Wegen der starken Trockenheit gilt in Italien seit Montag in mehreren Gebieten der Dürrenotstand. Worauf sich Urlauber von Mailand bis Venedig einstellen müssen.
Dürre in Italien
„Save Water“ ist auf einem Acker in Italien in der Dürrezeit lesbar.
Bild: dpa
Italien leidet unter den Folgen des Klimawandels: Hohe Temperaturen herrschen, Waldbrände nehmen zu. Zudem ist am Sonntag in den norditalienischen Dolomiten ein Gletscher eingebrochen. Nach aktuellem Stand starben dabei neun Menschen.
Am Montag hat Italiens Regierung nun den Ausnahmezustand für mehrere Regionen ausgerufen.
Mancherorts ist Trinkwasser nur eingeschränkt zugänglich, Brunnen sind teilweise abgestellt. Von der Trockenheit betroffen sind vor allem große Seen, die auch populäre Touristenziele sind.
Die Extrembedingungen suchen den Norden des Landes pünktlich zur Urlaubssaison heim. Und die Zahl der Urlaubsreisenden nach den Pandemiejahren ist hoch.
Sind Sie von den Regelungen des Dürrenotstands betroffen, wenn Sie jetzt Ihren Urlaub in Italien planen? Was ist zu beachten? Das Wichtigste zur Dürre und dem Ausnahmezustand in Italien im Überblick.
Bis zum 31. Dezember gilt der Dürrenotstand in fünf Regionen des Landes: Emilia-Romagna, Friaul-Julisch Venetien, Lombardei, Piemont und Venetien. Diese Gebiete liegen im Norden Italiens.
Die Regierung in Rom hat ein halbes Dutzend Regionen aufgefordert, den Notstand auszurufen. Sie sollen damit weitere Hilfsgelder und Einsätze des Zivilschutzes ermöglichen.
Große Seen, wie etwa der beliebte Gardasee, weisen einen deutlich geringeren Wasserstand auf als gewöhnlich zu dieser Jahreszeit. Der längste Fluss Italiens, der Po, verzeichnet einen so niedrigen Pegel wie seit 70 Jahren nicht mehr. An einigen Stellen ist er nur noch ein Rinnsal, Satellitenaufnahmen zeigen freigelegte Sandbänke. In der Meermündung drang dadurch kilometerweit Salzwasser in das Flussbett. Attilio Fontana, Regionalpräsident der Lombardei, sagte: „Wir haben noch nie so eine Krise erlebt.“ Vereinzelte Gewitter, die an den vergangenen Abenden über Teilen Norditaliens niedergingen, sorgten nicht für Besserung.
In einigen norditalienischen Städten ist der Zugang zu Trinkwasser bereits beschränkt. In Verona dürfen Bürger Trinkwasser tagsüber nur zum Kochen, Trinken, Putzen und für Körperhygiene verwenden. Das gilt bis zum 31. August. Von sechs bis 21 Uhr ist es verboten, Gärten und Sportplätze zu bewässern, Autos zu waschen und Schwimmbäder und Pools aufzufüllen. Bei Verstößen drohen Strafen bis zu 500 Euro. Die Entscheidung der Stadt fiel, noch bevor die Landesregierung den Dürrenotstand ausgerufen hat.
Die Städte Venedig und Mailand schalten einen Teil ihrer Brunnen ab. In der toskanischen Stadt Pisa in Mittelitalien soll das Trinkwasser ab dem 11. Juli nur noch im Haushalt verwendet werden. Tätigkeiten, die nicht dringlich sind und viel Wasser verbrauchen, sollen Bürger unterlassen. In der Gemeinde Castenaso (Region Emilia-Romagna) dürfen Gästen in Friseursalons nur noch ein Mal die Haare gewaschen werden, um Wasser zu sparen. Die Lombardei erbat unterdessen bereits Wasser in der Schweiz.
Nein, die Regierung in Rom verzeichnete im Juni im Vergleich zum Vorjahr fast viermal so viele Flugbuchungen aus dem Ausland. Die Zahl der Fluggäste aus Deutschland habe sich verdoppelt.
Auch die Covid-19-bedingten Einreisebeschränkungen für Italien sind aufgehoben. Nach Informationen des Auswärtigen Amts benötigen Sie für die Einreise weder einen Coronanachweis noch eine vorherige Einreiseanmeldung.
