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23.03.2020

17:50

Coronakrise

Glitzerparadies Dubai steht vor dem Ruin

Von: Mathias Brüggmann

Wegen der Coronakrise droht Dubai eine Wirtschaftskrise. Dass die Weltausstellung Expo 2020 im Herbst dort stattfindet, glauben nur noch wenige.

Dubai droht wegen Coronavirus eine Wirtschaftskrise AFP

Skyline von Dubai

Die Expo 2020 sollte drei Millionen Touristen zusätzlich bringen.

Berlin Emirates, die weltgrößte Langstrecken-Fluggesellschaft, stellt von Mittwoch an den Flugbetrieb ein, Etihad Airways aus Abu Dhabi ab Freitag. Dubais riesige weiße Sandstrände sind gesperrt – damit sie nicht weiter Sonnenhungrige anlocken.

Die weltberühmten Mega-Shoppingmalls wurden am Montag für mindestens zwei Wochen geschlossen, Freizeitparks sind dicht, die gerade erst aufgebaute Kreuzfahrtsparte des Hafengiganten DP World steht still. Auf den höchsten Wolkenkratzer der Welt – den 828 Meter hohen Burj Khalifa – dürfen keine Touristen mehr. Die gerade zum Luxushotel restaurierte „Queen Elizabeth 2“ stellt den Betrieb ein.

Und das sind nur die sichtbarsten und auffälligsten Zeichen dafür, dass das einst so strahlende Emirat vor dem Ruin steht. Es ist nicht lange her, da hatte Dubai begonnen, sich vom Öl unabhängig zu machen.

Ein wahres Glitzeremirat mit atemberaubenden Hochhäusern, gigantischen Malls und weltberühmten Unterhaltungseinrichtungen wurde auf dem Wüstensand errichtet. Am Rande der Übermorgenmetropole wachsen gerade die futuristischen Pavillons für die Weltausstellung Expo 2020 aus dem Boden, die am 20. Oktober für ein halbes Jahr Millionen Besucher empfangen soll. Doch die Coronakrise droht alle Pläne des kleinen Emirats, das mit seinem Strukturwandel zum Vorbild für die meisten Golfstaaten wurde, zunichte zu machen.

Auf Hilfe des großen Bruders Abu Dhabi kann Dubai nicht hoffen. Das Hauptemirat der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ist der viertgrößte Ölförderer des Opec-Kartells und ist vom Ölpreis-Kollaps hart getroffen.

Emirates und Etihad stellen Flugverkehr ein

Seit Saudi-Arabien am 7. März verkündet hatte, die Ölproduktion trotz der zuletzt drastisch gesunkenen Rohölnachfrage, hochzufahren, ist der Ölpreis geradezu abgestürzt. Auch Abu Dhabis Staatsölkonzern Adnoc hat sich der saudischen trategie angeschlossen und eine Fördererhöhung von vier auf fünf Millionen Barrel (je 159 Liter) täglich angekündigt.

Damit schließt das wichtige Drehkreuz am Golf, auch für Transitflüge. Mit den neuen Beschränkungen drohen nun viele Passagiere weltweit festzusitzen. Dubai ist der am meisten frequentierte Flughafen der Welt. „Die Welt ist aufgrund des Ausbruchs von Covid-19 buchstäblich in Quarantäne gegangen“, begründete Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum, CEO der Emirates Group, die Einstellung der Flüge.

Seine Airline habe bis zuletzt die Flüge aufrechterhalten, um möglichst vielen Menschen die Rückkehr in ihre Heimatländer zu ermöglichen. Nun seien sie nicht einmal mehr ansatzweise profitabel und zumeist wegen der Abschottung vieler Länder gar nicht möglich. Gleichzeitig kürzt Emirates den Beschäftigten die Gehälter für drei Monate um ein Viertel oder sogar die Hälfte, will aber dafür vorerst keine Mitarbeiter entlassen.

Umsatzverluste von 7,2 Milliarden Dollar

Insgesamt rechnen die Experten der International Air Transport Association (IATA) mit Umsatzverlusten für die Luftfahrtindustrie in der Golfregion von 7,2 Milliarden Dollar durch Ticketerstattungen.

