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26.07.2020

16:46

Kanada

Die Regierung von Justin Trudeau gerät in Not – Konservative fordern Rücktritt

Von: Gerd Braune

Trotz persönlicher Beziehungen hatte sich der kanadische Premier an einem Entscheidungsprozess beteiligt. Nun ermittelt ein Ethikbeauftragter des Parlaments.

Die Organisation „We Charity“ steht Trudeau politisch nahe. AP

Justin Trudeau

Die Organisation „We Charity“ steht Trudeau politisch nahe.

Ottawa Die Kontroverse um einen umstrittenen Vertrag mit einer gemeinnützigen Organisation bringt die Regierung des kanadischen Premierministers Justin Trudeau in Bedrängnis. Der Ethikbeauftragte des Parlaments ermittelt, ob Trudeau und sein Finanzminister Bill Morneau gegen das Gesetz zur Verhinderung von Interessenkonflikten verstoßen haben. Die Konservativen fordern den Rücktritt von Regierungschef und Minister.

Sowohl Trudeau als auch Morneau haben sich inzwischen für ihr Verhalten in der von der konservativen Opposition als „Trudeaus 900-Millionen-Dollar-Skandal“ bezeichneten Kontroverse entschuldigt. Das genügt den Konservativen nicht. Sie fordern die Bundespolizei RCMP zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Premierminister auf.

Der Vorsitzende der Konservativen, Andrew Scheer, verschärfte am Wochenende seine Attacken. Trudeau und Morneau sollten „zum Wohle des Landes“ zurücktreten. Scheer rief die Liberalen-Fraktion auf, Trudeau zum Rücktritt zu zwingen. „Was muss noch passieren, damit die Liberalen das Vertrauen in ihren Premierminister verlieren?“ Auch der Vorsitzende des Bloc Quebecois, Yves-Francois Blanchet, forderte den Rücktritt. Gegenwärtig ist das Parlament in der Sommerpause, aber der Bloc plant die Einbringung eines Missbilligungsantrags gegen die Minderheitsregierung.

Die Regierung hatte im Juni ein 900 Millionen kanadische Dollar (600 Millionen Euro) umfassendes Programm beschlossen, das Studenten, die wegen der Covid-19-Krise keine Sommerjobs bekommen, bezahlte gemeinnützig Arbeit ermöglichen sollte.

Die Umsetzung dieses „Canada Student Service Grant“ wurde der Organisation „We Charity“ übertragen. Sie sollte dafür umgerechnet zwölf Millionen Euro erhalten. „We Charity“ war 1995 von den Brüdern Craig und Marc Kielburger in Toronto gegründet worden.

Poltische Nähe

„We Charity“ steht Trudeau politisch nahe. Seine Frau, Sophie Gregoire Trudeau, fungiert als „Botschafterin“ der Organisation. Jetzt wurde bekannt, dass Margret Trudeau, die Mutter des Regierungschefs, und dessen Bruder Alexandre Honorar für Auftritte bei „We“-Veranstaltungen erhielten. Seitdem wird Trudeau vorgeworfen, er habe einer Organisation, die seine Familienangehörigen für Auftritte honoriert, einen Regierungsauftrag zukommen lassen.

Trudeau musste sich dafür entschuldigen, dass er sich trotz dieser persönlichen Beziehungen am Entscheidungsprozess im Kabinett beteiligt hatte. „Ich habe einen Fehler gemacht, dass ich mich nicht wegen Befangenheit aus den Diskussionen zurückgezogen habe, und es tut mir von Herzen leid“, sagte er.

Im Kreuzfeuer der Kritik ist auch Finanzminister Bill Morneau. Dessen Familie hat ebenfalls Beziehungen zu „We“ und reiste 2017 mit „We“ zu Projekten in Südamerika und Afrika – ohne die Kosten dafür komplett zu übernehmen. Mittlerweise wurde der Vertrag zwischen der Regierung und „We“ über das Studentenprogramm aufgehoben.

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