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03.08.2022

04:00

Außenministerin

„Wir akzeptieren nicht, wenn ein Nachbar seinen Nachbarn überfällt“: Baerbock warnt China

Von: Leonie Tabea Natzel

PremiumAußenministerin Baerbock hat bei den Vereinten Nationen ihre Transatlantik-Strategie vorgestellt. In der Taiwan-Krise richtete sie deutliche Worte an die chinesische Regierung.

Die Außenministerin stellte in New York ihre neue Transatlantik-Strategie vor. dpa

Annalena Baerbock

Die Außenministerin stellte in New York ihre neue Transatlantik-Strategie vor.

New York / Peking „Denken ohne Geländer“: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zitiert Hannah Arendt, als sie in New York die Leitlinien ihrer geopolitischen Strategie erklärt.

Baerbock will die Außenpolitik neu denken, wie sie am gestrigen Dienstag im Rahmen einer Rede vor amerikanischen und deutschen Studenten in der Traditionsuniversität New School erklärte. Auf drei Säulen soll die transatlantische Zusammenarbeit basieren: auf einer Sicherheitskooperation, der regelbasierten internationalen Ordnung und der Stärkung der Demokratien. Sie betonte, dass die Verbindung zwischen Europa und den USA angesichts des Ukrainekriegs heute „vielleicht enger als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges“ sei.

Schon immer habe es Schlüsselmomente in der Beziehung zwischen Deutschland, Europa und den USA gegeben, etwa mit der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Heute, wo die globale Sicherheit und Freiheit in einer Weise bedroht seien wie seit Dekaden nicht mehr, müssten die Staaten über den Atlantik wieder näher zusammenrücken, den kriegsbedingten „transatlantischen Moment“ nutzen und sich der neuen Aufgabe annehmen. Russlands Präsident Wladimir Putin greife die universellen Werte des Westens an: „Freiheit, Demokratie und Menschenrechte sind unter Beschuss.“

Wichtigster Faktor der deutschen Transatlantik-Strategie sei daher die Sicherheitsfrage. Deutschland hat bereits einen Sonderfonds von 100 Milliarden Euro eingerichtet, um das Militär zu stärken. Die Bundesregierung ist zudem von der ursprünglichen Position abgerückt, keine Waffen in Kriegsländer zu schicken. Stattdessen sei Deutschland jetzt einer der stärksten militärischen und finanziellen Unterstützer der Ukraine. Baerbock erwähnt außerdem eine Brigade mit bis zu 800 Soldaten in Litauen, die für die Nato bereitstehe und flexibel verlegt werden könne.

Nicht nur die globale, sondern auch speziell die europäische Sicherheit sei extrem wichtig, auch das zeige der Ukrainekrieg. Deutschland müsse also die Nato weiter stärken und eine führende Rolle in der Partnerschaft zwischen Europa und Nordamerika einnehmen. Baerbock forderte eine strategischere Europäische Union, um „den Vereinigten Staaten auf Augenhöhe zu begegnen: in einer Partnerschaft der Führung“. Außerdem arbeite das Auswärtige Amt an der ersten Sicherheitsstrategie Deutschlands. Teil davon sei der Blick auf Desinformationen in sozialen Netzwerken, auf Lieferketten und die Klimakrise mit ihrem zwischenstaatlichen Konfliktpotenzial.

Weiterhin sollten die transatlantischen Partner in Zukunft bei der Entwicklung und Regulierung kritischer Technologien verstärkt zusammenarbeiten, um wirtschaftlich weniger abhängig von Drittstaaten zu sein. Teil davon sei auch das Ende der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas.

Förderung der internationalen Ordnung

Als zweiten Pfeiler der Transatlantik-Strategie forderte die Außenministerin eine auf Regeln basierende internationalen Ordnung. Diese neue Ordnung soll es allen Staaten ermöglichen, zusammenzuarbeiten, zu gedeihen und nebeneinander im Frieden zu koexistieren, erklärt die Außenministerin. Sie werde bereits jetzt von den 141 Staaten unterstützt, die im März in der UN-Generalversammlung den russischen Krieg in der Ukraine verurteilt hatten.

