Die Impfpflicht für alle Erwachsenen war eines der ersten Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Nun rückt ein anderer Vorschlag in den Fokus.
Olaf Scholz und Karl Lauterbach im Bundestag
Die beiden SPD-Politiker sind große Verfechter einer Impfpflicht ab 18 Jahren.
Bild: dpa
Berlin Kanzler Olaf Scholz will die Impfpflicht ab 18 Jahren, Gesundheitsminister Karl Lauterbach sowieso – und auch viele Ministerpräsidenten hatten sich dafür ausgesprochen. Geholfen hat das nicht: Das Vorhaben droht nach Handelsblatt-Informationen zu scheitern. Bereits am Mittwoch blieben Gespräche zwischen Union und SPD darüber ergebnislos. Die Fraktionen hatten sich auf Bitten von Scholz getroffen, um einen möglichen Kompromiss auszuloten.
Hintergrund ist, dass der entsprechende Vorstoß im Bundestag mit 220 Unterstützern aus den Ampelfraktionen keine Mehrheit hat. Die Union besteht weiterhin auf ihrem Antrag, der eine Impfpflicht für bestimmte Altersgruppen vom Infektionsgeschehen abhängig macht. „Eine Impfpflicht ab 18 ist nicht mehrheitsfähig“, heißt es aus Kreisen der Unionsfraktion.
Am Donnerstag liefen dann Gespräche zwischen SPD, Grünen und FDP. Das Ziel: Die Impfpflicht in irgendeiner Form zu retten. Ein Ergebnis steht noch aus.
Scholz zeigte sich zunächst gelassen. „Gut ist, dass jetzt das stattfindet, worauf die Skeptiker nicht setzen mochten, nämlich der Prozess einer Mehrheitsbildung im Deutschen Bundestag“, sagte er am Donnerstag. „Aber darüber macht es keinen Sinn, Wasserstandsmeldungen abzugeben – und auch nicht, welche zu kommentieren, die oft nur als Gerücht entstehen und deshalb gar nicht fest genug sind, um kommentiert zu werden.“
Möglicher Kompromiss könnte die Impfpflicht ab 50 sein – und damit der Antrag, der bislang mit 40 Unterstützern den geringsten Rückhalt im Bundestag hat. Initiator Andrew Ullmann (FDP) sagte kürzlich dem Handelsblatt, der Vorschlag „könnte ein auch für die CDU tragbarer Kompromiss gegenüber der Impfpflicht ab 18 oder gar keiner Lösung sein“.
Ausgeschlossen sei, dass sich seine Gruppe in Richtung einer Impfpflicht ab 18 bewege. Mit SPD-General Kevin Kühnert hat das Vorhaben auch einen prominenten Unterstützer.
Tino Sorge, Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte dem Handelsblatt: „Eine allgemeine Impfpflicht war von Anfang an im Parlament umstritten. Sie wäre verfassungsrechtlich kritisch und auch wissenschaftlich fragwürdig gewesen.“ Seit Wochen habe die CDU deshalb um einen Kompromiss geworben. „Wir sind froh, dass sich mittlerweile auch immer mehr Abgeordnete aus allen anderen Fraktionen für unseren Kompromissvorschlag aussprechen.“
Aus der SPD-Fraktion gibt es allerdings noch keine Bestätigung dafür, dass die Impfpflicht für alle Erwachsenen vom Tisch ist. „Die Gespräche laufen, es gibt keinen neuen Stand“, erfuhr das Handelsblatt aus Fraktionskreisen. Darauf verweisen auch die Grünen.
Nötig für eine absolute Mehrheit sind 369 Stimmen. Ohne die Stimmen der Union, heißt es aus der Ampel, sei die Impfpflicht allerdings auch bei einem Kompromiss gescheitert, da sich ein kleiner Teil der Ampel gegen jegliche Form einer Verpflichtung ausspricht. Eine Abstimmung im Parlament ist im April geplant.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte sich noch am Mittwoch zuversichtlich geäußert, dass ein Kompromiss erreicht werden könne. Er rechne damit, dass dieser sein Ministerium spätestens in den nächsten Tagen erreiche, sodass möglicherweise ein gemeinsamer Entwurf formuliert werden könne.
Die Kompromisslinien, die sich abzeichneten, seien überzeugend und klug. Er gehe davon aus, dass dieses wichtige Gesetz durchgesetzt werden könne, fügte Lauterbach hinzu. Davon hinge mit Blick auf die Lage im Herbst sehr viel ab. Nähere Angaben zu den Kompromisslinien machte Lauterbach nicht.
Derweil plant die Regierung, die Quarantänezeiten zu verkürzen. Die Dauer für die Isolation von Infizierten und die Quarantäne von Kontaktpersonen soll demnach von zehn auf fünf Tage verkürzt werden. Eine formelle Anordnung einer Isolation oder Quarantäne durch das Gesundheitsamt, die häufig jetzt schon nicht mehr erfolgt, soll entfallen.
Empfohlen werden soll, freiwillig Kontakte zu reduzieren und – beginnend nach fünf Tagen – wiederholt Tests oder Selbsttests zu machen. Diese Regeln gelten auch für Schüler und Kinder in Kitas. Ausnahmen gibt es für medizinisches Personal.
>>Lesen Sie hier: Lauterbach-Plan: Kürzere Quarantäne für alle, dafür keine Ausnahmen mehr
Allerdings sieht der Entwurf auch eine Verschärfung für Geimpfte sowie Schüler und Kinder in Kitas vor. Nicht in Quarantäne müssen bislang Geboosterte, vollständig geimpfte Genesene sowie Personen, bei denen die Infektion oder vollständige Impfung nicht mehr als drei Monate zurückliegt. Diese Ausnahmen sollen künftig nicht mehr gelten.
Ausnahmen von der Quarantäne gibt es bislang auch für Schüler und Kinder in Kitas, in deren Einrichtungen etwa regelmäßig getestet wird und es eine Maskenpflicht gibt. Auch diese Ausnahmen fallen weg.
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