Die in Kanada gewartete Gas-Turbine für Nord Stream 1 befindet sich in Mülheim an der Ruhr. Der Bundeskanzler will heute Klarheit schaffen, sein Vorgänger sorgt für neuen Diskussionsstoff.
Olaf Scholz
Im Gas-Streit mit Russland will Scholz am Mittwoch die Turbine besichtigen.
Bild: Reuters
Berlin/Mülheim an der Ruhr/Montreal Im Gas-Streit mit Russland will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch die Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 besichtigen, die auf dem Weg von Kanada nach Russland in Mülheim an der Ruhr zwischenlagert. Das teilte der Energietechnik-Konzern Siemens Energy am Dienstag mit. Die Turbine stehe für den Weitertransport nach Russland bereit, hieß es.
Im Interview mit der kanadischen Zeitung „The Globe and Mail“ verteidigte Scholz die Lieferung, die wegen der Umgehung von Sanktionen umstritten ist. „Mit der Lieferung der Turbine haben wir Putins Bluff auffliegen lassen“, sagte er. „Er kann diesen Vorwand nicht mehr verwenden und keine technischen Gründe mehr für ausbleibenden Gaslieferungen ins Feld führen.“
Den wegen der Turbinen-Lieferungen unter Druck geratenen kanadischen Premierminister Justin Trudeau nahm Scholz in Schutz. „Für mich entbehrt die Kritik an Justin Trudeau und seiner Regierung jeglicher Grundlage“, betonte er. „Bei der Entscheidung, die Turbine zu liefern, handelt es sich wohl kaum um eine Gefälligkeit gegenüber Gazprom, sondern vielmehr um ein starkes Zeichen der Unterstützung für Deutschland und Europa.“
Die Wartung und Verschiffung der Nord-Stream-1-Turbine hatte in den vergangenen Wochen für viel Wirbel gesorgt. Die russische Regierung und der Energiekonzern Gazprom auf der einen Seite und Siemens Energy auf der anderen Seite warfen sich zuletzt gegenseitig vor, die reibungslose Auslieferung und den Einbau zu behindern.
Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über Nord Stream 1 zurückgefahren und dies auch mit dem Fehlen der Turbine begründet. Die Bundesregierung wirft der russischen Regierung dagegen vor, mit der Turbine ein Machtspiel zu betreiben und Gas als Druckmittel gegen die westlichen Sanktionen einzusetzen.
Für neuen Diskussionsstoff sorgt nun der frühere Bundeskanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder. Er macht Siemens für die Verzögerungen verantwortlich. „Die Turbinen, die man braucht, um das Gas überhaupt in die Pipeline zu bringen, kommen von Siemens und müssen regelmäßig gewartet werden“, sagte er dem Magazin „Stern“ und den Sendern RTL/ntv in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview.
Gerhard Schröder
Der Altkanzler saß zum Zeitpunkt der russischen Invasion in Führungsgremien der Gaspipeline-Betreiberfirma Nord Stream und des russischen Energiekonzerns Rosneft.
Bild: dpa
„Aber Siemens hat die gerade viel debattierte Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht.“
Dass gegenwärtig nur ein Fünftel der normalen Gasmenge durch die Pipeline fließen – pro Tag 30 Millionen Kubikmeter – sei technisch bedingt, erklärte Schröder weiter. „Es wären schon 60 Millionen, also doppelt so viel, wenn nur Turbine Nummer 2 verfügbar wäre. Das liegt in der Verantwortung von Siemens, wenn ich das richtig sehe.“
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (5)