Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

15.11.2022

12:30

Bundeswirtschaftsministerium

Elga Bartsch wird Habecks Chefökonomin – erste Frau in dieser Position

Von: Julian Olk

Die frühere Blackrock-Volkswirtin übernimmt die wichtige Rolle im Wirtschaftsministerium. Bartsch soll entscheidend am Umbau zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft mitwirken.

Die Ökonomin arbeitete 20 Jahre lang bei Morgan Stanley. Blackrock

Elga Bartsch

Die Ökonomin arbeitete 20 Jahre lang bei Morgan Stanley.

Berlin Die Wirtschaftswissenschaftlerin Elga Bartsch wird neue Chefökonomin im Bundeswirtschaftsministerium. Bartsch übernimmt die Leitung der Grundsatzabteilung „Wirtschaftspolitik“ im Ministerium, heißt es aus Ministeriumskreisen.

Formell wird sie damit in dritter Reihe des Ministeriums von Robert Habeck (Grüne) tätig sein. Doch die Leitung der „Abteilung 1“ hat einen besonderen Stellenwert, der historisch geprägt ist. Unter dem CDU-Wirtschaftsminister Ludwig Erhard hatte Alfred Müller-Armack die Position inne, der als der eigentliche Vordenker der sozialen Marktwirtschaft gilt.

Bartsch soll nun gemeinsam mit dem zuständigen Staatssekretär Sven Giegold die ökonomische Ausrichtung des Ministeriums prägen. Die Aufgabe ist gerade jetzt besonders relevant, weil die Bundesregierung sich mit dem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt hat, aus Müller-Armacks sozialer eine sozial-ökologische Marktwirtschaft zu formen.

Zudem wird mit Bartsch erstmals eine Frau in der 70-jährigen Geschichte der Grundsatzabteilung die Leitung übernehmen.

Bartsch leitete bis zum Sommer die Wirtschafts- und Marktforschung beim Institut des internationalen Vermögensverwalters Blackrock. Vor dieser Tätigkeit war sie europäische Chefvolkswirtin bei Morgan Stanley. Bei der Investmentbank in London verbrachte sie mehr als 20 Jahre.

Bartschs ökonomische Stationen: Kiel, London, München

Wissenschaftlich beheimatet ist Bartsch am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), einem der großen deutschen Leibniz-Institute. In Kiel hat sie auch studiert, zudem in Hannover und an der renommierten London School of Economics. Bartsch ist bis heute Kuratoriumsmitglied bei einem anderen Leibniz-Institut, dem Ifo in München.

Thematisch hat sich die Ökonomin bislang vor allem mit Finanzmärkten und Geldpolitik beschäftigt. Sie war bis zu ihrem Abschied bei Blackrock auch Mitglied des „EZB-Schattenrats“, eines vom Handelsblatt moderierten Expertengremiums.

Expertise für den Umbau zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft bringt Bartsch besonders deshalb mit, weil sie die Finanzmarktforschung vor allem im Kontext der Nachhaltigkeit behandelt hat. „Durch ihre Forschungen ist sie Expertin für die Risiken des Klimawandels für die Wirtschaft und deren ökonomische Modellierung“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

Bartsch gilt unter Ökonomen als fachlich exzellent. Anfang 2022 konnte sie nachweisen, dass eine Verschiebung signifikanter Teile von Vermögen an den Finanzmärkten hin zu nachhaltigeren Investments in Gang gekommen ist.

Soziale Marktwirtschaft – Wohlstand für alle? Wie es um Ludwig Erhards Modell heute steht

Außerdem wird sie als offen für neue Denkweisen beschrieben, was zu Giegold und Habeck passen dürfte. 2019 erregte sie mit einem Papier zum Thema Helikoptergeld großes Aufsehen.

Darin entwickelte sie gemeinsam mit dem bekannten früheren Vizechef der US-Notenbank Fed, Stanley Fischer, und weiteren Ex-Notenbankern Ideen zur direkten Staatsfinanzierung durch Zentralbanken – ein krasser Gegensatz zu den Vorstellungen ordnungspolitisch geprägter Ökonomen.

Bartschs Grundsatzabteilung wird erweitert

An Bartsch wird es mitunter liegen, die unterschiedlichen ökonomischen Glaubensgrundsätze von Grünen und FDP in der Regierungskoalition zusammenzubringen. Diese Unterschiede haben sich in den vergangenen Monaten immer mal wieder im Umgang zwischen dem grün geführten Wirtschaftsministerium und dem von den Liberalen verantworteten Finanzministerium gezeigt, etwa beim Jahreswirtschaftsbericht.

Aus Regierungskreisen heißt es, das Finanzministerium reagiere auf die Berufung Bartschs grundsätzlich positiv, die Ökonomin bringe viel Erfahrung in wichtigen Themen mit.

Im Wirtschaftsministerium übernimmt Bartsch, wenn das Kabinett ihre Berufung wie erwartet bestätigt, den vakanten Posten von Philipp Steinberg. Dieser leitet inzwischen die neu gegründete Abteilung für „Energiesicherheit und Wirtschaftsstabilisierung“. Neben dem Wechsel an der Spitze soll die Abteilung stärker als Grundsatzschmiede profiliert werden. Dafür werden zwei neue Unterabteilungen für „Wettbewerbspolitik“ und „Strukturpolitik“ gegründet.

Nach ihrem Abgang bei Blackrock am 1. Juli twitterte Bartsch, sie nehme sich eine Auszeit, die sie dazu nutzen wolle, ihren „nicht makroökonomisch bezogenen Leidenschaften“ nachzugehen. In Zukunft wird im Wirtschaftsministerium wohl vor allem wieder die Makroökonomie Bartschs Kalender füllen.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×