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18.03.2021

21:30

Pandemie

Deutschland impft wieder mit Astra-Zeneca – Ema hält Vakzin für sicher

Von: Hans-Peter Siebenhaar, Gregor Waschinski

PremiumNach der Empfehlung der EU-Arzneimittelagentur wird das Vakzin ab diesem Freitag wieder verimpft. Es soll aber einen Warnhinweis wegen seltener Blutgerinnsel geben.

„Uns bestätigt die Analyse der Ema in unserem Vorgehen“, sagte Gesundheitsminister Spahn. dpa

Jens Spahn (r.) und Klaus Cichutek

„Uns bestätigt die Analyse der Ema in unserem Vorgehen“, sagte Gesundheitsminister Spahn.

Brüssel, Berlin Die Zwangspause für den Astra-Zeneca-Impfstoff ist nach vier Tagen vorbei: Der Impfstoff soll ab diesem Freitag in Deutschland wieder verabreicht werden. Bund, Länder und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schlossen sich damit am Donnerstagabend der Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde Ema an, die Meldungen über ein mögliches Risiko durch Blutgerinnsel im Gehirn überprüft hatte.

Die Ema kam am Donnerstag zu dem Schluss, dass die Vorteile des Impfstoffes von Astra-Zeneca die Risiken überwiegen. „Die Impfung ist sicher und wirksam“, sagte Behördenchefin Emer Cooke. „Das ist ein sicheres Vakzin, um die Bürger zu schützen.“ Der Impfstoff werde künftig aber mit einem Warnhinweis für seltene Blutgerinnsel (Thrombosen) versehen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einer „guten Nachricht“. Die Ema habe Qualität und Sicherheit des Astra-Zeneca-Vakzins unterstrichen. Zugleich verteidigte Spahn die deutsche Entscheidung, die Impfungen am Montag nach neuen Meldungen von Hirnvenen-Thrombosen vorsorglich auszusetzen.

„Uns bestätigt die Analyse der Ema in unserem Vorgehen“, sagte der Minister am Donnerstagabend in Berlin. Es sei richtig gewesen, die auffällige Häufung von Fällen einer sehr seltenen Thromboseart zu untersuchen. Die Ärzte ohne diese Klarheit weiter impfen zu lassen „wäre aus unserer Sicht schwer zu verantworten gewesen“.

Der Ablauf dieser Woche zeige, so Spahn: „Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, transparent informiert zu werden. Sie können darauf vertrauen, dass sorgfältig geprüft wird.“ Bei bislang mehr als 1,6 Millionen Impfungen mit Astra-Zeneca in Deutschland traten nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bislang 13 gemeldete Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen auf – darunter waren drei Todesfälle. Betroffen seien zwölf Frauen und ein Mann zwischen 20 und 63 Jahren.

Neue Aufklärungsbögen für die Impfungen

Nach der Empfehlung der Ema beriet Spahn mit den Gesundheitsministern der Länder über das weitere Vorgehen. Das gemeinsame Ziel ist nach Angaben von Spahn, dass im Laufe des Freitags wieder Astra-Zeneca-Dosen verimpft werden. Bis in den Impfzentren neue Aufklärungsbögen mit dem Warnhinweis vorliegen, können Ärzte diese zusätzliche Aufklärung der Impflinge auch handschriftlich hinzufügen.

Mehrere europäische Länder setzten in dieser Woche Impfungen mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff aus, nachdem es Berichte über ungewöhnliche Blutgerinnsel bei Menschen gegeben hatte, die mindestens eine Dosis erhalten hatten. Die Ema sehe keinen direkten Zusammenhang zwischen Blutgerinnseln und dem Impfstoff, sagte Cooke nach den tagelangen Untersuchungen.

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Die Befürchtung in Deutschland war groß, dass eine längere Pause oder sogar ein kompletter Stopp beim Astra-Zeneca-Vakzin den Impfzeitplan durcheinanderwirbelt. „Von den 60 Millionen Impfdosen, die im zweiten Quartal fest eingeplant sind, entfallen knapp 17 Millionen auf Astra-Zeneca“, hatte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, dem Handelsblatt gesagt. „Wenn die auch nur vorübergehend ausfallen, dann wird es schwieriger, mit dem Impfen in den Praxen zu beginnen.“

Der Impfstoff von Astra-Zeneca spielt eine wichtige Rolle bei den Planungen von Bund und Ländern, spätestens ab dem 19. April die Arztpraxen flächendeckend in das Impfen einzubinden. Über die Details und den genauen Starttermin der Impfungen durch Haus- und Fachärzte wollen an diesem Freitag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder beraten. Das Treffen war eigentlich schon für Mittwoch geplant gewesen, wurde wegen der Unsicherheit um Astra-Zeneca aber verschoben.

