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20.03.2023

13:22

Israel

Netanjahu kündigt Abschwächung der geplanten Justizreform an

Mit der umstrittenen Reform wollte sich die israelische Regierung mehr Einfluss auf die Auswahl von Richtern sichern. Jetzt rudert Ministerpräsident Netanjahu zurück.

In der Bevölkerung stieß die geplante Reform auf Protest. dpa

Benjamin Netanjahu

In der Bevölkerung stieß die geplante Reform auf Protest.

Jerusalem Nach mehr als zwei Monaten massiver Proteste hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Abschwächung der geplanten Justizreform angekündigt. Ursprünglich sollte das von der weit rechts stehenden Regierung angestrebte Gesetzespaket bis zum 2. April ratifiziert sein, wenn die Knesset in die Parlamentspause geht. Am Montag erklärten Netanjahu und seine religiös-nationalistischen Koalitionspartner, die meisten Vorhaben würden zurückgestellt, bis die Knesset am 30. April wieder zusammentritt.

Im Mittelpunkt der Reform steht das Verfahren zur Auswahl der Richter. Die Regierung will ihren Einfluss dabei stärken und die Befugnisse des Obersten Gerichtshofs einschränken. Sie begründet dies mit dem Vorwurf, Richter hätten sich in die Politik eingemischt. Kritiker werfen der Regierung vor, die Unabhängigkeit der Justiz einschränken zu wollen.

In einer Erklärung der Regierung vom Montag hieß es, es bleibe bei der geplanten Überprüfung der Richter in einem Auswahlgremium. Auch solle dieses Gremium wie ursprünglich von neun auf elf Mitglieder erweitert werden.

Im ursprünglichen Gesetzentwurf sollten ihm drei Kabinettsminister, zwei Abgeordnete der Regierungskoalition und zwei von der Regierung gewählte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören. Damit hätte die Regierung über eine Mehrheit von sieben zu vier Stimmen verfügt.

In der geänderten Fassung soll das Gremium aus drei Kabinettsministern, drei Abgeordneten der Regierungskoalition, drei Richtern und zwei Abgeordneten der Opposition bestehen. Das könnte eine knappere Mehrheit der Regierung von sechs zu fünf bedeuten. Außerdem sieht der geänderte Entwurf vor, dass nicht mehr als zwei Richter des Obersten Gerichtshofs durch regelmäßige Abstimmungen in einer bestimmten Sitzung der Knesset ernannt werden können.

Israel

Netanjahu kündigt Abschwächung der geplanten Justizreform an

Israel: Netanjahu kündigt Abschwächung der geplanten Justizreform an

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Am Samstag hatten Israelis das elfte Wochenende in Folge gegen die geplante Reform protestiert. Sie werfen der Regierung aus Konservativen, religiösen Fundamentalisten und rechten Nationalisten vor, die demokratische Kontrolle von Ministern durch die Gerichte zu gefährden. Daher stehe die Zukunft der Demokratie auf dem Spiel. Staatspräsident Isaac Herzog hat für eine Verschiebung der Reform plädiert.

In der Mitteilung vom Montag, die die vorgesehenen Abschwächungen umreißt, schlug die Regierung nun einen auffällig umsichtigeren Ton an, als in der Vorstellung der ursprünglichen Gesetzesvorlage am 4. Januar. Die Koalition erklärte, sie reiche „jedem die Hand, dem die nationale Einheit und der Wunsch nach einer Einigung aufrichtig am Herzen liegt“.

Oppositionschef Jair Lapid wies das Angebot jedoch zurück. Es habe sich nichts Wesentliches geändert. „Dieser jüngste Koalitionsvorschlag ist eine Blaupause für eine feindliche Übernahme des Justizsystems.“ Aktivisten wiederum warfen Netanjahu vor, er versuche, „den Protest mit schönen Worten einzuschläfern“. In den eigenen Reihen des Regierungschefs gingen die Zugeständnisse einigen dagegen zu weit: „Ich bin an einem Morgen der Kapitulation aufgewacht“, sagte die Likud-Abgeordnete Talli Gotliw im Radio.

Von

rtr

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