„Die Rationierung von Wasser ist nicht das, was man sich vorstellt, wenn man in den Urlaub fahren möchte“, sagte Wolfgang Günther vom Institut für Tourismus Kiel dem Handelsblatt. Zu einer entspannten Stimmung führe das nicht. Reisegäste müssten aufpassen, dass sie sich nicht überschätzen und Hitzeschläge bekommen. Gastgeber hätten Verantwortung für ihre Gäste, müssten für sie sorgen und einen angemessenen Service bereitstellen.
Der Wasserstand des Gardasees sei derzeit etwa einen halben Meter niedriger als vor einem Jahr, sagte Pierlucio Ceresa vom Verband der Gemeinden am Gardasee der Deutschen Presse-Agentur. Auf das Baden im See habe das allerdings keine Auswirkungen. Ceresa mahnte jedoch, die Wassertiefe zu prüfen, wenn man beispielsweise von Felsen aus in den See springe.
Zur Diskussion steht zurzeit, Wasser aus dem Gardasee abzupumpen und in den Fluss Po zu leiten. Dagegen wehrte sich der Gemeindeverband.
Urlaubsreisende sollten wegen der erhöhten Brandgefahr außerdem davon absehen, offene Feuer zu entfachen.
Dass es im Urlaub in Italien heiß werde, sei nichts Neues, so Wolfgang Günther. „Wenn man zum Beispiel mit dem Wohnmobil fährt, ist man mobil und kann auf die höheren Lagen ausweichen, wo es nicht so heiß ist.“ Sei eine feste Unterkunft gebucht, sei es Aufgabe der Gastgeber, einen schönen Urlaub mit gutem Service bereitzustellen – angepasst an die aktuellen Gegebenheiten. Es gebe auch in jedem kleinen Ort Trinkwasserstellen, ergänzt Günther.
Dürre in Italien
In den Regionen Verona und Pisa ist die Wassernutzung zum Sparen eingeschränkt worden.
Bild: dpa
Eine Studie der Universitäten Turin, Pisa und Rennes hat die Folgen des Klimawandels auf künftige Dürren in Norditalien analysiert. Demnach sei für den Alpenraum bis 2050 mit einer Erhöhung der Temperaturen zu rechnen, berichtet das Magazin „National Geographic“. Bis Ende des Jahrhunderts würden die Gletscher um bis zu 90 Prozent schmelzen. Wasser fließe demzufolge weniger konstant Richtung Italien ab als zuvor. Dürren könnten so intensiver werden und sich auf zusätzliche Landstriche ausweiten.
Experten vermuten auch hinter dem Gletscherabbruch in den Dolomiten Folgen des Klimawandels. In diesem Jahr waren die Temperaturen in der Gegend höher als üblich, weshalb das Eis früher zu schmelzen begann. Auch fehlten Niederschläge im Winter und Frühjahr, von denen der Gletscher hätte zehren können. Seit Jahren geht das Eis in den Bergen Italiens zurück.
Bergkenner empfehlen Wanderern, ihre Routen gründlich zu planen und sich zu informieren. Touristische Angebote müssten angepasst, Gäste versorgt und eine entsprechende Infrastruktur vorbereitet werden, sagt Günther vom Kieler Institut für Tourismus. „Dürren und Hitzeperioden werden häufiger, aber: Das ist nicht unbedingt ein Hindernis für lukrativen Urlaub vor Ort. Die Gastgeber haben die Aufgabe, den Urlaub so angenehm wie möglich zu gestalten, das ist auch eine Chance.“
Thomas Bausch ist Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität an der Freien Universität Bozen. Er forscht auch zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus. „In meinen Augen wird man bestenfalls sagen können, dass wir innerhalb der Wetterereignisse, die durch den Klimawandel immer stärker schwanken, dieses Jahr ein Extrem bei den Niederschlägen nach unten in Teilen Italiens haben. Es gibt aber keine wissenschaftlich evidente Grundlage, davon auszugehen, dass dies dauerhaft sein wird.“ Er ergänzt: „Grundsätzlich reagiert die Natur auf höhere Temperaturen von ein bis zwei Grad dauerhaft extrem – das menschliche Verhalten beim Urlaub ist dagegen diesbezüglich sehr viel robuster.“
Mit Agenturmaterial.
Mehr: Wo Flugreisenden in Europa das Chaos droht
Erstpublikation: 06.07.22, 17:57 Uhr.
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