Polen lenkt im Streit mit der EU ein und stimmt für eine Abschaffung der Disziplinarkammer für Richter. Damit dürfte der Weg frei sein für milliardenschwere EU-Hilfen.
Ursula von der Leyen und Andrzej Duda
Polen will die von der EU vielfach kritisierte Disziplinarkammer abschaffen.
Bild: Reuters
Warschau Der polnische Sejm hat ein Gesetz zur Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer für Richter gebilligt. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Freigabe von milliardenschweren Corona-Hilfen durch die EU-Kommission getan. In zweiter Lesung stimmten am Donnerstag nach Angaben der Agentur PAP 231 Abgeordnete für den Entwurf, dagegen waren 208. Es gab 13 Enthaltungen. Das Gesetz geht nach der Verabschiedung im Sejm nun an die zweite Parlamentskammer, den Senat.
Präsident Andrzej Duda hatte Anfang Februar angekündigt, die von der EU vielfach kritisierte Disziplinarkammer abschaffen zu wollen. „Wir brauchen diesen Disput nicht“, sagte Duda damals. Ein anderes Gremium solle die Kammer ersetzen. Im Zuge der Justizreform suspendierte Richter sollen wie gefordert wieder eingesetzt werden. Er wolle damit der Regierung ein Werkzeug geben, den Streit mit der Kommission zu beenden.
Anstelle der umstrittenen Disziplinarkammer soll eine neue „Kammer für berufliche Verantwortung“ eingerichtet werden. Für deren Besetzung sollen unter allen Richtern des Obersten Gerichts mit Ausnahme des Gerichtspräsidenten 33 Personen ausgelost werden. Der Staatspräsident wird aus ihnen jeweils elf Richter für eine Amtszeit von fünf Jahren auswählen.
Der Entwurf sieht auch die Einführung einer Prüfung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Richter vor. Die EU hat Corona-Hilfen für Polen blockiert und will sie nur freigeben, wenn wichtige Teile der Justizreform der nationalkonservativen PiS-Regierung rückgängig gemacht werden. Dazu gehört auch die Abschaffung der Disziplinarkammer.
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Die Einführung der Disziplinarkammer war Kernbestandteil der Justizreform in Polen von 2018. Sie kann jeden Richter und Staatsanwalt entlassen. Im Oktober verurteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Polen zu einer Strafzahlung von einer Million Euro täglich, solange die Kammer nicht abgeschafft ist.
Zudem versperrte die Kammer Polen den Weg zu den Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds. Bevor sie diese verteilt, muss die EU-Kommission prüfen, ob das Geld im Empfängerland einer rechtsstaatlich sauberen Kontrolle durch die Justiz unterliegt. Noch gibt es allerdings kein ausgearbeitetes Gesetz, anhand dessen die EU beurteilen könnte, ob mit den angekündigten Änderungen die Forderungen erfüllt werden.
Schon im August hatte Vizepremier Jaroslaw Kaczynski, der als mächtigster Mann der polnischen Politik gilt, eine baldige Auflösung der umstrittenen Disziplinarkammer angekündigt, weil sie ohnehin die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfülle.
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