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21.05.2022

14:30

Kobalt, Nickel, Kupfer

Afrikas rohstoffreiche Staaten wollen eigene Batterie-Lieferkette aufbauen

Von: Jakob Blume

Kongo und Sambia wollen ihre Dominanz bei Batteriemetallen stärker ausspielen. Ziel ist eine Batteriefabrik auf dem Kontinent – womöglich mit Hilfe aus Deutschland.

Die DRK will einen größeren Teil der Wertschöpfung im Inland halten. Reuters

Kupfer- und Kobaltmine im Kongo

Die DRK will einen größeren Teil der Wertschöpfung im Inland halten.

Zürich An der Epochenschwelle zur Elektromobilität rückt ein afrikanisches Land in den Fokus der Autohersteller: Die Demokratische Republik Kongo (DRK) ist weltgrößter Produzent von Kobalt, jenes Metalls, das die Industrie zur Herstellung von Hochleistungsbatterien so dringend braucht. Obwohl das zentralafrikanische Land über zwei Drittel der weltweit bekannten Reserven verfügt, will es sich nicht länger mit der Rolle des Rohstofflieferanten zufriedengeben. Der Regierung geht es jetzt darum, einen größeren Teil der Wertschöpfung im Inland zu sichern.

Der Industrieminister der DRK, Julien Paluku Kahongya, sagte im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Wir wollen eine aktivere Rolle bei der Energiewende spielen.“ Die Bedeutung des Landes für die Batterieindustrie müsse im Verhältnis zur Bedeutung der Rohstoffreserven stehen.

Die DRK verfüge nicht nur über große Kobalt-Reserven: Das Land habe kürzlich auch Nickel- und Lithiumvorkommen entdeckt, so Industrieminister Kahongya. Zudem wird in der DRK seit Jahrzehnten das Metall Mangan abgebaut, dessen Bedeutung mit dem Wachstum der Elektromobilität ebenfalls rapide zunimmt. Der erste Schritt, einen größeren Teil der Wertschöpfung im Kongo zu behalten, ist der Aufbau einer Pilotanlage zur Herstellung von Kobalt-Chemikalien für die Kathoden-Produktion.

Diese Fabrik soll bis Ende 2023 ihre Arbeit aufnehmen, kündigte Kahongya an. Zudem hat die DRK eine Kooperationsvereinbarung mit dem Nachbarland Sambia geschlossen, das ebenfalls den Abbau von Batterierohstoffen deutlich steigern will.

Bis zum Ende dieser oder zum Beginn der neuen Dekade könnte eine Batteriefabrik im Kongo entstehen, so der Plan von Industrieminister Kahongya. Das Land sei dafür in Kontakt mit möglichen Partnerfirmen, darunter Bosch, aber auch chinesischen Unternehmen. „Wir haben keine Präferenz, welcher Partner auf uns zukommt“, stellt er klar. Man werde jenen Partner wählen, der bereit sei, möglichst schnell mit dem Aufbau einer Batteriefabrik zu beginnen.

Kobalt-Nachfrage boomt

Die Gelegenheit, den eigenen Rohstoffreichtum auszuspielen, ist günstig: Weltweit versuchen Autobauer, Zugriff auf Batteriemetalle wie Kobalt und Nickel zu sichern, um ihre eigenen Pläne für den Ausbau der Elektroauto-Flotten erfüllen zu können.

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Im vergangenen Jahr stieg die Autoindustrie erstmals zum größten Abnehmer von Kobalt auf, wie aus einer aktuellen Studie des Branchenverbands „Cobalt Institute“ hervorgeht. Die Autobauer haben damit die Hersteller von Handy- und Laptopbatterien von der Spitzenposition verdrängt.

Kobalt spielt eine wichtige Rolle als Stabilisator von Hochleistungsbatterien, wie sie in Elektroautos zum Einsatz kommen. Zwar forschen alle Autobauer an kobaltfreien Akkus, etwa der Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Doch außerhalb Chinas haben sich diese noch nicht durchgesetzt. Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien sind nach wie vor der Standard auch bei den deutschen Premiumautobauern.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass alle Hersteller den Kobaltanteil in der Batteriechemie senken: Dieser Effekt wird durch das starke Wachstum der Absatzzahlen mehr als kompensiert. Das Cobalt Institute geht davon aus, dass der Kobaltmarkt von derzeit 175.000 Tonnen auf 320.000 Tonnen im Jahr 2026 wächst, das entspricht einer Wachstumsrate von 12,7 Prozent pro Jahr.

Der Markt hat einen Teil des drohenden Nachfrageüberhangs bereits vorweggenommen: Allein innerhalb der vergangenen zwölf Monate hat sich der Kobaltpreis mehr als verdoppelt, von 15,50 Dollar pro Pfund auf 31,60 Dollar pro Pfund.

Die Bedeutung des Landes für die Batterieindustrie müsse dem Industrieminister zufolge im Verhältnis zur Bedeutung der Rohstoffreserven stehen. africa-press

Julien Paluku Kahongya

Die Bedeutung des Landes für die Batterieindustrie müsse dem Industrieminister zufolge im Verhältnis zur Bedeutung der Rohstoffreserven stehen.

Die Demokratische Republik Kongo dürfte dabei eine dominante Marktposition behalten: Im vergangenen Jahr kamen 74 Prozent der Minenproduktion aus dem zentralafrikanischen Land. Tshimanga Tshipanda, strategischer Sonderberater des Präsidenten der DRK, Félix Tshisekedi, betont: „Ohne die Produkte der DRK wird die grüne Transformation langsamer umgesetzt, als wir uns das vorstellen können“, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Daher müsse sein Land eine „wesentliche Rolle“ in der globalen Lieferkette spielen.

Kampf gegen Kinderarbeit im Kleinbergbau

Eine größere Rolle für sein Land erhofft sich auch Paul Kabuswe, Bergbauminister von Sambia. Das Land ist ein großer Kupferproduzent – und auch die Nachfrage nach dem rötlichen Industriemetall dürfte mit dem Ausbau der Elektromobilität rapide steigen. Ein Elektroauto benötigt im Schnitt etwa vier Mal so viel Kupfer wie ein Auto mit Diesel- oder Benzinmotor.

Sambia wolle in Zukunft nicht nur Kupferkonzentrat produzieren, sondern auch Kupferkabel für Elektroautos. Kabuswe sagt: „Höhere Wertschöpfung ist der Schlüssel.“ Zudem hofft Sambia ebenfalls auf Kobaltfunde im Grenzgebiet zum Kongo. „Unsere beiden Länder kooperieren bei einer robusten Exploration der Vorkommen.“

Viele westliche Hersteller tun sich jedoch noch schwer damit, im großen Stil Kobalt aus Zentralafrika zu kaufen. Die Sorge ist groß, dass Material aus dem informellen Bergbausektor, in dem auch Kinderarbeit verbreitet ist, in die Batterie gerät.

Gleichzeitig sind jedoch zahlreiche Haushalte etwa im Kongo vom Kleinbergbau abhängig. Die DRK will daher den Kleinbergbau regulieren und in das Staatsunternehmen Entreprise Generale du Cobalt (EGC) einbinden.

So will das Land die Einhaltung gängiger Standards wie des Verbots von Kinderarbeit kontrollieren. Vom Erfolg der Initiative hängt ab, wie stark sich die westlichen Autobauer in dem Land engagieren. Doch ohne Kobalt aus dem Kongo dürfte es den deutschen Autobauern schwerfallen, ihre ambitionierten Elektroflottenziele zu erreichen.

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