PremiumDer Altkanzler distanziert sich erstmals von Russlands Vorgehen. Doch ganz lösen von Putin will er sich nicht. CDU-Politiker kritisieren das – und setzen Schröder ein Ultimatum.
Gerhard Schröder
Der Altkanzler steht in der Kritik wegen seiner Lobbytätigkeit für die russische Energiewirtschaft.
Bild: dpa
Berlin Obwohl Russland mit einem breit angelegten Angriff auf die Ukraine begonnen hat, warnt Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder vor überzogenen Strafmaßnahmen gegen Moskau.
Mit Blick auf die Zukunft gelte, „dass jetzt bei notwendigen Sanktionen darauf geachtet wird, die verbliebenen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen, die zwischen Europa und Russland bestehen, nicht gänzlich zu kappen“, erklärte Schröder auf LinkedIn.
Diese seien trotz der gegenwärtig dramatischen Lage „die Basis für eine Hoffnung, die wir alle haben: dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent wieder möglich ist“.
Die EU hatte angekündigt, das härteste Sanktionspaket ihrer Geschichte gegen Russland einzusetzen. Schröder, der als langjähriger Freund Putins gilt und für russische Energiekonzerne lobbyiert, forderte Russland zugleich auf, die Kampfhandlungen sofort einzustellen.
„Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden. Das ist die Verantwortung der russischen Regierung“, erklärte der Altkanzler.
In den vergangenen Jahren sei viel über Fehler und Versäumnisse im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland gesprochen worden. Und es habe auch viele Fehler auf beiden Seiten gegeben. „Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel“, betonte Schröder.
Der Altkanzler steht immer wieder in der Kritik wegen seines Engagements in der russischen Energiewirtschaft. Er ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Außerdem hat der Sozialdemokrat Führungspositionen bei den Pipelineprojekten Nord Stream und Nord Stream 2 inne – beide Erdgasleitungen durch die Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Die noch ausstehende Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ist inzwischen von der Bundesregierung auf Eis gelegt.
Zu seinen Ämtern äußerte sich Schröder am Donnerstag nicht. Der frühere österreichische Bundeskanzler Christian Kern hatte angekündigt, wegen der Invasion den Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD zu verlassen.
Politiker von CDU und CSU forderten Schröder auf, ebenfalls Konsequenzen in seinem Russlandengagement zu ziehen. „Deutschland kann erwarten, dass er glasklar Stellung bezieht – für die Ukraine, für Deutschland, für den Westen. Dazu gehört: Er muss alle Ämter niederlegen, die mit russischen Staatsunternehmen zusammenhängen“, sagte die Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT), Gitta Connemann, dem Handelsblatt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sieht es ähnlich. „Das wachsweiche Statement von Gerhard Schröder zum russischen Überfall auf die Ukraine ist beschämend. Er muss sofort seine Tätigkeit für russische Unternehmen einstellen“, so Müller zum Handelsblatt. „Steht Schröder weiter an der Seite Putins, werden auch ihn mögliche Sanktionen gegen Aufsichtsratsmitglieder russischer Unternehmen treffen.“
Nach Connemanns Meinung distanziert sich Gerhard Schröder nicht klar von Wladimir Putin. Der Altbundeskanzler werde damit zu einem der wichtigsten Verbündeten des Aggressors im Westen. Sollte Schröder keine Konsequenzen ziehen, müsse er seine Privilegien als Ex-Kanzler vollständig aufgeben: „Es kann nicht sein, dass der deutsche Steuerzahler Büro, Sicherheit und vieles andere von einem Kremlpropagandisten finanziert.“
Ähnlich äußerte sich der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. Schröder habe mit seinem Verhalten Deutschland schweren Schaden zugefügt. „Er sollte keinen Tag mehr vom deutschen Steuerzahler alimentiert werden“, sagte Ploß dem Handelsblatt. „Sofern Schröder selbst nicht den Anstand besitzt, auf die steuerfinanzierten Privilegien eines Altkanzlers zu verzichten, sollten sie ihm umgehend vom Deutschen Bundestag aberkannt werden.“
Für Wirbel sorgte Schröder zuletzt, als er mitten in der Eskalation vor dem Angriff Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als „Säbelrasseln“ kritisierte. Die USA hatten am Mittwoch Sanktionen gegen die Nord-Stream-2-Betreibergesellschaft und deren deutschen Chef Matthias Warnig verhängt.
Der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer fordert nun auch Sanktionen gegen Schröder. „Es sollte geprüft werden, ob gegen ehemalige führende Politiker in der EU, die derzeit als Lobbyisten für Putins aggressive Politik agieren, persönliche Sanktionen verhängt werden können“, sagte der frühere Grünenvorsitzende dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.
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