Sanktionen gegen Russland, Maßnahmen gegen steigende Energiepreise und ein Klimaklub: Worauf sich die G7-Staaten geeinigt haben – und wo es nur bei Absichtserklärungen blieb.
Gipfel-Gastgeber Olaf Scholz
Der deutsche Kanzler kann nun die Ergebnisse der Gespräche vorstellen.
Bild: AP
Elmau Nach drei Tagen ist der Gipfel der Gruppe der sieben führenden Wirtschaftsnationen (G7) auf Schloss Elmau in Bayern zu Ende gegangen. Bis zum Schluss feilschten die Unterhändler der Staatschefs um die Formulierungen in der Abschlusserklärung. Als Gastgeber konnte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstagmittag ein 28 Seiten langes Kommuniqué präsentieren. Hinzu kamen noch umfangreiche Zusatzerklärungen zur Hilfe für die Ukraine, zur Gründung eines Klimaclubs und dem Kampf gegen eine globale Hungerkrise.
Den Staats- und Regierungschefs ging es in Elmau vor allem darum, angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine ein Signal der Entschlossenheit und Einheit zu senden. „In einer Zeit, in der die Welt von Spaltungen und Erschütterungen bedroht ist, stehen wir, die G7, geschlossen zusammen“, heißt es gleich zu Beginn des G7-Abschlusskommuniqués. Konkret haben die G7-Chefs diese Beschlüsse auf ihrem Gipfel gefasst:
Die G7-Staaten wollen eine Deckelung der Preise von russischen Energieimporten prüfen. Ein entsprechender Auftrag soll an die zuständigen Minister in den Ländern ergehen. Mit der Obergrenze will die G7 dafür sorgen, dass Russland nicht länger von Preisanstiegen auf dem Energiemarkt profitiert. Die US-Regierung hatte sich für eine solche Obergrenze eingesetzt.
Allerdings ließe sich eine Preisobergrenze nur in Zusammenarbeit mit großen Importländern wie China oder Indien durchsetzen. Beide Staaten hatten ihre Importe aus Russland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sogar erhöht.
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Die Formulierung in der G7-Erklärung zielt deshalb auf die Kooperation mit anderen Staaten ab. Die EU werde mit internationalen Partnern Möglichkeiten zur Senkung der Energiepreise prüfen, einschließlich der Option, vorübergehende Preisobergrenzen für Importe einzuführen, heißt es in der Erklärung. Bei Gasimporten wird das nur vorsichtig und allgemein genannt. In Bezug auf Öl wird im Kommuniqué bereits ein möglicher Weg beschrieben: Es könnte der Transport von russischem Öl verboten werden, sollte der Preis dafür über einem festgelegten Wert liegen.
Die USA kaufen bereits kein russisches Öl mehr, die EU steigt bis Ende des Jahres aus.
Die G7-Staaten wollen sich dafür einsetzen, den Export von Gold aus Russland zu sanktionieren. Damit sollen die Maßnahmen gegen die Regierung in Moskau wegen des Kriegs in der Ukraine verschärft werden. „Wir werden Russland erhebliche anhaltende Kosten auferlegen, um zur Beendigung dieses Kriegs beizutragen“, erklärten die G7-Chefs. Dazu zähle auch, Russlands Einnahmen aus dem Goldhandel zu verringern.
Für das Exportverbot von russischem Gold haben sich bei dem Treffen vor allem die USA, Großbritannien, Kanada und Japan eingesetzt. Die EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien sind dagegen noch zurückhaltend, weil Sanktionen im Kreis der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig beschlossen werden müssen. Deshalb findet sich auch kein klarer Beschluss in der Abschlusserklärung, sondern nur eine Absichtserklärung.
Die G7-Staaten stellen sich hinter die Idee von Kanzler Scholz für einen internationalen „Klimaklub“. Man unterstütze die Ziele eines solchen „offenen und kooperativen“ Klubs und wolle mit Partnern daran arbeiten, ihn bis Ende 2022 einzurichten, hieß es in der Abschlusserklärung des G7-Gipfels.
