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02.03.2023

16:34

Konferenz in Indien

Das gespaltene G20-Treffen – China und Russland blockieren Abschlusserklärung

Von: Mathias Peer

Die beiden Staaten beklagen „Erpressung und Drohungen“. Zugleich reden die Außenminister der USA und Russlands bei dem G20-Treffen in Neu-Delhi kurz miteinander – mit einer klaren Botschaft des Amerikaners.

In Indien demonstrierten der russische und der chinesische Außenminister Einigkeit. Die Botschaft lautet: Peking bekennt sich zur engen Partnerschaft mit Russland. IMAGO/ITAR-TASS

Sergei Lawrow und Qin Gang

In Indien demonstrierten der russische und der chinesische Außenminister Einigkeit. Die Botschaft lautet: Peking bekennt sich zur engen Partnerschaft mit Russland.

Bangalore China hat sich beim G20-Außenministertreffen in Neu-Delhi erneut auf die Seite Russlands geschlagen und mit der Regierung in Moskau eine gemeinsame Abschlusserklärung verhindert. Beide Staaten waren nicht bereit, einer zwei Absätze langen Passage zum Ukrainekrieg zuzustimmen – obwohl sie gleichlautende Formulierungen noch bei dem jüngsten G20-Gipfel im November in Bali akzeptiert hatten.

Die Spaltung der Gruppe der größten Industrie- und Schwellenländer setzt sich damit fort. Bereits am Wochenende hatten China und Russland eine gemeinsame Abschlusserklärung beim G20-Finanzministertreffen in Bangalore blockiert.

Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishankar, dessen Land in diesem Jahr den G20-Vorsitz innehat, sprach bei einer Pressekonferenz von „Herausforderungen durch unterschiedliche Positionen zum Ukrainekonflikt“. Diese hätten dazu geführt, dass statt eines gemeinsamen Kommuniqués lediglich ein zusammenfassendes „Ergebnisdokument“ des Vorsitzes vorgelegt werden könne, das Chinas und Russlands Widerstand zu den Ukrainepassagen in einer Fußnote vermerkt.

Jaishankar betonte, dass es in vielen anderen Bereichen, insbesondere jenen mit Blick auf Schwellen- und Entwicklungsländer, breite Einigkeit gegeben habe. So hätten sich die Teilnehmer darauf verständigt, den Multilateralismus stärken zu wollen, die Lebensmittel- und Energiesicherheit voranzutreiben und Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Dass es zu keiner Einigung mit Blick auf den Ukrainekrieg kommen konnte, begründete er mit den „sehr polarisierten Ansichten einiger Länder“.

Dabei waren die Formulierungen, die nun in der Zusammenfassung des Treffens stehen, ohnehin nicht gerade scharf. So steht in den entsprechenden Absätzen – wie bereits in Bali – nur, dass „die meisten Mitglieder“ den Krieg in der Ukraine scharf verurteilt hätten. Einer solchen Tatsachenbeschreibung kann sich auch Indien anschließen, das sich in dieser Frage als neutral ansieht und Russlands Angriff selbst bisher nicht verurteilt hat. Der Regierung in Peking ging nun aber auch diese bloße Feststellung zu weit.

Die Außenministerin forderte Russland erneut auf, den Krieg in der Ukraine sofort zu beenden. IMAGO/photothek

Annalena Baerbock in Indien

Die Außenministerin forderte Russland erneut auf, den Krieg in der Ukraine sofort zu beenden.

Russland kann es mit Chinas Hilfe vermeiden, selbst als isoliert dazustehen. Die Regierung in Moskau betonte die Einigkeit mit Peking. Nach Angaben des russischen Außenministeriums hätten beide Länder Versuche kritisiert, „sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen“ und mit „Erpressung und Drohungen“ zu arbeiten. Es habe ein „hohes Maß an Übereinstimmung“ gegeben, hieß es nach einem Treffen von Russlands Außenminister Lawrow mit seinem chinesischen Amtskollegen Qin Gang.

Baerbock fordert Lawrow zum Kriegsende auf

Westlichen Delegationen warf Lawrow vor, die Arbeit an der G20-Agenda „zu einer Farce gemacht“ zu haben, da sie die Verantwortung für ihr wirtschaftliches Versagen auf Russland abwälzen wollten. Er forderte zudem, „unrechtmäßige Sanktionen“ sowie die „willkürliche Einführung von Preisobergrenzen“ zu stoppen.

Zuvor war es in dem G20-Sitzungssaal in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi zur offenen Konfrontation zwischen westlichen Staaten und Russland gekommen: Außenministerin Annalena Baerbock richtete sich direkt an Lawrow und forderte ihn auf, für ein sofortiges Kriegsende zu sorgen. „Stoppen Sie die Verletzung unserer internationalen Ordnung. Stoppen Sie die Bombardierung ukrainischer Städte und Zivilisten“, sagte sie nach Angaben der deutschen Delegation.

Ukraine-Krieg

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In Anspielung auf Lawrows fluchtartige Abreise bei dem G20-Außenministertreffen in Bali im vergangenen Jahr, als er direkt nach seiner eigenen Stellungnahme den Sitzungssaal verlassen hatte, sagte Baerbock: „Es ist gut, dass Sie hier im Saal sind, um zuzuhören.“

Die USA warfen Russland vor, die Arbeit der G20 zu schwächen: „Leider wurde dieses Treffen erneut durch den unprovozierten und ungerechtfertigten Krieg Russlands gegen die Ukraine beschädigt“, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Er betonte gleichzeitig, dass sich die Gruppe dennoch den globalen Herausforderungen annehmen müsse.

Am Rande des G20-Treffens kam es auch zu einem kurzen, direkten Gespräch zwischen Blinken und Lawrow. In der rund zehnminütigen Zusammenkunft machte Blinken nach US-Regierungsangaben klar, dass die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung der Ukraine bis zum Kriegsende aufrechterhalten würden.

US-Außenminister Antony Blinken (stehend) beachtet den russischen Vertreter Sergej Lawrow (sitzend) nicht. Beide sprechen aber bei der Konferenz zumindest kurz miteinander. Reuters

Treffen der G20-Außenminister in Neu-Delhi

US-Außenminister Antony Blinken (stehend) beachtet den russischen Vertreter Sergej Lawrow (sitzend) nicht. Beide sprechen aber bei der Konferenz zumindest kurz miteinander.

Zudem habe Blinken gefordert, dass Russland wieder zum Atomwaffenkontrollvertrag New Start zurückkehre. Die US-Delegation sah aber keine Anzeichen, dass Russland seine Politik ändern wolle.

In Indien führen die tiefen Gräben zwischen Russland und China auf der einen Seite und dem überwiegenden Rest der G20 auf der anderen Seite zu der Sorge vor einem Scheitern des Vorsitzjahres. Bereits zum Auftakt der Außenministerrunde hatte Premier Narendra Modi gewarnt: „Wir sollten nicht zulassen, dass Probleme, die wir nicht zusammen klären können, jenen im Wege stehen, die wir klären können.“ Vom Zustand der Weltgemeinschaft zeichnete er ein düsteres Bild. „Die Erfahrungen der letzten Jahre – Finanzkrise, Klimawandel, Pandemie, Terrorismus und Kriege – zeigen deutlich, dass das globale Regierungshandeln versagt hat.“

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