Mit einem neuen Fahrplan will die Koalition das Schienennetz fit fürs 21. Jahrhundert machen. Der Verband Mofair sieht eine dringende Strukturdebatte bei der Deutschen Bahn.
Berlin Die Wettbewerbsunternehmen der Deutschen Bahn AG fordern eine neue Bahnreform, um das System Schiene in Zeiten des Klimaschutzes zum Erfolg zu führen. Da mit der ersten Bahnreform keine wesentliche Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene stattgefunden habe, fordern die Unternehmen, organisiert im Verband Mofair, eine „Bahnreform II“.
Auslöser für die neuerliche Forderung sind die Stützungsmaßnahmen des Bundes für die Deutsche Bahn AG. So hat der Haushaltsausschuss des Bundestags die Schuldengrenze inzwischen auf 30 Milliarden Euro angehoben und wegen der Coronakrise das Eigenkapital zunächst um fünf Milliarden Euro angehoben, mit der Perspektive auf 13 Milliarden Euro.
„Bei alledem ist bisher weder belegt, für welche Teile des Konzerns die Mittel benötigt werden, ob sie tatsächlich in dieser Höhe benötigt werden und ob die Bedarfe wirklich auf die Coronakrise zurückzuführen sind“, heißt es in dem Positionspapier des Verbands. Dies zeige „nochmals eindrücklich, wie dringend die Strukturdebatte bei der Deutschen Bahn tatsächlich ist“.
Auch im Rahmen des Klimapakets hatte der Bund der Bahn bereits zusätzliches Eigenkapital in Höhe von zehn Milliarden Euro bis 2030 zugesichert, die direkt und indirekt über Baukostenzuschüsse gezahlt werden. „Die angesichts des Klimaschutzpakets neuerlich angestoßene Diskussion über effizientere Strukturen im Eisenbahnbereich, insbesondere beim Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG, muss dringend fortgeführt werden und Ergebnisse bringen“, fordern die Bahn-Konkurrenten, zu denen Abellio, Flixtrain oder Transdev gehören.
So hatte etwa der Verkehrspolitiker Ulrich Lange (CSU) Anfang des Jahres angeregt, die Bahn von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH umzuwandeln, um stärkeren politischen Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens auszuüben. Auch Verkehrspolitiker der SPD hatten sich offen gezeigt, allerdings ebenso wie Haushaltspolitiker der Union davor gewarnt, dass eine Rechtsformänderung das Unternehmen für längere Zeit lähmen würde.
Konkret fordern die Wettbewerbsbahnen, die Deutsche Bahn AG neu zu strukturieren, da sie noch immer als Holding mit vielen Einzelgesellschaften geführt wird. Die Struktur stammt aus der Zeit, als wesentliche Teile des Unternehmens noch an die Börse geführt werden sollten.
Geht es nach Mofair, dann soll das Unternehmen als Aktiengesellschaft zwar erhalten bleiben, allerdings seien die Monopolbereiche ganz klar von den Wettbewerbsbereichen zu trennen. „Beispielsweise darf DB Energie nicht mehr gleichzeitig Stromnetzbetreiber und Stromlieferant sein“, heißt es exemplarisch.
Entsprechend sollten das Stromnetz wie das Gleisnetz und die Stationen „in einer gemeinsamen Gesellschaft in direktem Bundesbesitz zusammengefasst“ werden. „So können heutige überflüssige Schnittstellen reduziert werden, und so kann der Bund seine ,volkswirtschaftlichen Ziele‘ am besten verwirklichen.“
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Bahn stärker dem Gemeinwohl und nicht mehr der Gewinnmaximierung zu verpflichten. Entsprechend soll eine Satzungsänderung erfolgen, damit die Bahn wieder stärker in der Fläche präsent ist.
Zugleich verfolgt das Bundesverkehrsministerium das Ziel, einen „Deutschlandtakt“ einzuführen. Dieser Fahrplan berücksichtigt politische Ziele und orientiert daran die Investitionstätigkeit. So sehen die Pläne für den Takt vor, dass etwa Verbindungen wie von Berlin nach Amsterdam künftig stündlich und nicht im Zweistundentakt erfolgen oder eine neue Linie von München nach Wien wie auch eine Direktverbindung von Berlin nach Paris entsteht.
Ebenso soll die Linie Berlin-Freiburg entstehen und ein Sprinter von Nordrhein-Westfalen nach Hamburg fahren, wie auch die Linie von München nach Hamburg bis nach Kiel verlängert werden soll. So würden etliche Inlandsflüge überflüssig werden.
Der Flottenmix soll aus Zügen mit Spitzengeschwindigkeiten von 250 und 300 km/h bestehen. Die Hochgeschwindigkeitszüge sollen künftig auch über Stuttgart fahren. Das geht aus einem Gutachten für das Ministerium hervor, das dem Handelsblatt vorliegt. Zwischen den Großstädten sollen sich die Fahrzeiten um bis zu 21 Prozent verkürzen.
Auch sollen Städte ab 100.000 Einwohnern wieder ans Fernzugnetz mit Geschwindigkeiten von 160 bis 230 km/h angeschlossen werden. Ziel ist es zudem, die Kapazitäten im Netz deutlich zu erhöhen, da die Bahn bis 2030 doppelt so viel Personen wie heute transportieren und zudem am Güterverkehr mindestens einen Anteil von 25 Prozent erreichen soll.
Für all das sind viele Milliarden Euro über viele Jahre für den Neu- und Ausbau nötig. „Nur effiziente Aufgabenerfüllung durch den Verkehrsträger Schiene rechtfertigt die hohen Ausgaben“, resümiert Mofair. Insider der Bahn kritisieren seit Langem, dass das Unternehmen für den Bund als Eigentümer und Geldgeber „ein schwarzes Loch“ sei.
Die Wettbewerber der Bahn fordern daher auch noch, „die bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge“ aufzuheben und so „Quersubventionen zwischen Monopol- und Wettbewerbsfunktionen künftig“ auszuschließen. „Weitere funktionale Trennungen zwischen Infrastrukturunternehmen und Transportgesellschaften sind dringend notwendig, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.“ So würde deutlich, wo im Konzern Geld verdient werde und wo nicht.
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