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08.07.2022

15:45

Social Media

Droht Facebook und Instagram in Europa das Aus? Irische Behörde eskaliert entscheidenden Streit

Von: Christoph Herwartz

Meta soll europäische Nutzerdaten nicht mehr in den USA speichern. Mit dieser Forderung überrascht die zuständige Datenschutzbehörde – sie galt bisher als konzernfreundlich.

Das soziale Netzwerk, das zum Meta-Konzern gehört, läuft über Server in den USA. REUTERS

Instagram-Logo

Das soziale Netzwerk, das zum Meta-Konzern gehört, läuft über Server in den USA.

Brüssel Die irische Datenschutzbehörde will es dem Meta-Konzern verbieten, Nutzerdaten weiter auf seinen Servern in den USA zu speichern. Sollte sie sich damit durchsetzen, würde das wohl zumindest vorübergehend bedeuten, dass die Angebote Instagram und Facebook von Europa aus nicht mehr genutzt werden könnten. WhatsApp wäre laut Nachrichtenagentur Reuters nicht betroffen.

Hintergrund ist, dass die Datenschutzvorschriften in den USA nicht den europäischen Anforderungen genügen. Insbesondere sind sie nur unzureichend vor dem Zugriff von Geheimdiensten geschützt.

Die EU und die USA hatten mehrfach versucht, mit bilateralen Abkommen das Problem zu lösen, waren aber vor Gericht damit gescheitert. Derzeit senden die Facebook-Mutter Meta und andere Unternehmen auf Grundlage sogenannter Standardvertragsklauseln Daten in die USA. Die Nutzer erklären sich mit dem Transfer also einverstanden. Das ist laut Europäischem Gerichtshof grundsätzlich zulässig, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen, die im Einzelfall geprüft werden müssen.

Den Entwurf der Entscheidung verschickten die irischen Datenschützer an ihre Kollegen in den anderen EU-Staaten, die auf die Entscheidung noch Einfluss nehmen können. Dieser Prozess dauert in der Regel einige Monate. Gegen die Umsetzung könnte sich Meta aber vor irischen Gerichten wehren.

Die Behörde selbst bestätigte, dass sie einen Vorschlag vorgelegt hat, wollte sich zu Inhalten aber nicht äußern.

Irland gilt in der EU als Bremser in Datenschutzfragen. Das bisher laxe Vorgehen der dortigen Behörden soll dazu beigetragen haben, dass sich Meta und andere Konzerne dort angesiedelt haben. „Endlich tun die Datenschützer etwas“, sagt der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner. „Die irische Behörde hat Facebook lange verschont.“

Der Schritt kommt daher überraschend, zumal derzeit eine Lösung des Daten-Transfer-Problems in Sicht ist. Bei seinem Brüssel-Besuch im März hatte US-Präsident Joe Biden Zugeständnisse an die Europäer verkündet.

Facebook-Mutterkonzern Meta reagiert mit Kritik

Entsprechend klingt das Statement des Meta-Konzerns nach Unverständnis: „Dieser Beschlussentwurf, der noch von den europäischen Datenschutzbehörden geprüft werden muss, bezieht sich auf einen Konflikt zwischen EU- und US-Recht, der derzeit gelöst wird“, teilte Meta mit.

Im Rahmen eines neuen Abkommens wollen die USA sicherstellen, dass die Überwachung europäischer Daten notwendig und verhältnismäßig sein muss, die Massenüberwachung durch die National Security Agency (NSA) also endet. Zudem soll es Klagemöglichkeiten und eine mehrschichtige Aufsicht über die Überwachung geben.

Nach der politischen Einigung wurden bislang allerdings keine konkreten Fortschritte bekannt. Der nächste Schritt wäre, dass Biden über Dekrete die zugesagten Schutzmechanismen in Kraft setzt.

Die aus Irland angestoßene Diskussion könnte dahingehend nun Druck aufbauen: „Jetzt steigt der Druck auf die USA, die Rechte europäischer Bürgerinnen und Bürger zu schützen“, sagt Körner. „Damit steigen auch die Chancen, dass es ein gutes Datenschutzabkommen zwischen EU und USA gibt.“

Für deutsche Unternehmen wäre das eine gute Nachricht. „Rechtsunsicherheiten bezüglich internationaler Datentransfers hemmen Handel, Datenaustausch und Wirtschaftskooperationen, die zum Erhalt und Wiederaufbau der zurzeit besonders belasteten Wirtschaft von größter Bedeutung sind“, sagte Rebekka Weiß vom Branchenverband Bitkom. Die Beschränkungen spürten auch kleinere und mittlere Unternehmen, die Daten in der Cloud speicherten, auf sozialen Netzwerken präsent seien oder Webkonferenzsysteme nutzten.

Datenschützer Schrems zweifelt am Vorgehen der irischen Behörden

Der Datenschutz-Aktivist Max Schrems ist allerdings skeptisch, ob das Vorgehen der Iren wirklich Konsequenzen haben wird. „Facebook wird das irische Rechtssystem nutzen, um ein tatsächliches Verbot der Datenübermittlung zu verzögern“, sagte er.

Außerdem ist er mit dem Vorgehen der Iren bei Weitem nicht zufrieden. „Was leicht zu machen wäre, ist eine Geldstrafe für die vergangenen Jahre, in denen der EuGH eindeutig gesagt hat, dass die Datenübertragungen illegal waren“, ließ sich Schrems auf der Website seiner Organisation Noyb zitieren.

Schrems war damals der Kläger gewesen und hatte vor dem EuGH zwei transatlantische Datenverkehrsabkommen zu Fall gebracht.

„Es ist seltsam, dass die Datenschutzbehörde die einzige wirksame Strafe in diesem Fall zu ‚vergessen‘ scheint“, sagte er jetzt. „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die irische Behörde diesen Fall einfach nur wieder und wieder im Kreis laufen lassen will.“

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