Brüssel will grünen Umbau der Wirtschaft beschleunigen – und errichtet Handelsschranken. Die Planungsvorgaben stoßen in der Wirtschaft auf Kritik.
Solaranlage, Windräder
Beide Energiebereiche stuft die EU als strategisch wichtig ein.
Bild: imago images/Jürgen Held
Brüssel Im globalen Wettbewerb um grüne Technologien setzt die Europäische Union nun auch auf protektionistische Regeln. Um etwa den Import von Solarzellen aus China zu beschränken, verschärft sie die Ausschreiberegeln für öffentliche Aufträge.
Im „Net Zero Industry Act“, der am Donnerstag vorgestellt wurde, wird als neues Kriterium bei der Auftragsvergabe die Angebotssicherheit eingeführt. Unternehmen aus Drittstaaten, die in bestimmten Sektoren einen EU-Marktanteil von mehr als 65 Prozent haben, sollen künftig von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.
China wird in dem Gesetzentwurf nicht explizit erwähnt, aber die Vorschrift würde chinesische Hersteller von Solarzellen, Wärmepumpen und anderen klimafreundlichen Technologien treffen. Die EU hofft, so den Aufbau der heimischen grünen Industrie zu fördern, ohne gegen das Diskriminierungsverbot der Welthandelsorganisation zu verstoßen.
Die stärkere Unabhängigkeit von China ist auch das Ziel der Rohstoffverordnung, die die EU-Kommission ebenfalls am Donnerstag vorlegte. Nachdem die EU sich von der russischen Energie abgenabelt habe, dürfe sie nun nicht in die nächste Abhängigkeit rutschen, sagte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Bei vielen kritischen Rohstoffen sei China der dominante Anbieter. Deshalb treibe man nun die Diversifizierung der Lieferketten voran.
Beide Gesetze setzen ehrgeizige Produktionsziele. Bis 2030 soll die heimische Industrie mindestens 40 Prozent des Bedarfs an grünen Technologien decken. Auch sollen 40 Prozent der benötigten Rohstoffe auf dem eigenen Territorium verarbeitet werden.
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Der heimische Bergbau soll bis dahin zehn Prozent des Bedarfs fördern. Aktuell sind es drei Prozent. Dafür sollen vor allem die Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden. So können Mitgliedstaaten die Antragszeiten für strategische Klimaprojekte auf neun bis zwölf Monate verkürzen.
Acht Technologien werden als strategisch eingestuft: Solar, Windkraft, Batterien, Wärmepumpen, Elektrolyseure, Biogas, CO2-Speicherung und Netzwerkinfrastruktur. Kürzlich hatte die Kommission bereits die EU-Beihilferegeln gelockert, damit Regierungen diese Sektoren stärker fördern können.
Die Rohstoffverordnung enthält eine Liste mit 16 strategischen Rohstoffen. Für deren Beschaffung schließt die Kommission Rohstoffabkommen in aller Welt. Die Mitgliedstaaten sollen obendrein ihre Genehmigungsverfahren für neue Bergbauprojekte von zehn auf zwei Jahre beschleunigen.
Die Vorgabe von Produktionszielen geht manchen Kritikern zu weit. Von „Planwirtschaft“ sprach Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte, die Produktionsquoten erinnerten an die Fünf-Jahres-Pläne aus Zeiten des Sozialismus.
Die Kommission wies den Vorwurf entschieden zurück. „Wir haben keine Planwirtschaft“, sagte Dombrovskis. Die Produktionsziele seien nämlich nicht verbindlich.
Sein Kollege Frans Timmermans ergänzte, es sei „nicht altmodisch“, heutzutage eine Industriepolitik zu haben. Im Gegenteil: „Es ist das, was man machen muss, wenn man mitten in einer industriellen Revolution steckt.“ Die Chinesen hätten vor zehn Jahren vorgemacht, wie es geht.
Auch das Rohstoffgesetz ist umstritten. Der Bergbaukonzern Rio Tinto teilte mit, die EU erkenne nun an, „dass der Bergbau für den ökologischen und digitalen Wandel von entscheidender Bedeutung ist“. Europa müsse alle verfügbaren Optionen nutzen, um seine Ziele zu erreichen.
Die grüne Europaabgeordnete Henrike Hahn warnte hingegen: „Ein blinder Ruf nach mehr Bergbau ist fehl am Platz.“ Bergbau in europäischen Schutzgebieten müsse tabu bleiben.
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