Der Online-Versender Zalando hat fast 1000 Pakete mit Kleidung in ein saarländisches Flüchtlingslager geliefert – ein Jahr lang, obwohl die Rechnungen nie bezahlt wurden.
Düsseldorf Der Online-Modehändler Zalando hat immer wieder Pakete in ein saarländisches Flüchtlingslager geschickt, ohne je Geld zu sehen. Trotzdem lieferte das Berliner Unternehmen immer weiter – ein Jahr lang. Von Juni 2014 bis Juni 2015 hat Zalando 962 Bestellungen in einem Gesamtwert von 181 188,75 Euro in den Ort Lebach geschickt. Stets auf Rechnung. Das geht aus einer Anzeige hervor, die das Unternehmen bei der Polizeiinspektion Lebach gestellt hat. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf Betrug.
Hochwertige Schuhe und Kleidung, außerdem Koffer, sind nach Angaben der Ermittler an zahlreiche Menschen gegangen, die überwiegend aus dem Balkan stammen. 41 der Verdächtigen leben noch in Lembach, bis auf fünf alle im Lager. Sie sollen 365 Bestellungen im Gesamtwert von 68.554,85 Euro getätigt haben. 59 Besteller sind bereits nach Vermutung der Staatsanwaltschaft in den Balkan zurückgekehrt. Ihnen werden 262 Bestellungen im Wert von gut 50.000 Euro zur Last gelegt.
Weitere 335 Bestellungen in die Flüchtlingsunterkunft konnten die Ermittler bislang nicht zuordnen. Die Namen seien nicht im Melderegister erfasst. Es könnten erfunden Namen sein oder nicht-registrierte Personen sein, sagte Staatsanwalt Christoph Rebmann dem Handelsblatt.
Die neuen Asylregeln
Gesetzespaket zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms
Im Eilverfahren will die Koalition ihr Gesetzespaket zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms durchs Parlament treiben. Am Dienstag gab das Bundeskabinett dem Gesetzentwurf von Innenminister Thomas de Maiziere grünes Licht. Noch in dieser Woche soll die erste Lesung im Bundestag stattfinden. Parlament und Bundesrat sollen dann bis Mitte Oktober zustimmen. Da die Grünen schon ein Ja angekündigt haben, scheint die Zustimmung der Länderkammer sicher. Ein Überblick über die geplanten Regelungen:
Finanzverteilung I
Die meisten Kosten etwa für Unterbringung, Verpflegung und medizinische Versorgung fallen bei Ländern und Kommunen an. Der Bund will sich daran strukturell, dauerhaft und dynamisch beteiligen. Für das laufende Jahr verdoppelt der Bund seine Hilfe auf zwei Milliarden Euro. Ab 2016 zahlt er den Ländern eine Pauschale von 670 Euro monatlich pro Flüchtling, und zwar von der Registrierung bis zum Abschluss des Verfahrens. Insgesamt erhalten die Länder für 2016 vorab 2,68 Milliarden Euro...
Finanzverteilung II
Die Summe orientiert sich an 800.000 Flüchtlingen pro Jahr und einer Verfahrensdauer von fünf Monaten. Kommen mehr Menschen oder dauern die Verfahren länger, muss der Bund tiefer in die Tasche greifen, denn am Ende des Jahres gibt es eine „personenscharfe Spitzabrechnung“. Zudem erhöht der Bund für die Jahre 2016 bis 2019 seine Zahlungen für den sozialen Wohnungsbau um jeweils 500 Millionen Euro. Für die Betreuung unbegleiteter Minderjähriger zahlt der Bund 350 Millionen Euro pro Jahr.
Leistungen I
In den Erstaufnahmeeinrichtungen sollen Bargeldzahlungen wie etwa das Taschengeld durch Sachleistungen ersetzt werden. Wird doch Geld ausgezahlt, soll dies nur noch für maximal einen Monat im Voraus möglich sein. Rechtskräftig abgelehnte und ausreisepflichtige Personen, die einen Termin zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden die Leistungen gekürzt...
Leistungen II
Sie erhalten dann bis zur Ausreise oder Abschiebung nur noch das Notwendige, um Ernährung und Unterkunft sowie die Körper- und Gesundheitspflege sicherzustellen. Dies soll alles als Sachleistungen gewährt werden. Die Regelung gilt auch für Personen, die im Zuge eines künftigen Verteilsystems in der EU in einen anderen Mitgliedstaat umgesiedelt wurden.
