- oder Genesenenstatus gilt, sondern die Bundesregierung.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte auf diese Regelung gedrängt, nachdem das RKI Mitte Januar den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt und die Bundesregierung damit überrascht hatte.
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