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20.04.2022

12:00

Internationale Beziehungen

Welche Länder helfen der Ukraine am meisten?

Von: Teresa Stiens

In absoluten Zahlen leisteten die USA in den ersten Kriegswochen die meiste Hilfe. Im Verhältnis zum BIP überzeugt allerdings ein kleineres Land. Deutschland liegt nur im Mittelfeld.

Selenski hat die internationale Gemeinschaft wiederholt um finanzielle und militärische Unterstützung gebeten. dpa

Ukraines Präsident Wolodimir Selenski spricht zum Bundestag

Selenski hat die internationale Gemeinschaft wiederholt um finanzielle und militärische Unterstützung gebeten.

Berlin Weltweit schicken Nationalstaaten derzeit finanzielle, humanitäre oder militärische Hilfe in die Ukraine, um das Land bei der Verteidigung vor dem russischen Angriffskrieg zu unterstützen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat jetzt anhand von Medienberichten und offiziellen Regierungsstatements rekonstruiert, welches Land bisher wie viel dieser Hilfe geleistet hat.

Die Zahlen des IfW beziehen sich allerdings nur auf den Zeitraum zwischen dem Ausbruch des Kriegs am 24. Februar und dem 27. März. Die angekündigte Unterstützung der Bundesregierung von über einer Milliarde Euro an die Ukraine in Form von Rüstungshilfen ist darin also noch nicht mit eingerechnet. Die Zahlen würden jeweils mit zwei bis drei Wochen Verzögerung für den Vormonat aktualisiert, heißt es vom IfW.

Insgesamt seien im jetzt untersuchten Zeitraum rund 13 Milliarden Euro an die Ukraine gegangen, resümiert das IfW in seinem Bericht für Februar/März. Dazu zählen auch Materiallieferungen für militärische oder humanitäre Zwecke, die das Institut für die Auswertung im sogenannten „Ukraine Support Tracker“ quantifiziert hatte.

Auf Platz eins der Länder mit den höchsten absolut bestrittenen Leistungen liegen demnach die USA mit knapp 7,6 Milliarden Euro. Weit dahinter auf dem zweiten Platz Polen mit knapp einer Milliarde. Deutschland rangiert auf Platz vier mit etwa einer halben Milliarde Euro Unterstützung.

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Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW Kiel und verantwortlich für den Ukraine Support Tracker äußert sich gegenüber dem Handelsblatt überrascht über die vergleichsweise niedrigen Unterstützungssummen aller Länder. „Ich bin eigentlich Finanzkrisenforscher, und die Summen, die dabei im Spiel sind, sind oft um ein Hundertfaches höher“, sagt Trebesch.

In einigen Ländern, wie auch in Deutschland, würden die privaten Spenden die Unterstützung der Regierung übersteigen. So waren laut dem IfW hierzulande bis zum 25. März 631 Millionen Euro privater Geldgeber für humanitäre Hilfe bereitgestellt worden. Olaf Scholz hatte Ende März lediglich 370 Millionen Euro für diesen Zweck angekündigt. Wie viel davon bis heute tatsächlich ausgezahlt wurde, ließ sich laut IfW allerdings nicht nachhalten.

Unzureichende Informationslage

Auch bei den Militärunterstützungen sieht der Bericht eine teils nur unzureichende öffentliche Informationslage. Im Falle von Frankreich etwa habe es im Untersuchungszeitraum nur eine öffentliche Bekanntmachung aus dem Élysée-Palast gegeben, dass Defensivwaffen an die Ukraine geliefert worden seien.

Da hier allerdings genaue Angaben fehlten, rechnete das IfW die militärische Unterstützung Frankreichs nicht mit ein. Auch genaue Details über deutsche Waffenlieferungen hält die Bundesregierung zurück.

Beim Blick auf die anteilige Unterstützungsleistung, gemessen am BIP, finden sich vor allem Nachbarstaaten von Russland auf den ersten Plätzen. Estland, das fast 0,8 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Ukraine aufwendet, führt die Liste an, gefolgt von Polen mit fast 0,2 Prozent und Litauen mit 0,05 Prozent.

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„Die räumliche Nähe zu Russland oder der Ukraine spielt offensichtlich eine große Rolle für das Engagement einiger osteuropäischer Länder“, schätzt Trebesch. Außerdem sei es beachtlich, dass die USA mehr geben würden als die gesamte EU, in deren Nachbarschaft der Krieg tobe.

Alle EU-Länder kamen zusammen laut Berechnungen des IfW bis zum 27. März auf 2,9 Milliarden Euro an Hilfe. Dazu kommen noch 1,4 Milliarden Euro aus den EU-Institutionen und zwei Milliarden Euro von der Europäischen Investitionsbank.

Zum Vergleich: Für den Afghanistaneinsatz, an dem die Bundeswehr beteiligt war, hat allein Deutschland insgesamt über 17 Milliarden Euro aufgewendet. Dabei handelte es sich allerdings auch um einen Konflikt, der über 20 Jahre andauerte.

Bemerkenswert findet Trebesch, dass die innenpolitischen Pakete zur Abfederung der ökonomischen Folgen des Ukrainekriegs in Westeuropa häufig besser finanziell ausgestattet würden als die Ukraine selbst. Das Entlastungsprogramm der Bundesregierung für gestiegene Energiepreise etwa dürfte über 15 Milliarden Euro kosten, demgegenüber stehen deutsche Hilfszusagen für die Ukraine von mittlerweile ca. drei Milliarden. „Da zeigt sich eine eindeutige Ausgabenpriorität.“

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