Die EU-Kommission hat ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen an die EU-Staaten veröffentlicht. Wer sie ignoriert, könnte bei den Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds leer ausgehen.
Pressekonferenz der EU-Kommission
Brüssel mahnt die 27 EU-Staaten in ihren wirtschaftspolitischen Empfehlungen zur mehr Investitionen.
Bild: AFP
Brüssel Alle Jahre wieder legt die EU-Kommission im Mai ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten vor, und jedes Jahr wird die Brüsseler Behörde erneut frustriert. Viele Forderungen aus Brüssel werden in den Hauptstädten nämlich schlichtweg ignoriert. Das gilt auch für Deutschland.
Schon seit Jahren verlangt die Kommission regelmäßig, dass der größte Mitgliedsstaat seine Investitionen etwa in Forschung und Bildung drastisch steigern müsse. Gestiegen sind die Investitionen in Deutschland zwar tatsächlich – doch bei Weitem nicht in dem von der Kommission geforderten Ausmaß.
Doch nun gibt es Hoffnung für die Kommission: An diesem Mittwoch haben die beiden für Wirtschaft zuständigen Kommissare Valdis Dombrovskis und Paolo Gentiloni wieder ihre Empfehlungen vorgelegt – und dieses Mal können sie mit der vollen Aufmerksamkeit der Adressaten rechnen.
Der Grund dafür findet sich im Corona-Wiederaufbauplan, den die Kommission kommende Woche vorstellt. Das billionenschwere Hilfsprogramm enthält eine Bedingung: Wer Mittel daraus erhalten will, muss die wirtschaftspolitischen Empfehlungen umsetzen. Er sei „nicht so pessimistisch“, dass diese Verknüpfung zu guten Ergebnissen führen werde, sagte Dombrovskis.
Die Konditionalität gilt auch für Deutschland. Deshalb lohnt es sich für Bundesregierung und für die Landesregierungen, sich die diesjährigen Empfehlungen aus Brüssel genauer anzusehen. Mit dem Anti-Coronakrisen-Programm der deutschen Politik ist die Kommission prinzipiell ganz zufrieden. „Die deutsche Regierung hat schnell reagiert und weitreichende Maßnahmen beschlossen“, heißt es in der länderspezifischen Empfehlung für den größten EU-Staat.
Gegen die Investitionsschwäche, die Brüssel seit Jahren beklagt, müsse Deutschland aber mehr tun. Zusätzliche Investitionen müssten sich auf „den grünen und digitalen Wandel, insbesondere den nachhaltigen Verkehr, saubere und effiziente Energiesysteme, die digitale Infrastruktur und Bildung, den Wohnungsbau, die Bildung sowie auf Forschung und Innovation konzentrieren“, schreibt die Kommission.
Beim Breitbandausbau gebe es in Deutschland einen „substanziellen“ Rückstand gegenüber anderen EU-Staaten. „Das Niveau der Online-Kommunikation zwischen öffentlichen Verwaltungen und der Bevölkerung ist sehr niedrig“, schreibt die Behörde.
Auch in der umweltfreundlichen Verkehrspolitik hinke Deutschland hinterher. „Eine saubere Mobilität kann mit geeigneten regulatorischen Maßnahmen“ erreicht werden, mahnt die Kommission. Dies könnte man als Hinweis auf das immer noch fehlende Tempolimit auf deutschen Autobahnen verstehen.
Der Staat müsse auch mehr Geld ausgeben für eine umweltfreundliche Verkehrsinfrastruktur. Damit dürften Fahrradwege, Fußgängerzonen und der öffentliche Nah- und Fernverkehr gemeint sein. Viele andere Länder haben auf diesen Gebieten in den letzten Jahren deutlich mehr getan als Deutschland.
Im deutschen Gesundheitswesen laufe ebenfalls längst nicht alles rund. Bei Datenaustausch und Digitalisierung im Medizinbereich befinde sich Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt. Auch gegen den Personalmangel im Pflegebereich werde immer noch zu wenig getan.
Mehr: Lesen Sie hier, warum die Corona-Pandemie die EU zusammenschweißt und Zukunftschancen eröffnet.
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