Nord Stream 2 wird früher fertig als erwartet. Kritik der USA an der Pipeline weist der Kremlchef zurück. Es handle sich um ein rein ökonomisches Projekt, alles andere sei „dümmliche Propaganda“.
Russlands Präsident
Wladimir Putin spricht auf dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum.
Bild: AFP
Berlin Die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 werde bereits im August fertig sein. Das kündigte der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag auf dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum an. Die erste der zwei Röhren sei am Freitagmittag vollständig verlegt worden und müsse nur noch zusammengeschweißt werden.
Die zweite Röhre der 1230 Kilometer langen Pipeline werde in spätestens zwei Monaten fertig, verkündete Putin. Der Konzern Gazprom sei „bereit, die Leitung mit Gas zu füllen“. Bisher hatte Moskau immer die Fertigstellung für Ende des Jahres angedeutet.
Putin betonte, dass die von der US-Regierung mit Sanktionen bekämpfte und von vielen EU-Staaten abgelehnte Ostseepipeline ein „rein ökonomisches Projekt“ sei. Die Leitung sei kürzer als der Transit russischen Erdgases durch die Ukraine und die Slowakei. Es gäbe mit ihr „kein Länderrisiko und keine Transitgebühren“, sagte Putin. Alles andere sei „dümmliche Propaganda“.
Die USA würden so für ihre Interessen kämpfen, meinte Putin. Damit wollten die Amerikaner ihr „mit barbarischen Methoden gewonnenes Frackinggas“ auf europäische Märkte bringen. Mit der Förderung des Schiefergases mittels Fracking würden in den USA 77 Prozent des Gases gewonnen. Das sei ein katastrophales Verfahren und würde riesigen Schaden für die Umwelt anrichten.
Gazprom gewinne nur elf Prozent seines Erdgases mithilfe von Fracking. Russisches Gas sei so „das sauberste der Welt“, behauptete der russische Präsident. Dabei erwähnte er mit keinem Wort die hohen Methanemissionen, die unkontrolliert aus russischen Erdgasquellen und Pipelines kommen. Auf Bildern aus dem Weltall ist dies sichtbar.
Ebenso sagte Putin bei seinem Loblied auf Russlands Beitrag zum Klimaschutz nichts zu den katastrophalen gigantischen Waldbränden und dem Wegtauen des Permafrosts, was immer mehr CO2 freisetzt.
Stattdessen griff der Kremlchef Washington scharf an. „Wir haben kein Problem mit den USA, nur sie mit uns: Sie wollen unsere Entwicklung behindern und sich in unsere Innenpolitik einmischen“, sagte Putin und fügte hinzu: „Wir mischen uns dort nie ein.“ Zu den Untersuchungen der US-Geheimdienste, die eine klare Einmischung über russische Hacker in US-Wahlkämpfe festgestellt hatten, sagte er nichts.
Die USA würden Sanktionen und den Dollar als „Instrument im Konkurrenzkampf“ einsetzen, meinte Putin. Damit schade sich Washington selbst, da die US-Währung von Russland und anderen Staaten immer weniger als Reservewährung und Zahlungsmittel eingesetzt werde.
Zudem verglich Putin den Aufruhr vor dem Kapitol in Washington nach der Abwahl Donald Trumps mit der brutalen Niederschlagung der wochenlangen Massenproteste in Weißrussland. Bei den Protesten in Russlands Nachbarland wurden Tausende festgenommen und teilweise in Zellen schwer misshandelt. Hier würden „Doppelstandards“ angelegt bei den Bewertungen im Westen, behauptete Putin.
Zudem warf er den USA und der EU vor, sie „wollen mit den üblichen Mitteln den europäischen Markt erobern“. Deshalb werde der russische Impfstoff Sputnik V nicht zugelassen. An den Westen gerichtet, sagte Putin: „Die Politik dort ist ein Instrument zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen.“
Auch Joe Bidens Wiederannäherung der USA und der EU in der Post-Trump-Ära kritisierte Russlands Staatschef: „Wie kann man die Beziehungen zu den Europäern verbessern wollen und gleichzeitig auf ihre Interessen spucken“, fragte Putin mit Bezug auf Washingtons Kurs gegen Nord Stream 2.
Auch die Ukraine griff Putin dabei scharf an. Sie sei „selbst schuld, dass sie nur 1,5 Milliarden statt drei bis vier Milliarden Dollar bekommt“ pro Jahr für den Transit russischen Erdgases nach Westeuropa. Wenn es normale Beziehungen zwischen Kiew und Moskau gäbe, „würden wir mehr Gas durchleiten. Aber die gibt es nicht.“ Russland hat 2014 die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert und destabilisiert das Nachbarland seither im ostukrainischen Donbass mit der militärischen Unterstützung von prorussischen Separatisten.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (1)