Der Coronavirus könne am Ende zu einem Verlust von bis zu 347.000 Arbeitsplätzen führen. Die regionale Luftfahrtindustrie befinde sich „in Aufruhr“. Um die Fluggesellschaften zu retten, seien global mindestens 200 Milliarden Dollar nötig, so die IATA.

Wegen Corona stellen nun Dubais Fluggesellschaft Emirates und der schon seit langem kriselnde Rivale Etihad aus Abu Dhabi den Personenflugverkehr ein. Bloomberg

Emirates

Wegen Corona stellen nun Dubais Fluggesellschaft Emirates und der schon seit langem kriselnde Rivale Etihad aus Abu Dhabi den Personenflugverkehr ein.

Noch schlimmer sieht es in Dubai in anderen Sektoren aus: Die Coronakrise, die in den VAE bisher zu zwei Todsopfern und 198 Infizierten unter den 9,2 Millionen Einwohnern geführt hat, verschärft die ohnehin schon grassierende Immobilien-Krise.

Khalaf Ahmad Al Habtoor, einer der größten Hotel-, Sport- und Entertainment-Anbieter Dubais, hat bereits den Baustopp für Hotels gefordert. Neu eröffnete Anlagen haben bereits wieder geschlossen und immer mehr traditionsreiche Nobelherbergen schließen. Denn der Millionen-Touristenstrom ist wegen des Einreisestopps für Ausländer komplett versiegt.

Große Hotelketten wie die Jumeirah Group leiden nicht nur unter dem Crash auf dem Heimatmarkt. Sondern auch darunter, dass sie in große Projekte überall am Golf investiert haben, die jetzt leer stehen. Dabei sollte die Expo 2020 drei Millionen Touristen zusätzlich bringen.

Insgesamt hatte Dubai ohnehin mit 20 Millionen Reisenden ins Emirat 2020 gerechnet. Auch Dubais weit über das Emirat dominierende Immobilien- und Developmentkonzerne geraten in eine tiefe Krise. Die Immobilienpreise fallen seit Monaten.

Dennoch sollen allein 48 500 neue Wohnungen noch vor Eröffnung der Expo 2020 bezugsfertig werden. 80 000 sollen es im Gesamtjahr werden. „Das ist so viel wie nie zuvor in einem Jahr“, warnt Dana Salbak, Researchchefin für die Region Mittlerer Osten und Nordafrika (Mena) beim Immobilienkonzern JLL. Es gebe bereits einige erhebliche Verzögerungen der Übergabe fertig gestellter Immobilien an den Projektentwickler.

Sorge bei Dubais Indern vor einem Rauswurf

Denn es gibt immer weniger Käufer. Stattdessen steigt die Zahl derer, die ihre Jobs verloren haben sowie in Verzug kommen mit ihren Hypothekenkrediten. Um einen Kollaps zu verhindern beschloss Dubais Regierung, ab 1. April zinslose Stundungen von Ratenzahlungen. Wohnungsräumungen wegen nicht gezahlter Hypotheken oder Mieten wurden gestoppt. Zudem weiteten die VAE ihr ökonomisches Stimuluspaket auf 34 Milliarden Dollar aus.

Zugleich steigt der Druck auf Mietpreise, da vor allem Inder gedrängt würden, Dubai wegen der Coronakrise zu verlassen, berichtet die Menschenrechtsorganisation „Detained in Dubai“. Deren Chefin, Radha Stirling, ist überzeugt, dass „die Coronavirus-Krise die Unternehmen noch stärker in Mitleidenschaft ziehen wird als der Absturz im Jahr 2009“.

Auch für Expats seien die Folgen „katastrophal“. Mit über zwei Millionen stellen indische Staatsangehörige die größte Gruppe der in den VAE arbeitenden Ausländer. Mit BR Shetty ist bereits ein prominenter Inder aus den VAE geflohen.

Der 77-jährige Milliardär ist als Gründer der Krankenhauskette NMC Health und des Finanzdienstleisters UAE Exchange zum reichsten Inder der Emirate aufgestiegen. Ihm wird Betrug vorgeworfen - er entschloss sich zur Flucht.

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