Der Klimaklub soll nach einem ebenfalls bekannt gewordenen Konzeptpapier die Minderung von Treibhausgasemissionen zum Ziel haben, inklusive deren Messung und Erfassung. Zudem soll verhindert werden, dass Unternehmen ihre Produktion in andere Länder mit laxeren Klimaauflagen verlagern. Ein weiteres Ziel soll der klimafreundliche Umbau der Industrie sein.
Staats- und Regierungschefs
Die Staats- und Regierungschefs der G7 und ihre Gäste am zweiten Tag des Gipfels.
Bild: Bloomberg
Mit Energiepartnerschaften wollen die wirtschaftsstarken G7-Länder ärmeren Staaten mit Expertise und Geld beim Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft helfen. Der Zusammenschluss soll Ländern offenstehen, die sich der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 verpflichtet fühlen. Damals beschloss die Weltgemeinschaft, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Als angestrebtes Ziel gilt ein Anstieg auf maximal 1,5 Grad. Dazu bekennen sich die G7-Staaten in der Erklärung erneut.
Die Klimaklub-Mitglieder sollen ihre Bemühungen zur Umsetzung der Beschlüsse, wie sie insbesondere die Klimakonferenz von Glasgow vereinbart hat, beschleunigen. Gemeinsam mit Partnern jenseits der G7-Staaten wolle man eine „ehrgeizige Klimapolitik“ überall auf der Welt voranbringen.
Allerdings öffnen die G7-Staaten für sich eine Hintertür für fossile Energieträger: Um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu reduzieren, sollen Investitionen in bestimmte neue Anlagen, etwa für Flüssiggas, weiter möglich sein. Dies sei notwendig, um die derzeitige Krise zu bewältigen, heißt es in der Erklärung. Gleichzeitig wird aber betont, dass trotz neuer Investitionen in fossile Energie die Klimaziele nicht gefährdet werden sollen.
Die G7-Länder wollen auch die Folgen der hohen Energiepreise abfedern. „Wir sind besorgt über die Belastungen durch Energiepreiserhöhungen und die Instabilität der Energiemärkte“, heißt es im Abschlusskommuniqué. Diese Erhöhungen verschärften die Ungleichheiten und bedrohten den Wohlstand. In Abstimmung mit der Internationalen Energieagentur (IEA) werde man weitere Maßnahmen prüfen, um Preissprünge zu reduzieren und weitere Auswirkungen auf Volkswirtschaften und Gesellschaften weltweit zu verhindern.
In den G7-Staaten leiste die Politik kurzfristige finanzielle Unterstützung für die schwächsten Bevölkerungsgruppen, aber auch für Unternehmen und Industrie. Zudem wollen die führenden Wirtschaftsnationen Entwicklungsländern helfen und in Schritte investieren, die die Stabilität des globalen Energiemarkts unterstützen sollen, heißt es weiter. Dazu ist geplant, die gemeinsame Energieproduktion kurzfristig zu steigern, die Reserven angemessen zu nutzen und mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten.
Das von Ländern wie Saudi-Arabien dominierte Ölkartell Opec soll laut dem Text zu weiteren Produktionssteigerungen aufgefordert werden, um die Spannungen auf den Energiemärkten zu verringern. Die G7 begrüßte die jüngste Entscheidung der Opec, mehr Öl zu produzieren. Man rufe sie aber auf, in dieser Hinsicht weiter zu handeln.
Die G7-Staaten wollen 4,5 Milliarden Dollar bereitstellen, um die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Insgesamt beliefen sich Mittel für den Kampf gegen Hunger inklusive der bisherigen Zusagen in diesem Jahr damit auf 14 Milliarden Euro, heißt es im Papier.