Abschiebungen
Wer aus wirtschaftlichen Gründen, aber nicht wegen politischer Verfolgung oder Krieg einreist, soll schneller abgeschoben werden. Auch sollen Abschiebungen durch die Länder nur noch für drei Monate ausgesetzt werden dürfen. Flüchtlingen, die ihre Ausreise haben verstreichen lassen, wird der Termin der Abschiebung nicht mehr vorher angekündigt, um ein Untertauchen zu verhindern.
Unterkünfte
Der Bund übernimmt die Verteilung der Flüchtlinge und Asylbewerber auf die Länder und richtet „Wartezentren“ für Neuankömmlinge ein. Zudem soll das Bauplanungsrecht zeitlich befristet gelockert werden. Auch werden Abweichungen bei den Vorgaben zu erneuerbaren Energien möglich gemacht. Ergänzend können die Länder Vorschriften lockern, die in ihre Zuständigkeit fallen. Flüchtlinge aus Westbalkan-Staaten sollen künftig bis zu sechs Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben dürfen und damit bis zum Ende des Asylverfahrens. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, 150.000 Erstaufnahmeplätze zu schaffen.
Integration
Menschen, die in Deutschland bleiben dürfen, sollen möglichst schnell in Gesellschaft und Arbeitswelt integriert werden. Die Integrationskurse werden daher für Asylbewerber sowie Geduldete mit guter Bleibeperspektive geöffnet. Nach drei Monaten dürfen Asylbewerber und Geduldete als Leiharbeiter eingesetzt werden, wenn es sich um Fachkräfte handelt. Für geringer Qualifizierte ist der Zugang zur Leiharbeit erst nach 15 Monaten möglich.
Gesundheit
Die Krankenkassen in einem Bundesland können verpflichtet werden, die Gesundheitsbehandlungen von Flüchtlingen zunächst zu übernehmen. Sie erhalten das Geld später von den Kommunen zurück und bekommen auch den Verwaltungsaufwand ausgeglichen. In diesem Rahmen kann auch die Einführung einer Gesundheitskarte auf Länderebene vereinbart werden. Dies soll vor allem den Verwaltungsaufwand verringern, denn bislang müssen sich Asylbewerber für fast jeden Arztbesuch vom Amt eine Bescheinigung holen.
Westbalkanstaaten
Nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina werden auch Albanien, Kosovo und Montenegro asylrechtlich als sichere Herkunftsstaaten eingestuft, um die Asylverfahren zu beschleunigen. Migranten von dort werden schon jetzt zu fast 100 Prozent nicht als schutzwürdig anerkannt. Menschen aus den sechs Westbalkan-Staaten sollen aber legal einreisen können, wenn sie einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag für Deutschland vorlegen und die Einreise in ihrem Heimatland beantragen.
Zuvor hatte bereits der saarländische Innenminister Klaus Bouillon im Landtag berichtet, Zalando habe Strafanzeigen gestellt. Der CDU-Politiker, der sein Büro für drei Wochen in dem Flüchtlingslager aufgeschlagen hatte, berichtete allerdings von 650 Strafanzeigen. In einer frei gehaltenen Rede über seine Erfahrungen vor Ort kommentierte er die Vorfälle launig: „Das heißt, der eine oder andere ist durchaus clever und weiß, das System zu nutzen.“
Zalando findet die Vorgänge offenbar weniger lustig: „Zalando kommentiert generell keine Betrugsfälle. Wir empfinden die Äußerung des Ministers hier auch als sehr unangebracht“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Kein Wunder: Die Vorfälle werfen einen Schatten auf die Bemühungen des Versenders, Betrug frühzeitig zu erkennen. Dass ein Jahr lang fast 1.000 Pakete geliefert wurden, setzt ein großes Fragezeichen hinter die Ergänzung de Sprechers. „Wir investieren stetig in ein ausgefeiltes Sicherheitssystem, das uns hilft, Betrugsversuche möglichst frühzeitig zu erkennen.“
Demonstrationen in Dresden
Gegen Flüchtlinge: Tausende Pegida-Anhänger auf den Straßen
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Im Flüchtlingslager Lebach leben 4.000 Menschen. Die Unterstützer-Organisation Saarländischer Flüchtlingsrat kritisiert seit Jahren Asylbewerber und anerkannte Asylsuchende würden zu lange in dem Lager einquartiert. Kritiker monieren zudem, das Saarland setze stark auf Sachleistungen wie Lebensmittel, so dass die Flüchtlinge kaum Geld zu Verfügung hätten.