PremiumRWE vereinbart während des Besuchs von Kanzler Scholz in Abu Dhabi mit der staatlichen Abu Dhabi National Oil Company eine Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG. Deutschland soll auch Diesel beziehen.
Gasturbinengenerator von Saudi Aramco
Deutschland soll aus den Vereinigten Arabischen Emiraten Flüssiggas erhalten.
Bild: AP
Abu Dhabi Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird von seiner zweitägigen Reise auf die arabische Halbinsel nicht mit leeren Händen zurückkehren: Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bauen ihre Energiepartnerschaft aus. Die Regierungen beider Länder unterzeichneten am Sonntag bei Scholz’ Besuch in Abu Dhabi ein Rahmenabkommen, das von zahlreichen Unternehmensabschlüssen begleitet wurde.
So vereinbarte der Energiekonzern RWE einen Vertrag über eine erste Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG). Die Vereinbarung mit der staatlichen Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) sieht noch im Dezember eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG vor, das über ein schwimmendes Terminal in Brunsbüttel nach Deutschland kommt.
„Darüber hinaus hat Adnoc eine Reihe weiterer LNG-Ladungen exklusiv für deutsche Kunden im Jahr 2023 reserviert“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung beider Regierungen. Zudem wird erwähnt, dass die Firma Hoyer monatlich bis zu 250.000 Tonnen Diesel einführen will.
Die Dezember-Lieferung entspricht nur einem Bruchteil dessen, was Deutschland in der Vergangenheit aus Russland bezog: 2020 importierte die Bundesrepublik etwa 56 Milliarden Kubikmeter Erdgas via Pipelines aus dem Land. 137.000 Kubikmeter LNG entsprechen rund 82 Millionen Kubikmetern gasförmigem Erdgas, denn im flüssigen Zustand ist die Menge verdichtet. Das wiederrum sind nur etwa 0,2 Prozent der früheren russischen Jahreslieferung über Pipelines.
Scholz betonte in Abu Dhabi, wie wichtig es sei, bei der Energieversorgung auf möglichst viele Anbieter zu setzen: „Dass man eine Abhängigkeit von einem Lieferanten hat und auch von dessen Entscheidungen abhängig ist, wird uns sicherlich nicht wieder passieren.“ Deutschland werde eine Infrastruktur für Gasimporte bekommen, bei der das Land „nicht mehr wie bei einer Pipelineverbindung unmittelbar auf den konkreten Lieferanten am anderen Ende der Pipeline angewiesen“ sei.
Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Inzwischen sind die Lieferungen von dort zum größten Teil eingestellt worden, und die deutschen Gasversorger suchen nach neuen Bezugsquellen. Die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über die siebtgrößten Erdgasvorkommen weltweit.
In der Erklärung von Sonntag hieß es weiter, Adnoc habe auch eine Reihe von Vereinbarungen mit deutschen Firmen getroffen, darunter Steag und Aurubis. Dabei soll es etwa um Lieferungen von kohlenstoffarmem Ammoniak gehen, einem Trägerbrennstoff für Wasserstoff. Die erste dieser Ladungen sei bereits Anfang September in Hamburg eingetroffen. Beide Länder wollten weitere Möglichkeiten für die Zusammenarbeit in der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette prüfen.
Darüber hinaus soll die VAE-Firma Masdar verstärkt bei Offshore-Windmärkten in der deutschen Nord- und Ostsee aktiv werden. Bis zum Jahr 2030 werde dabei eine Produktionskapazität von bis zu zehn Gigawatt an erneuerbaren Energien angestrebt, „sofern die notwendigen politischen und regulatorischen Anforderungen beider Länder erfüllt werden“.
Olaf Scholz und Mohamed bin Zayed Al-Nahyan
In Abu Dhabi traf der Bundeskanzler auf den Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate.
Bild: via REUTERS
„Mit der Vereinbarung Energy Security and Industry Accelerator (Esia) ermöglichen wir die rasche Umsetzung strategischer Leuchtturmprojekte in den Schwerpunktbereichen erneuerbare Energien, Wasserstoff, LNG und Klimaschutz“, teilte Scholz mit.
Der Kanzler besuchte auf seiner zweitägigen Reise auch Katar. In der Nacht zum Sonntag war bekannt geworden, dass das arabische Land den französischen Energiekonzern Total Energies an einem weiteren Bereich eines Flüssiggasprojekts beteiligt, mit dem Katar seine Fähigkeit für Flüssiggasexporte erheblich steigern will.
Der französische Konzern wird damit in dem gesamten, nach eigenen Angaben weltgrößten Flüssiggasprojekt der erste internationale Partner von Katar. Total steigert demnach seine Flüssiggaskapazität mit dem Projekt um jährlich 3,5 Millionen Tonnen.
Angesprochen auf den Deal sagte Scholz, es sei wichtig, „dass jetzt überall solche Projekte abgeschlossen werden“. Es gehe darum, die hohe Nachfrage zu bedienen, ohne dass auf die russischen Produktionskapazitäten zurückgegriffen werden müsse.
Die hochrangigen Besuche in Katar haben sich in letzter Zeit gehäuft. Zweieinhalb Wochen vor dem Bundeskanzler hatte EU-Ratspräsident Charles Michel dem Emir seine Aufwartung gemacht. Die Europäer gelten indes als schwierige Verhandlungspartner. Von katarischer Seite hieß es, sie scheuten sich aufgrund ihrer ambitionierten Klimaziele, langfristige Lieferbeziehungen einzugehen. In Asien dagegen gebe es wenig Hemmungen, Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren zu schließen, weshalb die Geschäftsbedingungen dort günstiger seien. Sauer stoßen den Kataris auch die Boykottaufrufe gegen die Fußball-WM auf, die in Europa immer lauter werden.
>>> Lesen Sie auch: Milliardenrisiko Margin Calls: Das unterschätzte Problem in der Energiekrise
Dass die Europäer am Ende nicht mit leeren Händen dastehen, scheint jedoch weniger am europäischen Verhandlungsgeschick zu liegen als am Druck der Amerikaner: Die USA hätten deutlich gemacht, dass sie von Katar einen Beitrag zur Linderung der Energiekrise in Europa erwarten, ist aus dem Emirat zu hören. Das amerikanische Drängen habe Eindruck auf das Königshaus gemacht.
Bundeskanzler Scholz hatte seine Reise am Samstag in Saudi-Arabien begonnen und dort Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen. Dabei sprach er auch den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi an. Man habe „alle Fragen besprochen“, die sich um Bürger- und Menschenrechte drehten, sagte Scholz nach dem Gespräch in der Hafenstadt Dschidda. „Das gehört sich so. Und da können Sie von ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist.“ Kronprinz und Kanzler hatten sich mit kräftigem Handschlag und freundlichem Lächeln begrüßt.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (2)