Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

17.01.2022

18:27

Antrittsbesuch in Madrid

Ukraine, Schulden, Coronapolitik: Scholz und Sánchez üben Schulterschluss zwischen Parteifreunden

Von: Sandra Louven

Bundeskanzler Scholz und der spanische Ministerpräsident Sánchez vereinbaren eine enge Zusammenarbeit. Beim Stabilitätspakt bleibt Scholz aber hart.

Begrüßung per Faust: Bundeskanzler Olaf Scholz besucht den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in Madrid. dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz in Spanien

Begrüßung per Faust: Bundeskanzler Olaf Scholz besucht den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in Madrid.

Madrid Olaf Scholz kommt nicht allein nach Madrid. Ein Heer von 20 deutschen Journalisten begleitet den neuen Bundeskanzler bei seinem vierten Antrittsbesuch im Ausland. Da sich der SPD-Politiker mit öffentlichen Auftritten in Deutschland derzeit rarmacht, sind seine Reisen ins Ausland eine der wenigen Gelegenheiten, den neuen Kanzler live zu erleben.

Als Scholz um 14 Uhr im spanischen Regierungspalast Moncloa mit Maske aus seiner Limousine stieg, begrüßte ihn Ministerpräsident Pedro Sánchez kurz per Faust – so wenig Hautkontakt wie möglich in Pandemiezeiten.

Viel Zeit hatten beide nicht zusammen – bei strahlendem Sonnenschein erschienen sie um 16.15 Uhr wieder vor den Kameras. Der Sozialist Sánchez sprach seinen Parteifreund Scholz mit kolloquialem „Du“ an: „Zunächst möchte ich dich beglückwünschen und mich bedanken für das europäische Engagement, das du in den vergangenen Jahren gezeigt hat und das du sicher in den kommenden Jahren zeigen wirst.“

Dann ging es gleich rein in den derzeit wohl brisantesten europäischen Konflikt: Die Lage an der ukrainischen Grenze sei „sehr ernst“, erklärte Scholz, und bedrohe die Souveränität des Landes. „Eine militärische Aggression gegen die Ukraine würde schwerwiegende politische wie auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen“, erklärte der Bundeskanzler. „Deshalb ist es unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, dass eine solche Entwicklung vermieden werden kann, unter der am Ende ja doch alle leiden müssen.“ Die bestehenden Dialogformate müssten dafür deshalb jetzt genutzt werden.

Zur Forderung der Ukraine nach Waffenlieferungen aus Deutschland äußerte er sich zurückhaltend. Die Bundesregierung handele in dieser Frage „sehr einheitlich“, sagte Scholz. „Und dazu gehört auch, einheitlich in der Kontinuität dessen zu stehen, was deutsche Regierungen in dieser Frage in der Vergangenheit klug auf den Weg gebracht haben.“

Der Stabilitätspakt hat auch den EU-Fonds ermöglicht

Doch Sánchez hatte bei seinem Lob für Scholz’ Einsatz für Europa auch nicht an Konfliktregionen, sondern an dessen Fürsprache für die erste gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa gedacht. Die EU hat einen Fonds in Höhe von 750 Milliarden Euro aufgesetzt, um besonders von der Pandemie gebeutelten Ländern wie Spanien aus der Krise zu helfen. „Bundeskanzler Scholz hat dabei eine führende Rolle gespielt. Dafür danke ich“, sagte Sánchez.

Antrittsbesuch in Spanien

Scholz: „Erwarten von Russland klare Schritte der Deeskalation“

Antrittsbesuch in Spanien: Scholz: „Erwarten von Russland klare Schritte der Deeskalation“

Ihr Browser unterstützt leider die Anzeige dieses Videos nicht.

Mit Blick auf eine mögliche Reform des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zeigte sich Scholz indes erneut zurückhaltend. Die meisten Mittel der 750 Milliarden Euro seien ja noch nicht ausgegeben, sagte er.

Zudem seien sie auch unter den bestehenden Regeln des Stabilitätspakts möglich gewesen. Frankreich und Italien drängen derzeit auf eine Lockerung der Schuldenregeln des Stabilitätspakts. Dieser besagt, dass die Schulden eines Staates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung und das jährliche Haushaltsdefizit drei Prozent betragen dürfen. Nach der Pandemie liegen die Schulden in fast allen Ländern deutlich höher – in Spanien bei 120 Prozent.

Sánchez sucht die Nähe zu Scholz

Sánchez hat sich bislang bewusst nicht an die Seite von Frankreich und Italien gestellt. „Ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn sich Blöcke von Ländern mit verschiedenen Positionen bilden“, sagte er. „Es ist wichtig, dass alle Regierungen zusammenarbeiten.“ Spanien wolle eine konstruktive Haltung einnehmen, schließlich gehörten mittelfristig nachhaltige Schulden zu den großen Prioritäten Europas.

Sánchez sucht die Nähe zu Scholz. Im Umfeld der spanischen Regierung heißt es, der Besuch des Kanzlers sei auch ein Zeichen des Schulterschlusses zwischen zwei sozialdemokratischen Regierungen in Europa. Beide betonten in Madrid, dass dieses erste kurze Treffen nur der Anfang ihrer Zusammenarbeit sei und es weitere Treffen geben werde.

Zu einem der Themen, in denen Spanien auf europäischer Ebene vorangeht, gehört ein neuer Umgang mit der Pandemie. Sánchez will sie künftig ähnlich wie eine Grippe überwachen und nicht mehr jeden Coronafall einzeln erfassen.

Ob Deutschland dem Beispiel folgen werde, ließ Scholz allerdings offen. „Spanien ist ein Vorbild bei der Impfquote“, sagte Scholz nur. Insgesamt 91 Prozent der Spanier über zwölf Jahre sind komplett geimpft. Damit sei das Management der Pandemie leichter, sagte Scholz mit Blick auf die wesentlich geringere deutsche Impfquote.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×