PremiumFlorian Toncar, Fabio De Masi und Danyal Bayaz stehen plötzlich im Rampenlicht. Von ihnen hängt ab, ob der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung beitragen kann.
Fabio De Masi, Danyal Bayaz, Florian Toncar (v.l.)
Trotz großer politischer Unterschiede arbeiten die drei Politiker im Wirecard-Untersuchungsausschuss eng zusammen.
Bild: imago [M]
Berlin Florian Toncar (FDP), Fabio De Masi (Linke) und Danyal Bayaz (Grüne) haben in diesem Sommer viel Zeit zusammen verbracht. Tagelang haben sie geheime Wirecard-Akten studiert, sich bei ihren Fragekatalogen an die Bundesregierung abgestimmt oder sich einfach Dinge erklärt. „Wenn wir irgendwo um die Ecke einen Café trinken und wegen Corona unterschreiben müssen, macht das nur noch einer. Wir sind inzwischen ein Haushalt“, witzelt Bayaz.
Gemeinsam mit Toncar und De Masi sitzt Bayaz am Donnerstag vor der Hauptstadtpresse. Die drei Politiker haben auch in den vergangenen Tagen wieder viel Zeit miteinander verbracht – diesmal um den Auftrag für den Wirecard-Untersuchungsausschuss auszutüfteln. Das war keine triviale Aufgabe. Von der Definition des Auftrags hängt ab, welche Akten der Ausschuss einsehen und welche Zeugen er vorladen darf.
Bis zum Wirecard-Skandal waren Toncar, De Masi und Bayaz geschätzte, aber der breiten Öffentlichkeit unbekannte Finanzpolitiker. Nun stehen sie im Rampenlicht, sie sind die obersten Wirecard-Aufklärer. Von ihnen wird abhängen, ob der Untersuchungsausschuss im Bilanzskandal um den mittlerweile insolventen Dax-Konzern zur Aufklärung beitragen kann.
Die drei, das wird auch bei ihrem gemeinsamen Auftritt deutlich, arbeiten dabei so eng es geht zusammen – trotz ihrer großen politischen Unterschiede.
Insbesondere FDP-Finanzpolitiker Toncar und Linkspartei-Politiker De Masi finden sich eigentlich jeweils am anderen Ende des politischen Spektrums wieder. Dennoch haben die beiden ein gutes Verhältnis zueinander. „Es gibt andere Personen, bei denen die Zusammenarbeit für mich qualvoller ist“, sagt De Masi lächelnd. Er und Toncar spielten auch zusammen Fußball beim FC Bundestag.
Bayaz ist ebenfalls sportbegeistert, er ist Baselballfan. Die drei eint aber noch deutlich mehr. Sie sind ungefähr gleich alt, Toncar und De Masi sind 40, Bayaz 36. Alle haben zudem eine echte Leidenschaft für Finanzthemen, knien sich tief in Themen rein, weshalb sie sich gegenseitig sehr respektieren. Toncar war als Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Banken- und Finanzaufsicht tätig und beeindruckte schon als junger Abgeordneter mit versierten Vorträgen über die Finanzkrise.
De Masi studierte Ökonomie, trieb als Europaparlamentarier die Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss um die Panama Papers voran und machte sich einen Namen als Geldwäsche- und Steuerexperte. Für De Masi ist es genau wie für Bayaz die erste Wahlperiode im Bundestag, auch das schweißt zusammen.
Bayaz Einzug in den Bundestag war eher Zufall. Er arbeitete bei der Boston Consulting Group und dachte, das würde auch so bleiben. Doch dann zog die Landesliste der Grünen überraschend bis zu seiner Position.
Bayaz wie De Masi leiden zuweilen auch etwas an ihrer Partei. So verlor der Grünen-Realo Bayaz aufgrund des Parteiproporzes die Zuständigkeit für das Thema Banken, obwohl er mit seinen Anfragen aufdeckte, wie oft sich Vertreter des Bundesfinanzministeriums mit Vertretern der Commerzbank im Rahmen von Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank getroffen hatten.
De Masi wiederum erwägt nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren, weil ihm die Widerspenstigkeit seiner Partei in Sachen Regierungsverantwortung gegen den Strich geht.
Nun geht es aber erst mal darum, den Wirecard-Untersuchungsausschuss ans Laufen zu bringen. Geht alles glatt, könnte Mitte Oktober die erste Sitzung stattfinden, könnten Mitte November erste Zeugen angehört werden. Laut ihrem Antrag wollen die drei Finanzpolitiker klären, ob Regierung und Behörden Manipulationen früher hätten entdecken können. Auch soll der Ausschuss Schlussfolgerungen für eine Reform der Finanzaufsicht liefern.
Ob Angela Merkel, Olaf Scholz, Peter Altmaier oder Ex-Wirecard-Chef Markus Braun – sie alle werden sich im Untersuchungsausschuss wohl den Fragen der drei Finanzpolitiker stellen müssen. „In der Krise hieß es ja immer, jetzt schlägt die Stunde der Exekutive. Mit diesem Untersuchungsausschuss schlägt nun die Stunde der Legislative“, sagt Bayaz.
Ein paar Unterschiede wollen die drei dann aber doch herausarbeiten. Für Toncar dient der Ausschuss dazu, Vertrauen von Anlegern zurückzugewinnen. De Masi will beleuchten, wie es zu dem „Aufsichts-Tennis“ kommen konnte, bei dem sich Behörden gegenseitig die Verantwortung zuspielen. Bayaz will herausfinden, wie sich die Wiederholung eines solchen Skandals verhindern lässt.
Auf das Trio kommt also viel Arbeit zu. „Unsere Leistungen beim FC Bundestag“, sagt Toncar, „werden die nächsten Monate sicher nicht zuträglich sein.“
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