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12.09.2022

11:53

Globale Trends

Der aufhaltsame Aufstieg der Rechtspopulisten

Von: Thomas Hanke

Postfaschisten in Italien, Rechtsextreme in Frankreich, Putin-Freund Orban in Ungarn: Wie der Vormarsch der Rechtsnationalen gestoppt werden kann.

Giorgia Meloni, italienische Politikerin imago images / Italy Photo Press

Giorgia Meloni

Die italienische Politikerin steht für den Aufstieg der Rechten.

Bei den italienischen Parlamentswahlen Ende des Monats wird ein Sieg der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia („Brüder Italiens“) unter Giorgia Meloni erwartet. Nach dem starken Ergebnis der rechtsextremen Partei Rassemblement National bei den französischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und dem vierten Kantersieg in Folge des Putin-Freundes Viktor Orban in Ungarn scheint das die These eines quasi gesetzmäßigen Vormarschs der Rechtsnationalen zu stärken. Für diese These spricht allerdings wenig.

Es gibt keinen gesetzmäßigen Aufstieg der Rechtsnationalen, es gibt nur Fehler der Demokraten. Wenn diese eine Politik fern der Lebenswirklichkeit der Mittel- und Unterschicht betreiben, wechseln deren Wähler zu den Rechtspopulisten. Aber das lässt sich umkehren: So hat sich zwischen 2002 und 2007 der Stimmenanteil der Rechtsextremen in Frankreich fast halbiert.

Manche Beobachter meinen, die Sozialdemokratie trage eine besondere Verantwortung: „Der Aufstieg der Rechtspopulisten muss besonders den Sozialdemokraten zu denken geben, machen doch viele ihrer ehemaligen Wähler inzwischen ihr Kreuz bei den Rechten“, schrieb schon vor sechs Jahren die SPD-Zeitung „Vorwärts“.

Der französische Erfolgsautor Didier Eribon sieht eine direkte Schuld, denn die Linke habe „alles verraten“, wofür sie einmal gestanden habe: „Konsequenterweise enthalten die Arbeiter sich oder stimmen rechtsextrem.“

Sein Landsmann, der Ökonom und Beststellerautor Thomas Piketty drückt das etwas feiner aus, wenn er in politischen Debatten zugunsten der radikalen Linken interveniert: Sozialdemokraten und Sozialisten hätten ihren früheren Einsatz für Umverteilung aufgegeben; die heimatlos gewordenen Arbeiter strömten deshalb zu den Rechtsnationalen.

Doch der Ökonom Piketty dementiert den Polemiker Piketty. In einer Ende 2021 veröffentlichten umfangreichen Studie werten Piketty und zwei Kolleginnen 300 Wahlen von der Nachkriegszeit bis heute in 21 Demokratien aus. Sie weisen nach, dass die gemäßigte Linke nach wie vor eher die unterdurchschnittlich verdienenden Wähler vertritt und sich für Umverteilung einsetzt.

In Frankreich und Italien sind die Konservativen umgefallen

In Deutschland hat die SPD bei der vergangenen Bundestagswahl den höchsten Anteil bei den Arbeiter-Stimmen erreicht, gefolgt von der Union. Die AfD kommt auf einen beachtlichen Anteil, doch sie ist auf dem absteigenden Ast.

In Ländern wie Frankreich und Italien, wo die extreme Rechte besonders stark ist, fällt etwas ganz anderes auf: Der Niedergang der gemäßigten Konservativen ebnet den Rechtsextremen den Weg.

In Frankreich kam die aus den Gaullisten hervorgegangene frühere Regierungspartei Les Républicains bei der Parlamentswahl im Juni nur noch auf unter sieben Prozent der Stimmen, während Rassemblement National über 17 Prozent ergatterte. Die wichtigste Ursache: Politisch wirken die Républicains seit Jahren zunehmend wie eine verwässerte Version der Rechtsextremen. Sie wettern wie das Original gegen Zuwanderung und angebliche Islamisierung des öffentlichen Lebens und diffamieren Europa als Gefahr für Frankreichs Souveränität.

Folgen des Ukraine-Kriegs stärken das Protestpotenzial

In Italien haben Korruption und Verstrickungen mit der Mafia die Christdemokraten implodieren lassen. Ihre Anhänger sind teilweise zur Linken, erheblich zu den Rechtspopulisten der Lega und zu Silvio Berlusconi, aber auch zu den Postfaschisten geströmt. Eine konservative Mitte-Partei wie die CDU existiert in Italien nur noch als Splittergruppe.

Auch in Deutschland haben Rechtsnationale immer wieder Erfolge gefeiert. Die Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine, steigende Preise für Energie und manche Rohstoffe stärken das Protestpotenzial.

Doch deren Exponenten wurden immer wieder erfolgreich bekämpft. Gerade auch durch Konservative, die nicht wie in Frankreich umgefallen sind, sondern standhaft blieben.

Kommentare (4)

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Account gelöscht!

12.09.2022, 14:23 Uhr

Zum vorigen Beitrag: Was hat denn Donald Trump gemacht? Keinen neuen Krieg gestartet? Stimmt, so friedlich wie er war kein Präsident davor. Sobald Biden an die Macht kam eskalierte der Ukraine-Konflikt.

Die wahren Populisten hierzulande sind nicht Wagenknecht oder Weidel, sondern Baerbock, Habeck, Merz&Co.

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