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21.02.2022

15:49

Pandemie

Novavax-Impfstoff trifft ein – „Allzu hoch sollten die Erwartungen daran aber nicht sein“

Von: Jürgen Klöckner

In Kürze beginnen die Bundesländer mit den Novavax-Impfungen. Der Bund erwartet 1,4 Millionen Dosen – als Alternative zu mRNA-Impfstoffen, die manche Skeptiker ablehnen.

Novavax-Lieferungen sind nun auch auf dem Weg nach Deutschland. AP

Impfstoff in Südkorea

Novavax-Lieferungen sind nun auch auf dem Weg nach Deutschland.

Berlin Bereits in der kommenden Woche sollen die Bundesländer damit beginnen, das neue Vakzin des US-Herstellers Novavax zu verimpfen. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag in Berlin mit. Der Impfstoff soll vor allem in medizinischen Einrichtungen eingesetzt werden. Der Bund erwartet ab Mittwoch 1,4 Millionen Dosen, die dann an die Länder verteilt werden sollen.

Novavax als Protein-Impfstoff gilt als Möglichkeit, Impfskeptiker etwa in der Pflege von einer Immunisierung zu überzeugen. Es besteht die Hoffnung, dass diese den Impfstoff als Alternative zu den von ihnen abgelehnten mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna sehen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte Ende Januar, das Vakzin könne helfen, die ab Mitte März geltende einrichtungsbezogenen Impfpflicht umzusetzen. „Viele warten auf diesen Impfstoff“, sagte er.

Der Chef des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Vereinigung, Dominik Stillfried, ist hingegen skeptisch. „Novavax könnte die deutsche Impfkampagne weiter voranbringen, weil sich mit diesem Impfstoff bestimmt einige Personen impfen lassen, die mRNA-Impfstoffe ablehnen“, sagte Stillfried dem Handelsblatt. „Allzu hoch sollten die Erwartungen daran aber nicht sein.“

Stillfried verwies auf die jüngste Cosmo-Studie, laut der sich 63 Prozent der Ungeimpften auf keinen Fall impfen lassen wollen. Zudem sinke die Bereitschaft, je näher ein konkreter Impftermin rückt.

Dies deute an, dass die fehlende Verfügbarkeit des Impfstoffs oft als Ausrede diene, sagte Stillfried. „Insgesamt wird Novavax daher ein wertvolles Instrument in der Impfkampagne sein, das schnellstens auch in den Arztpraxen verfügbar sein sollte, aber vermutlich kein Gamechanger wird.“

Ampel streitet über Impfpflicht

Die Bundesregierung strebt eine möglichst hohe Impfquote an, um bei kommenden Infektionswellen auf viele Coronamaßnahmen verzichten zu können. Fast 20 Millionen Menschen in Deutschland sind allerdings weiterhin ungeimpft.

Novavax wohl „kein Gamechanger“ - Ampel-Streit über Impfpflicht dpa

Corona-Impfung

Die Politik hofft auf eine deutlich höhere Impfquote durch den neuen Impfstoff.

Hinzu kommt, dass das Impftempo seit Monaten zurückgeht. Wie aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht, ließen sich am Sonntag lediglich 24.000 Menschen impfen. Eine Woche zuvor waren es noch knapp 32.000 Menschen.

Die aktuelle Tageszahl der Impfungen ist immer vorläufig, da nicht alle verabreichten Impfdosen sofort gemeldet werden. Mittlerweile sind 75,2 Prozent der Bevölkerung zweifach geimpft, 56,3 Prozent haben eine Auffrischimpfung erhalten. Wegen Problemen bei der Erfassung geht das RKI davon aus, dass die tatsächliche Impfquote bis zu fünf Prozentpunkte höher liegt als angegeben.

In der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht verschärft sich derweil der Ton in der Ampelkoalition. So kritisierte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der sich skeptisch gegenüber dem Vorhaben geäußert hatte. „Rechtlich sauber zu Ende gedacht“ seien Buschmanns Einlassungen nicht, sagte Wiese den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Zudem müsse „dem Kollegen Buschmann“ klar sein: „Nur wer jetzt die Impfquote für den kommenden Herbst/Winter erhöht, wird auch dann weiterhin eine Öffnungsperspektive haben.“ Wiese gehört zu den Initiatoren eines Antrags für eine Impfpflicht für Erwachsene, die auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anstrebt.

Der Justizminister hatte dem „Spiegel“ mit Blick auf eine allgemeine Impfpflicht gesagt, dass nur „gewichtige Rechtsgüter der Allgemeinheit wie die Abwehr einer Überlastung des Gesundheitswesens“ einen solchen Eingriff rechtfertigen. „Ob das derzeit tatsächlich noch eine drohende Gefahr ist, daran kann man zweifeln“, sagte Buschmann.

Selbst wenn eine solche unterstellt werde, ergibt sich für Buschmann die Frage, ob eine Impfpflicht für Menschen ab 50 Jahren nicht genauso effektiv wie eine für alle Erwachsenen wäre. FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der eine Impfpflicht ablehnt, sagte zudem in der ARD: „Die Impfpflicht ab 18 Jahren ist tot.“ Er sei überzeugt, dass es dafür keine Mehrheit im Deutschen Bundestag im April geben werde, „in welcher Form auch immer“.

Entscheid über Coronamaßnahmen am 18. März

Offen ist auch die Frage, welche Schutzmaßnahmen ab dem 20. März weiterhin möglich sein sollen. Das geplante Gesetz für den künftigen Corona-Basisschutz soll nach den Plänen der Ampelkoalition erst unmittelbar vor dem Auslaufen der meisten Auflagen beschlossen werden.

Am 9. März sollen die Eckpunkte für das Gesetz im Kabinett beraten werden, wie das Handelsblatt aus Fraktionskreisen erfuhr. Am 18. März sollen die zweite und dritte Lesung im Bundestag sowie in einer Sondersitzung die Entscheidung im Bundesrat stattfinden.

Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, dass zwei Tage später die allermeisten Einschränkungen fallen sollen. Aus Sicht der Länder sollte in bestimmten Bereichen allerdings eine Nachweispflicht für den Impf-, Genesenen- und Teststatus weiterhin möglich sein. In der Debatte ist auch eine Fortsetzung der Maskenpflicht im Handel sowie in Bus und Bahn.

Mit Agenturmaterial

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