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10.01.2022

15:58

Pandemie

Omikron stellt das Schnelltestsystem auf die Probe – Schulstart wird zum Test-Marathon

Von: Barbara Gillmann, Jürgen Klöckner

Regelmäßiges Testen gewinnt in der Omikron-Welle an Bedeutung, nicht nur wegen des Schulstarts. Doch wie zuverlässig sind die Tests? Minister Lauterbach will Klarheit schaffen.

Mit dem Schulstart müssen die Kinder sich testen lassen. imago images/Reichwein

Schulkinder testen sich in Duisburg

Mit dem Schulstart müssen die Kinder sich testen lassen.

Berlin Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, zu überprüfen, welche Schnelltests wie gut eine Infektion mit der Omikron-Variante nachweisen können. „Ich habe das Paul-Ehrlich-Institut veranlasst, eine Positivliste vorzubereiten mit Tests, die für Omikron besonders geeignet sind beziehungsweise Omikron früh erkennen“, sagte der SPD-Politiker in der ARD.

Verbraucher- und Patientenschützer mahnen an, dass ein großer Teil der verfügbaren Schnelltests nicht zuverlässig oder geprüft sei. Zurzeit sind rund 600 Schnelltests am Markt, von denen etwa die Hälfte durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) geprüft sind. Das Institut hatte bereits Ende des Jahres Angaben zu den in Deutschland angebotenen Schnelltests veröffentlicht.

Klaus Cichutek, PEI-Präsident, erklärte an diesem Montag, dass das Institut mehr als 250 Testprodukte auf ein höheres Level an Sensitivität bewertet habe. Mindestens 80 Prozent der getesteten Produkte würden Omikron zuverlässig erkennen. Generell können die Schnelltests eine Infektion aber nur erkennen, wenn zum Testzeitpunkt eine hohe Viruslast besteht.

Die große Mehrheit dieser Tests schlage auf ein Protein des Virus an, das von den Omikron-Mutationen vergleichsweise wenig betroffen sei, hieß es. Die Prüfergebnisse sind auf der Webseite des PEI einsehbar. Cichutek betonte, Testzentren, Apotheken und auch Discounter orientierten sich an den positiv bewerteten Tests des Instituts.

Regelmäßige und zuverlässige Tests sind derzeit besonders wichtig, um zu sehen, wie sich die Omikron-Welle entwickelt. Die Coronazahlen steigen bereits seit Tagen stark an.

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag 25.255 Neuinfektionen. Das sind 6737 Fälle mehr als vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 375,7 von 362,7 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

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Angesichts der sich zuspitzenden Lage hatten Bund und Länder in der vergangenen Woche unter anderem beschlossen, die 2G-plus-Regel in der Gastronomie bundesweit einzuführen. Demnach müssen Geimpfte mit Grundimmunisierung und Genesene einen negativen Schnelltest vorlegen, wenn sie Cafés, Bars oder Restaurants betreten wollen. Davon ausgenommen sind Menschen, die eine Auffrischungsimpfung erhalten haben.

Zudem kann die Quarantäne künftig mit einem negativen Schnelltest bereits nach sieben Tagen beendet werden. Über den Stand der Testkapazitäten wollen sich auch die Gesundheitsminister von Bund und Ländern in einer Videoschalte austauschen. Außerdem wollen sie über die vierte Impfung und die aktuelle Infektionslage beraten.

Schnelltests sind für Schulstart essenziell

Zuverlässige und ausreichende Tests sind auch besonders wichtig für den beginnenden Schulstart. In dieser Woche startet der Unterricht auch in den Bundesländern wieder, die vergangene Woche noch Ferien hatten.

Die Kultusminister hatten sich in einer Sondersitzung vergangene Woche dafür ausgesprochen, dass künftig auch Geimpfte und Genesene an den regelmäßigen Tests teilnehmen könnten. In den weiterführenden Schulen werden sie aktuell meist dreimal die Woche durchgeführt. In Grundschulen werden oft zweimal die Woche PCR-Pooltests gemacht, die sogenannten Lollitests.

In Nordrhein-Westfalen beispielsweise, wo rund ein Viertel aller Schüler leben, werden diesen Montag alle getestet. Noch sei dafür genug Material vorhanden, versicherte Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) zum Schulstart.



Zudem werden die Regeln verschärft: Beim Lollitest geben die Kinder erstmals auch eine zweite, sogenannte Rückstellprobe mit ab. Sollte der Pooltest positiv sein, kann mit der Rückstellprobe individuell nachvollzogen werden, welches Kind infiziert ist. Ungeimpfte Lehrer und sonstige Beschäftigte müssen darüber hinaus an Präsenztagen auch außerhalb des Testrhythmus einen Antigen-Selbsttest vornehmen oder einen Nachweis eines negativen Bürgertests vorlegen. Das entspricht der allgemein geltenden 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Die Tests würden einen wichtigen Beitrag dazu leisten, „das Infektionsgeschehen in der Gesellschaft insgesamt wirksam zu kontrollieren“, sagte Gebauer zu den Regeln. Der Sprecher der CDU-Kultusminister, Hessens Schulminister Alexander Lorz, hatte darauf hingewiesen, dass Schüler „die am besten getestete Bevölkerungsgruppe überhaupt“ seien.

Debatte um Impfpflicht

Zugleich wird immer stärker über eine allgemeine Impfpflicht debattiert, auch in den ersten Sitzungswochen des Bundestags im neuen Jahr. Die SPD-Fraktion hat für Dienstag eine Anhörung mit Experten geplant. Auch andere Fraktionen beraten über ihre Positionen.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese wies Meldungen zurück, dass die Impfpflicht wegen des parlamentarischen Terminplans möglicherweise erst im Mai oder Juni komme. „Der Februar hat in der Tat nur eine Sitzungswoche. Bundestag und Bundesrat können aber natürlich jederzeit Sondersitzungen ansetzen, falls erforderlich“, sagt Wiese der Nachrichtenagentur Reuters. „Aber auch ohne Sondersitzungen ist ein Beschluss im ersten Quartal machbar.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich nicht auf einen Zeitplan für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht festlegen. „Der Bundeskanzler überlässt es dem Bundestag, wie er den Zeitplan jetzt gestalten will“, sagt Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann. „Er ist der Meinung, dass es schnell gehen sollte.“ Einen eigenen Gesetzentwurf will die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wohl nicht vorlegen. „Es soll Gruppenanträge aus dem Bundestag geben“, sagte Hoffmann. Für die Entscheidung soll der Fraktionszwang aufgehoben werden.

Konkret sind drei mögliche Initiativen in Sicht, hinter denen sich Unterstützer versammeln können. Zuerst auf den Tisch kam ein Antrag einer Gruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der sich klar gegen eine Impfpflicht ausspricht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) arbeitet nach eigenen Worten „als Abgeordneter“ an einem Antrag für eine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann regte eine altersabhängige Regelung wie in Italien an, wo sie für Über-50-Jährige gilt. Dies wäre verhältnismäßig, wenn das Funktionieren des Gesundheitswesens gefährdet sei. Auch im Ethikrat gab es in einem Mehrheitsvotum für eine Impfpflicht zwei Positionen zum Ausmaß: für alle ab 18 oder nur für Ältere und Vorerkrankte.

Mit Agenturmaterial

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