Die finanziellen Engpässe der Pflegekassen sollen durch neue kurzfristige Gelder abgefedert werden. Den Kassen genügt das nicht.
Karl Lauterbach
Der SPD-Gesundheitsminister will die Liquidität der Pflegeversicherung bis in den Sommer sichern.
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Berlin Der Bund hat die Pflegekassen mit weiteren Finanzhilfen gestützt. Dafür stellte das Bundesamt für soziale Sicherung der Pflegeversicherung ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch mit. Das Darlehen wurde im Frühjahr in Aussicht gestellt.
Mit den Hilfen soll die Liquidität der Pflegekassen sichergestellt werden, hieß es. Die finanziellen Engpässe seien vor allem durch pandemiebedingte Ausgaben für den Schutz von Pflegebedürftigen sowie Unterstützungszahlen von Einrichtungen und Angehörigen entstanden. Allein für Coronatests gaben die Kassen 1,18 Milliarden Euro im ersten Halbjahr des Jahres 2022 aus.
Um die Pflegeversicherung zu stützen, floss bereits im Mai eine Vorabzahlung des regulären Bundeszuschusses in Höhe von 550 Millionen Euro. Zuvor waren bereits Sonderhilfen von 1,2 Milliarden Euro bewilligt worden, um die Lasten durch die Pandemie zu stemmen.
Die Möglichkeit, ein Darlehen aufzunehmen, kann mehrfach in Anspruch genommen werden. Aus Sicht der Kassen sind die Hilfen allerdings nur eine kurzfristige Lösung. Der Vorstandschef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, Andreas Storm, sagte dem Handelsblatt: „Wer die Finanzprobleme eines Sozialversicherungszweigs über Darlehen finanziert, handelt nicht nachhaltig und löst die Probleme nicht.“ Storm erwartet, dass die Minister die versprochenen Reformkonzepte für eine nachhaltige und ausreichende Finanzausstattung der sozialen Pflegeversicherung „endlich“ vorlegten.
Die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (VDEK), Ulrike Elsner, sagte hingegen, die soziale Pflegeversicherung fahre „weiterhin auf Reserve“. Die Finanzsituation werde immer prekärer. Die stark steigenden Lohn-, Energie- und Lebenshaltungskosten würden die Situation noch verschärfen.
Das von Karl Lauterbach (SPD) geführte Bundesgesundheitsministerium teilte mit, diese Reformvorschläge noch in diesem Jahr vorlegen zu wollen. Das Jahr 2021 hatte die Pflegeversicherung bereits mit einem Defizit in Höhe von 1,35 Milliarden Euro abgeschlossen.
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Im ersten Halbjahr 2022 ergab sich bereits ein Defizit von knapp zwei Milliarden Euro, wodurch die Mittel der Pflegekassen auf knapp fünf Milliarden Euro schmolzen. Dies entspricht 1,1 Monatsausgaben und entspreche nur noch knapp dem Betriebsmittel- und Rücklagensoll, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte.
Aus einer am Mittwoch vorgestellten Mitgliederbefragung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund geht derweil hervor, wie groß die Unzufriedenheit über die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern ist.
Demnach denkt ein Viertel der angestellten Ärzte darüber nach, ihren Beruf zu wechseln. Grund dafür seien eine hohe Anzahl an Überstunden und 24-Stunden-Dienste sowie mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Krankenhaus
Ein Viertel der angestellten Ärzte denkt offenbar darüber nach, den Beruf zu wechseln.
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Viel Zeit gehe demnach für administrative Tätigkeiten verloren, die mit ärztlichen Aufgaben kaum vereinbar seien. Der Zeitaufwand für Datenerfassung und Dokumentation liege im Mittel bei drei Stunden pro Tag.
Aus der Befragung geht auch hervor, dass in vielen Einrichtungen die Ausstattung mit Hard- und Software unzureichend sei. Das erschwere die Arbeit der Ärzte zusätzlich. So teilte die Hälfte der Befragten mit, dass Mehrfacheingaben identischer Daten „gelegentlich“ vorkämen, bei rund einem Drittel ist das sogar „häufig“ der Fall
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