Das Berliner Abgeordnetenhaus hat das Gesetz zum Mietendeckel beschlossen. Kritiker halten das Gesetz für verfassungswidrig. Das sind die wichtigsten Konsequenzen.
Berlin, Erfurt Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag das umstrittene „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“, kurz Mietendeckel-Gesetz, mehrheitlich beschlossen. 85 Abgeordnete stimmten dafür, 64 dagegen. Es gab eine Enthaltung. Berlin will damit in den kommenden fünf Jahren nicht nur für eine Begrenzung von Mieten sorgen, Mieten sollen zudem gekürzt werden können.
Die Kritik ist groß. Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD), sprach von einem schwarzen Tag für den Berliner Wohnungsmarkt. „Allen Warnungen und einer Vielzahl von Gutachten namhafter Experten zum Trotz ist es heute zu einem historischen Tabubruch in Berlin gekommen. Der Mietendeckel kommt einer Enteignung gleich und ist eine Katastrophe für den Berliner Wohnungsmarkt“, sagte Schick.
„Wir begrüßen, dass die CDU/CSU- und die FDP-Bundestagsfraktionen jetzt rasch ein Normenkontrollverfahren starten wollen, denn wir brauchen dringend Rechtssicherheit.“ Es gehe um die Frage, ob ein Bundesland überhaupt die Kompetenz hat, einen Mietendeckel einzuführen. „Wir und fast alle anderen Juristen sehen das nicht so.“
Der Berliner Bundestagsabgeordnete und Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, kündigte unmittelbar nach der Abstimmung eine Klage an. „Die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden daher gegen den Mietendeckel klagen und eine abstrakte Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht anstrengen“, sagte Luczak. „Dafür brauchen wir die Unterschriften von 178 Bundestagsabgeordneten. Ich bin mir sicher, dass wir dieses Quorum schnell erreichen werden.“
Doch welche konkreten Auswirkungen hat das Gesetz? Eine Übersicht der wichtigsten Punkte.
Der Mietendeckel gilt für rund 1,5 Millionen Berliner Mietwohnungen, egal ob sie unmöbliert oder möbliert vermietet werden. Ausnahmen sind: Wohnungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, Wohnungen, für die Mittel öffentlicher Haushalte zur Modernisierung und Instandsetzung gewährt wurden und einer Mietpreisbindung unterliegen sowie Wohnungen in Wohnheimen. Neubauten ab 2014 sind vom Mietendeckel ausgenommen.
Eine Mietentabelle legt fest, wie hoch die Nettokaltmiete (ohne Betriebskosten sowie Kosten für Heizung und Warmwasser) in Abhängigkeit von Alter und Ausstattung einer Wohnung sein darf. Die Bandbreite bewegt sich zwischen 3,92 Euro und 9,80 Euro pro Quadratmeter. Die Höchstwerte erhöhen sich ab dem 1. Januar 2022 jährlich um den Prozentsatz der seit dem Stichtag eingetretenen Inflation, höchstens jedoch um 1,3 Prozent.
Die Regelung gilt rückwirkend ab 18. Juni 2019. An diesem Stichtag waren die Pläne erstmals vorgestellt worden. Die Miete wird für fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes auf diesem Stand eingefroren.
Wenn die Wohnung an diesem Stichtag nicht vermietet war oder zwischen dem Stichtag und dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Mieterwechsels stattgefunden hat, wird die in dieser Zeit vereinbarte Miete eingefroren.
Laut dem Gesetz müssen Vermieter nun außerdem binnen zwei Monaten ihren Mietern die Berechnung für die zulässige Obergrenze ihrer Miete mitteilen.
Grundsätzlich ist es verboten, eine höhere als die eingefrorene Miete zu verlangen. Nur bei Wohnungen, deren Vormiete geringer als 5,02 Euro pro Quadratmeter ist, darf die Miete bei Wiedervermietung um maximal einen Euro auf eben bis zu 5,02 Euro pro Quadratmeter erhöht werden - sofern sie modern ausgestattet ist.
Was modern ist, legt ebenfalls das Gesetz fest. So müssen drei der folgenden Merkmale vorhanden sein: ein schwellenlos erreichbarer Aufzug, eine Einbauküche, eine hochwertige Sanitärausstattung, ein hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume, ein Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 Kilowattstunden.
Liegt die eingefrorene Miete oberhalb der für die Wohnung geltenden Mietobergrenze (laut Miettabelle), darf die Vermietung nur zur Mietobergrenze erfolgen. Möglich sind gegebenenfalls Zuschläge, wenn die Wohnung modern ausgestattet ist oder modernisiert wird.
Zunächst sieht der Mietendeckel ein Einfrieren der Mieten vor. Allerdings gilt auch in bestehenden Mietverhältnissen, dass die Miete nicht mehr als 20 Prozent über der geltenden Obergrenze liegen darf. Liegt sie darüber, muss die Miete abgesenkt werden.
Bislang war vorgesehen, dass die Mieter dafür einen Antrag stellen müssen. Laut einem Beschluss aus der vergangenen Woche ist nun aber kein Antrag mehr nötig. Das Gesetz legt fest, dass überhöhte Mieten grundsätzlich verboten sind. Allerdings gilt das erst neun Monate, nachdem das Gesetz verkündet wurde. Dann wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen überwachen, ob Vermieter das Verbot einhalten.
Für die Berechnung der Obergrenzen gibt es je nach Lage Ab- oder Zuschläge. Welche Lagen wo gelten, hat die Stadt zwar noch nicht veröffentlicht, wohl aber die grundsätzliche Regelung: Für Wohnungen in einfacher Wohnlage gilt ein Abschlag von 28 Cent auf die Mietobergrenze, in mittlerer Wohnlage neun Cent. Für Wohnungen in guter Wohnlage gilt ein Zuschlag von 74 Cent.
Wer gegen den Mietendeckel verstößt, dem droht eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro. Ob es hierbei noch Differenzierung nach Größe der Vermieter gibt, lässt das Gesetz offen.
Droht Vermietern wegen des Mietendeckels und abgesenkter Mieten eine finanzielle Härte, weil sie beispielsweise Kredite nicht mehr bedienen können, die in der Annahme höherer Mieteinnahmen geschlossen wurden, können sie bei der Investitionsbank Berlin einen Härtefallantrag stellen. In Ausnahmefällen darf dann auch eine höhere Miete als zulässig genehmigt werden.
Eine unbillige Härte liege vor, „wenn die Beibehaltung der zulässigen Miete auf Dauer zu Verlusten für die Vermieterinnen und Vermieter oder zur Substanzgefährdung der maßgeblichen Wirtschaftseinheit führen würde“, heißt es seitens der Stadt. Eine Substanzgefährdung gilt dann, wenn die Erträge aus den Mieten nicht mehr reichen, um den Erhalt der Wohnungsbestände zu sichern. Die höheren Mieten müssen nicht zwangsläufig die Bewohner zahlen. Laut Gesetz können die Mieter einen Mietzuschuss beantragen, ebenfalls bei der Investitionsbank Berlin.
Erhöhungen nach Modernisierungen sind deutlich eingeschränkt. Nach derlei Maßnahmen darf die Miete um maximal einen Euro pro Quadratmeter erhöht werden. Vermieter müssen die geplante Mieterhöhung der Investitionsbank Berlin melden.
Erlaubt sind in dem Rahmen etwa Maßnahmen, zu dem die Vermieter per Gesetz verpflichtet sind, zur Wärmedämmung, zur Nutzung erneuerbarer Energien, zum Fenstertausch aus energetischen Gründen, oder um Barrieren zu reduzieren.
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