Die Hilfe soll an 47 Entwicklungsländer sowie Organisationen vor Ort gehen. Viele Staaten vor allem in Afrika machen die westlichen Sanktionen gegen Russland für die eskalierende Hungerkrise verantwortlich und folgen damit der Linie der Regierung in Moskau. Die G7 ist bemüht, dem mit zusätzlicher Unterstützung für die betroffenen Länder entgegenzuwirken.
Joe Biden bei seiner Abreise aus Deutschland
Der US-Präsident hat Milliarden für den Kampf gegen globale Nahrungsengpässe zugesagt.
Bild: AP
Mehr als die Hälfte der nun vereinbarten Summe war von US-Präsident Joe Biden zugesagt worden. Zwei Milliarden Dollar sollen zur Rettung von Menschenleben durch direkte humanitäre Maßnahmen eingesetzt werden. 760 Millionen Dollar seien für nachhaltige kurz- und mittelfristige Nahrungsmittelhilfe vorgesehen.
Im Abschlusskommuniqué wird auch das Verhältnis zu China thematisiert. Kanzler Scholz sprach von „Ambivalenzen“. Man werde sich weiterhin für fairen und transparenten Wettbewerb einsetzen und die internationalen Regeln in diesem Sinne stärken, heißt es in der Erklärung.
Die westlichen Länder kritisieren China seit längerer Zeit dafür, mit Subventionen oder Beschränkungen für ausländische Konzerne auf dem Heimatmarkt für unfairen Wettbewerb zu sorgen. Es gibt aber bei den G7-Staaten keine Einigkeit, wie deutlich man China dafür öffentlich kritisieren sollte. So werden die Probleme in der Erklärung zwar angedeutet, aber keine klaren Reaktionen benannt.
Ein anderes Ärgernis aus Sicht der G7-Staaten ist, dass China weiterhin Russland unterstützt. Scholz forderte China auf, die westliche Sanktionspolitik zu achten. „Zunächst einmal erwarten wir, dass die Sanktionen, die wir miteinander und mit vielen anderen zusammen gegen Russland ins Werk gesetzt haben, nicht unterlaufen werden“, sagte der Kanzler. „Darauf bestehen wir auch in allen Gesprächen, die wir führen.“
Im Kommuniqué werden ebenfalls die Menschenrechtsverstöße in China thematisiert. „Wir sind sehr besorgt über die Menschenrechtslage in China“, heißt es unter anderem. „Wir werden uns weiterhin für universelle Werte einsetzen und China unter anderem dazu auffordern, die allgemeinen Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, auch in Tibet und Xinjiang, wo uns die Zwangsarbeit große Sorgen bereitet.“
Bereits am Montag hatte sich die G7 nach einer Videoschalte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski auf weitere Hilfen für die Ukraine verständigt. „Wir werden der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen und die erforderliche finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Unterstützung für die mutige Verteidigung ihrer Souveränität und territorialen Unversehrtheit bereitstellen“, heißt es in der Erklärung.
So soll die Ukraine in diesem Jahr bis zu 28 Milliarden Euro an finanzieller Hilfe erhalten. Damit soll der Staatsbetrieb trotz des Kriegs am Laufen gehalten werden. Zudem haben die G7-Staaten angekündigt, dem Land nach Ende des Kriegs beim Wiederaufbau zu helfen. „Wir sind fest entschlossen, den ukrainischen Wiederaufbau durch eine internationale Wiederaufbaukonferenz und einen internationalen Wiederaufbauplan zu unterstützen, der von der Ukraine in enger Abstimmung mit internationalen Partnern ausgearbeitet und umgesetzt wird“, heißt es in dem Papier.
Scholz kündigte an, dass er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine große Geberkonferenz initiieren wolle. Thema solle sein, wie es gelingen könne, ein solch großes und militärisch zu dem Ausmaß zerstörtes Land wie die Ukraine wieder aufzubauen. Scholz betonte: „Es wird nicht um eine Anstrengung von wenigen Jahren gehen, sondern um viele Jahre.“
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