Ausgefallene Impfungen sollen zügig nachgeholt werden

Spahn sagte am Donnerstagabend, dass wegen der Pause bei Astra-Zeneca in den vergangenen vier Tagen etwas weniger geimpft worden sei. Den Impfzentren sei es aber gelungen, einen Teil der ausgefallenen Astra-Zeneca-Termine auszugleichen, indem sie mehr Impfstoffe von Biontech und Moderna verabreicht hätten. Nun gehe es darum, die abgesagten Impfungen mit Astra-Zeneca „zügig nachzuholen“.

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Die Europäische Arzneimittelbehörde hat grünes Licht für den Impfstoff von Astra-Zeneca gegeben. Mit dem Vakzin soll ab diesem Freitag auch in Deutschland wieder geimpft werden.

PEI-Chef Klaus Cichutek sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn, dass es sich bei den Blutgerinnseln im Hirn um ein „sehr seltenes“ Ereignis handele. Der geplante Warnhinweis beinhalte den Rat für Impflinge, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, wenn sie sich vier Tage nach der Impfung unwohl fühlen. Symptome seien Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust, Schwellungen in Armen und Beinen sowie punktförmige Hautblutungen.

Die Entscheidung über das umstrittene Vakzin von Astra-Zeneca hatte der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Ema am Donnerstag auf einer Sondersitzung in Amsterdam getroffen. Das Gremium ist für die Bewertung und Überwachung der Sicherheit von Humanarzneimitteln zuständig.

Die Experten hatten im Detail die verfügbaren Daten und klinischen Umstände von Fällen mit schweren Nebenwirkungen geprüft. „Der Impfstoff schützt und ist sicher“, bestätigte auch die PRAC-Vorsitzende Sabine Straus. „Der Ausschuss erkennt keine höhere Thrombose-Risiken für die Geimpften.“ Straus wies aber auch auf die entdeckten „Unsicherheiten“ hin. Deshalb wollen die Experten die weitere Entwicklung genaustens beobachten.

Astra-Zeneca hatte nach einer sorgfältigen Prüfung seiner Impfdaten verkünden lassen, dass es keine Beweise für ein erhöhtes Blutgerinnsel-Risiko gebe. Der Ema lagen bis zum 10. März 30 Fälle von „thromboembolischen Vorfällen“ unter fast fünf Millionen Astra-Zeneca-Geimpften vor.

Der Impfstoff von Astra-Zeneca war Ende Januar als drittes Corona-Vakzin von der Ema zugelassen worden. Bereits im August vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission einen Kaufvertrag mit dem britisch-schwedischen Pharmakonzern unterzeichnet.

Die EU-Kommission lobte die erneute Entscheidung der Ema zugunsten des Impfstoffs von Astra-Zeneca. „Es handelt sich um einen wirksamen und sicheren Impfstoff, der einen großen Beitrag zu den Bemühungen leistet, die Auswirkungen von Covid-19 und die sehr ernsten Gesundheitsrisiken einer Infektion zu bekämpfen“, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Donnerstagabend.

„Die Impfung ist eines unserer stärksten Mittel, um der Pandemie ein dauerhaftes Ende zu setzen.“ Die strenge Überwachung des Vakzins durch die EU-Arzneimittelbehörde sollte fortgesetzt werden. „Sicherheit und Vertrauen in Impfstoffe sind der Schlüssel für Impfungen“, sagte Kyriakides.

Kommentare (2)

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19.03.2021, 16:58 Uhr

Warnhinweis: das ist Unsinn. Ein Arzt müsste den Patienten, aufgrund seiner Vorgeschichte und seiner Disposition, darauf hinweisen, dass er mit diesem Impfstoff ein zwar seltenes, aber in seinem Fall ein erhöhtes Risiko hat. Die Verantwortung liegt beim Arzt und nicht beim Patienten. Wozu haben wir sonst eine Verschreibungspflicht?

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