Österreichs Bundesland dürfte die erste Region Europas sein, die zu dieser Maßnahme greift. Die Fallzahlen sind in die Höhe geschnellt und Impfskeptiker dort stark vertreten.
Thomas Stelzer
Die Situation sei dramatisch, sagte der Landeshauptmann von der konservativen ÖVP.
Bild: dpa
Wien Österreich ergreift immer schärfere Maßnahmen gegen die sich im Land ausbreitende vierte Coronawelle. Geplant ist nun sogar ein regionaler Lockdown für Ungeimpfte. Ab kommendem Montag soll das im Bundesland Oberösterreich gelten.
Einwohner, die sich bisher nicht gegen Covid-19 impfen lassen haben, dürfen das Haus dann nur noch zum Arbeiten, zum Spazieren und zum Einkaufen verlassen. Die Situation sei dramatisch, sagte Landeshauptmann Thomas Stelzer von der konservativen ÖVP.
Oberösterreich dürfte die erste Region Europas sein, die für Ungeimpfte einen Lockdown einführen will. Einem Lockdown für Geimpfte erteilte Bundeskanzler Alexander Schallenberg dagegen eine Absage: „Ich sehe nicht ein, dass zwei Drittel ihrer Freiheit verlustig gehen, weil ein Drittel zaudert.“ Schallenberg sprach damit Österreichs niedrige Impfquote an.
Die drastische Maßnahme eines Lockdowns für Ungeimpfte ist in Österreich spätestens seit Mittwoch in der Diskussion. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Die Grünen) schlug an jenem Tag Lockdowns für Oberösterreich und Salzburg vor. Beide Bundesländer weisen sehr hohe Sieben-Tage-Inzidenzen auf, in Oberösterreich beträgt sie 1193, in Salzburg 1142.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Mediziner richteten teilweise dramatische Appelle an die Politik. Der Lungenspezialist Bernd Lamprecht von der Kepler Uniklinik in Linz sagte etwa, dass man nicht mehr wahnsinnig viel Zeit habe: „Ein Normalbetrieb in den Spitälern ist nicht mehr möglich.“
Trotzdem sah es noch am Mittwochabend danach aus, als ob die Landeshauptleute von Salzburg und Oberösterreich unter keinen Umständen zu einem Lockdown für Ungeimpfte greifen wollten. Besonders groß schien der Widerwille von Wilfried Haslauer (ÖVP) zu sein, dem Landeshauptmann von Salzburg. Am Mittwochabend sagte er, er wolle zuerst Gespräche mit Experten führen, bevor über den Lockdown entschieden werde.
Als Einwand brachte er vor, dass man die Maßnahme nicht kontrollieren werden könne. „Wir müssen daher eine Diskussion führen, ob der Vorschlag von Gesundheitsminister Mückstein realistisch ist“, sagte er. Vertreter des Handelsverbands verkündeten denn auch, dass die Angestellten der Geschäfte keine Eingangskontrollen vornehmen würden.
Salzburgs Landeshauptmann Haslauer sieht vorerst davon ab, dem Beispiel Oberösterreichs zu folgen. Auf jeden Falle wagt man sich auf rechtlich schwieriges Gebiet vor. Noch bestehen in Österreich Zweifel, ob sich ein Lockdown für Ungeimpfte juristisch rechtfertigen lässt. Offenbar will sich Gesundheitsminister Mückstein am Freitag nochmals mit den beiden Landeshauptleuten besprechen. Danach sollen die Details der rechtlichen Umsetzung bekannt gegeben werden.
Die Vorgänge in Oberösterreich haben das ohnehin angespannte politische Klima im Land weiter verschlechtert. Oberösterreichs Parteien SPÖ, Grüne und Neos gaben eine gemeinsame Erklärung zur Lage ab. Darin machten sie Landeshauptmann Stelzer und dessen zögerliches Vorgehen für die Lage im Bundesland verantwortlich.
Die „bewusste Untätigkeit im Sommer“ des Landeshauptmanns werde nun auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen, teilten sie mit. Hier schwingt der Vorwurf mit, Stelzer und ÖVP-Vertreter hätten die Infektionslage vor den Landeswahlen im September schöngeredet. Das sei mit dem Hintergedanken geschehen, der FPÖ, deren Mitglieder jegliche Coronamaßnahmen teilweise vehement ablehnen, keine Munition zu liefern. Oberösterreich ist insofern speziell, als dass die Impfquote im Bundesland so niedrig ist wie sonst nirgends im Land – nämlich 55 Prozent. Die Schlusslichter bilden Regionen mit einem traditionell hohen Anteil an sehr rechten Wählern wie das Innviertel.
Wie gewichtig das kritische Lager im Bundesland ist, zeigte sich dann bei den Wahlen: Die Impfgegner von der Liste Menschen, Grundrechte, Freiheit (MFG) schafften aus dem Stand den Einzug in den Landtag mit einem Stimmenanteil von 6,2 Prozent.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×