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16.11.2022

13:49

Ex-US-Präsident

„Amerikas Comeback beginnt genau jetzt“ – Trump gibt erneute Präsidentschaftskandidatur bekannt

Von: Annett Meiritz

Gegen den Willen prominenter Republikaner tritt Donald Trump ins Rennen um das Weiße Haus 2024 ein. Der Ex-Präsident steht unter Druck, doch abschreiben sollte man ihn nicht.

Der Ex-Präsident will erneut an die politische Spitze der USA. Reuters

Donald Trump

Der Ex-Präsident will erneut an die politische Spitze der USA.

Mar-a-Lago Mit „USA! USA! USA!“-Sprechchören empfingen Hunderte Partygäste ihr Idol Donald Trump. Er ist der erste moderne Ex-Präsident der USA, der nach einer verlorenen Wahl noch einmal kandidieren will. „Damit Amerika wieder großartig wird, gebe ich hiermit meine Kandidatur für die Präsidentschaft 2024 bekannt!“, rief Trump am späten Dienstagabend. „Amerikas Comeback beginnt genau jetzt“, beschwor er im Ballsaal seines Golfklubs in Mar-a-Lago, vor einer Wand aus US-Flaggen. „Seid ihr bereit?“ rief Trump den jubelnden Gästen zu.

Die Formalien sind bereits erledigt. Laut dem Sender CNN reichte Trumps Team in der Nacht zum Mittwoch die erforderlichen Anträge bei der Wahlaufsichtsbehörde Federal Election Commission (FEC) ein. Damit ist es offiziell: Trump, der 2020 nach einer Amtszeit von Joe Biden besiegt wurde, will sich zum dritten Mal in Folge um die US-Präsidentschaft bewerben.

Laut der „Washington Post“ möchte sich Trump erneut als „Anti-Establishment-Politiker“ inszenieren. Allerdings ist die Lage heute eine andere als 2016, als Trump als Politiker Neuland betrat und viele Protestwähler anzog. Bei den Kongresswahlen in der vergangenen Woche verloren von Trump unterstützte Kandidatinnen und Kandidaten reihenweise, was an seinem Rückhalt in der Partei kratzt.

Trumps Kampagne für 2024 werde voraussichtlich weniger Personal und Budget zur Verfügung haben, schrieb die Zeitung weiter. Sie werde nicht in der Hauptstadt Washington angesiedelt sein, sondern in Florida. Der Ostküstenstaat ist nicht nur Trumps Wohnsitz, sondern auch Heimat seines aktuell größten parteiinternen Konkurrenten, des Gouverneurs Ron DeSantis.

Trumps älteste Tochter Ivanka und sein Schwiegersohn Jared Kushner spielten eine wichtige Rolle in seinen ersten beiden Wahlkämpfen. Bei der neuen Kampagne sollen sie der „Washington Post“ zufolge keinen offiziellen Posten haben. Trump kämpft zudem mit juristischen Problemen: Gegen ihn und seine Geschäftsbeziehungen wird strafrechtlich ermittelt, dazu untersucht der Kongress Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021.

Trumps Rede gab einen Vorgeschmack auf die nächsten Monate

Doch in Trumps Ankündigung spielten solche Hindernisse keine Rolle. Der Ex-Präsident behauptete, er habe „alle Versprechen gehalten“, für eine boomende Wirtschaft und sichere Grenzen gesorgt. „Zu meiner Zeit kamen Unternehmer ins Land geströmt“, behauptete Trump und führte dies auf die von den Republikanern beschlossenen Steuersenkungen und die Strafzölle gegen chinesische Importe zurück.

In der Realität ist Trumps Bilanz gemischt. Zwar war das Wachstum unter ihm zunächst gut, doch er ließ gegen Ende seiner Amtszeit die Coronapandemie aus dem Ruder laufen, die Folge waren eine Rezession und Rekordarbeitslosigkeit.

Trumps Rede in Mar-a-Lago gab einen Vorgeschmack darauf, worauf sich die USA und ihre Verbündeten in einem möglichen Zweikampf mit Joe Biden einstellen müssen. Biden, der am Sonntag 80 Jahre alt wird, hat nahegelegt, erneut für das Weiße Haus zu kandidieren.

Trump hatte Biden bereits 2020 „Sleepy Joe“ genannt, jetzt griff er die mentale und physische Verfassung des Präsidenten frontal an: „Wir haben einen Präsidenten, der auf Konferenzen einschläft. Der einfach mal eben die Namen von Ländern verwechselt“, lästerte Trump.

Trump beleidigte bei seiner Rede den amtierenden Präsidenten Joe Biden. AP

Trump-Unterstützerinnen

Trump beleidigte bei seiner Rede den amtierenden Präsidenten Joe Biden.

„Mit mir“, behauptete Trump, „hätte es keinen Ukrainekrieg gegeben.“ Deeskalierend war er in seiner Amtszeit aber kaum: Er ließ Syrien bombardieren, traf sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und drohte europäischen Partnern damit, die Nato zu verlassen.

Ein zweites Narrativ, das sich bereits abzeichnet, ist der Widerstand gegen die grüne Energiewende der USA. Die „total verrückten, irren, radikalen Linken“ verspielten die Energieversorgung der USA, schimpfte Trump. „Sie sagen, dass in einhundert, zweihundert Jahren das Ozeanwasser steigen wird. Aber hey, nukleare Waffen sind die viel größere Bedrohung, und darüber reden sie nicht!“, so Trump.