Gemeinsam mit diesen Staaten müssten globale Herausforderungen wie die Pandemie, die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen oder die Klimakrise angegangen werden. Das bedeute auch Milliardenunterstützung für die Infrastruktur in Ländern des globalen Südens. Baerbock betont dabei, dass die Vereinigten Staaten und Europa nach wie vor den größten Beitrag zur weltweiten humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit leisteten.

Auch das Grünen-Kernthema Klimakrise könnte nur von allen Staaten gemeinsam bekämpft werden, eben auch mit China, einem der größten Verursacher von CO2-Emissionen. Doch Baerbock warnte auch: Die vergangenen Monate hätten gelehrt, wie schnell Rhetorik in Aggressionen umschlagen könne. „Chinas Äußerungen in Bezug auf Taiwan werfen ernste Fragen auf.“ Damit nahm sie Bezug auf ihre viel kritisierten Aussagen vom Vortag. Baerbock fügte hinzu: „Es kann nicht in unserem Interesse sein, wenn China zusätzlich noch ausufernde wirtschaftliche Abhängigkeiten in der Region kreiert.“

Baerbock war bereits am Montag nach New York gereist, um dort an der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags teilzunehmen. Nach ihrer Ankunft hatte sie gesagt: „Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China.“ Baerbock fügte hinzu, mit Blick auf den „brutalen russischen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine sei es wichtig, klarzumachen, dass die Weltgemeinschaft ein solches Vorgehen nicht akzeptiere.

Der Abteilungsleiter für Europa im chinesischen Außenministerium, Wang Lutong, protestierte daraufhin am Dienstag offiziell bei der neuen deutschen Botschafterin in Peking, Patricia Flor. Er sprach von „falschen Kommentaren“ Baerbocks, wie aus einem Tweet des hohen chinesischen Diplomaten hervorging. Die Taiwanfrage sei eine „innere Angelegenheit Chinas“.

Stärkung der Demokratien

Als dritte Säule nennt Baerbock in ihrer Rede die Stärkung der Demokratie. Deutschland und die USA seien wichtige Partner, sie müssten sich umeinander kümmern. Beide ständen vor denselben großen gesellschaftlichen Fragen, wie etwa soziale Gerechtigkeit, Rassismus, politische Polarisierung und geschwächte demokratischen Institutionen. Das manifestiere sich in den USA in Ereignissen wie dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Doch auch in Deutschland fände etwa die AfD in einigen Regionen mittlerweile sehr starken Zuspruch.

Ganz ohne Kritik bleibt die Außenministerin nicht: So nah sich die USA und Deutschland ständen, so weit entfernt seien sie an anderer Stelle voneinander. Klar positionierte sie sich zum jüngst gekippten Recht auf Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof der USA: „Jede Frau hat das Recht, über ihren eigenen Körper zu entscheiden.“ Herausforderungen wie diese zeigten, dass Demokratien kompliziert seien und gerade wegen ihrer Offenheit und Inklusion anfällig für Angriffe – von innen wie von außen.

„Die Demokratie ist nie fertig, sie entwickelt sich weiter“, betonte die Außenministerin. Dafür brauche es die transatlantische Partnerschaft und Hannah Arendts „Denken ohne Geländer“.

Mit Agenturmaterial.

Kommentare (10)

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03.08.2022, 10:23 Uhr

Die Undiplomatin hat wieder etwas gesagt. Merkt sie eigentlich, dass sie kaum jemand ernst nimmt? Ich kann es nicht fassen, wie diese Person Deutschland nach außen präsentiert und unser Land in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

Account gelöscht!

03.08.2022, 10:44 Uhr

Ob die große Hannah Arendt mit dem Geschwätz und der Politik von Annalenchen etwas anzufangen gewusst hätte, wage ich doch sehr zu bezweifeln.

Annalenchen profiliert sich nur als Lakai der amerikanischen Interessen. Naja, manche werden es mögen. Ich habe diese Partei sogar mal gewählt, Schande über mein Haupt :)

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