Das schlechte Abschneiden der Republikaner bei den Midterms werde sich 2024 nicht wiederholen, versprach er. „Die Menschen fühlen den Schmerz, den Biden ihnen zufügt, noch nicht. Aber das werden sie bald, sehr bald.“

Von Trump unterstützte Kandidatin verlor in Arizona

Ob Trump noch einmal eine ähnliche Wucht wie 2016 entfalten kann, ist unklar. Die Geldflüsse des Ex-Präsidenten, so konnte man bei den Midterms reihenweise beobachten, sind kein Garant mehr für einen Sieg. Auch haben die fanatischen Ansichten vieler Trump-Kandidaten, die Verschwörungstheorien über gefälschte Wahlen verbreiteten, offenbar abgeschreckt.

In Arizona etwa unterlag die von Trump unterstützte Gouverneurskandidatin Kari Lake der Demokratin Katie Hobbs. Lake hat das Wahlergebnis bislang nicht akzeptiert. Und die Republikaner hätten wahrscheinlich den US-Senat erobern können, hätten sich Trumps Senatskandidaten besser geschlagen – die mächtige Kammer bleibt in demokratischer Hand.

Die republikanische Kandidatin unterlag bei den Midterms gegen die Demokratin Katie Hobbs. AP

Kari Lake

Die republikanische Kandidatin unterlag bei den Midterms gegen die Demokratin Katie Hobbs.

Große konservative Medien feierten in der Wahlnacht statt Trump den Gouverneur von Florida, DeSantis. Er gilt als aussichtsreicher Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur. Der Hedgefonds-Milliardär Ken Griffin erklärte kürzlich „Politico“, er wolle nicht noch einmal für Trump spenden, sondern für DeSantis. Und auch Stephen A. Schwarzman, CEO des Private-Equity-Riesen Blackstone, erklärte am Mittwoch gegenüber „Axios“, dass er sich von Trump abwenden werde. „Amerika geht es besser, wenn seine Anführer im Heute und Morgen verwurzelt sind, nicht im Heute und Gestern“, so Schwarzman.

DeSantis ist nicht der Einzige, der es beim Rennen um das Weiße Haus mit Trump aufnehmen könnte. Ex-Vizepräsident Mike Pence, die frühere UN-Botschafterin Nikki Haley, Ex-Außenminister Mike Pompeo oder der Gouverneur von Virginia, Glenn Youngkin, machen sich ebenfalls für eine Kandidatur bereit.

Trump ist der größte Spendensammler der Republikaner

Trump attackierte mehrere von ihnen in den vergangenen Tagen über sein soziales Netzwerk „Truth Social“. Das Feld der Republikaner könnte bei den Vorwahlen 2024 sehr groß werden – womöglich noch größer als 2016, als 17 Kandidaten um die Nominierung buhlten.

Doch abschreiben, das lehrt die Vergangenheit, sollte man Trump nicht. Er ist der einzige US-Präsident, der zweimal ein Amtsenthebungsverfahren schadlos überstand. Ob sich die Republikaner nach sechs Jahren von Trump lösen, ist nicht ausgemacht, schließlich hat er die Partei enorm geprägt und radikalisiert.

Nach wie vor ist Trump der größte Spendensammler, und er euphorisierte Teile der Basis. Im Midterm-Wahlkampf waren seine Kundgebungen brechend voll. Trump hat die „Grand Old Party“, die GOP, demografisch umgestaltet und mehr Wähler aus der Arbeiterklasse, mehr Schwarze und Latinos für die Republikaner begeistern können.

USA

Donald Trump kandidiert für die Präsidentschaftswahl 2024

USA: Donald Trump kandidiert für die Präsidentschaftswahl 2024

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Unter ihm haben die Republikaner einen rasanten Rechtsruck hingelegt und verfolgen einen neuen „America first“-Nationalismus. Allerdings haben die Republikaner, seit sie Trump folgen, drei Mal in Folge Wahlen verloren: die Midterms 2018, die Präsidentschaftswahlen 2020 und die Midterms 2022.

Trump behauptet weiterhin, 2020 seien die Wahlen manipuliert gewesen und der amtierende Präsident Biden habe sie eigentlich verloren. Dafür gibt es jedoch keinerlei Hinweise, mehr als 50 Gerichte wiesen entsprechende Klagen ab. Bis heute verbreitet Trump die Lüge vom Wahlbetrug, eine ganze Bewegung im Land versammelt sich hinter der Verschwörungstheorie.

Am 6. Januar 2021 hatte Trump seine Anhänger aufgefordert, „wie die Hölle zu kämpfen“, um zu verhindern, dass der Kongress Bidens Wahlsieg offiziell bestätigt. Daraufhin marschierten Tausende Trump-Anhänger zum Kapitol in Washington und stürmten den Kongress. Vier Menschen starben bei den Ausschreitungen, mehr als hundert Polizisten wurden verletzt. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters glauben etwa zwei Drittel der republikanischen Wähler, dass Bidens Sieg 2020 unrechtmäßig war.

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