PremiumNur wenige Stunden nach dem Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian Kurz kündigt dessen Nachfolger seinen Abgang an. Die Entscheidung über den neuen Kanzler könnte schnell fallen.
Schallenberg, Kurz
Schattenkanzler, Kanzler. Ex-Kanzler.
Bild: imago images/photonews.at
Wien Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) stellt sein Amt zur Verfügung. Das teilte ein Sprecher des Kanzlers am Donnerstag mit. Auch Finanzminister Gernot Blümel tritt zurück, wie er am Abend bekannt gab. Blümel, der familiäre Gründe für seinen Rückzug aus der Politik angab, galt als enger Vertrauter von Kurz. Der finale Rücktritt von Kurz aus allen politischen Funktionen sei der letzte Anstoß für seinen endgültigen Entschluss gewesen, sagte er.
Am Vormittag hatte Schallenbergs Vorgänger Sebastian Kurz seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Der 35-Jährige war Anfang Oktober nach Korruptionswürfen zurückgetreten, da er für seinen grünen Koalitionspartner und auch für Teile seiner Österreichischen Volkspartei (ÖVP) untragbar geworden war. Sein Nachfolger ist seitdem der frühere Außenminister Schallenberg. Kurz blieb aber Parteichef und übernahm den ÖVP-Fraktionsvorsitz im Parlament. Bis jetzt. Kurz tritt als Fraktionsführer zurück, und am Freitag soll der Vorstand der ÖVP einen neuen Parteichef wählen.
Neuer ÖVP-Chef könnte Innenminister Karl Nehammer werden, heißt es aus Regierungskreisen. In einem weiteren Schritt könnte er dann auch Schallenberg als Bundeskanzler ersetzen, da die beiden Funktionen traditionell in einer Hand liegen.
„Es ist nicht meine Absicht und war nie mein Ziel, die Funktion des Bundesparteiobmanns der Neuen Volkspartei zu übernehmen“, sagte Schallenberg nach der Rücktrittsankündigung. „Ich bin der festen Ansicht, dass beide Ämter – Regierungschef und Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei Österreichs – rasch wieder in einer Hand vereint sein sollten.“
Nehammer gilt als Vertrauter von Kurz und begann seine politische Karriere in Niederösterreich. Die dortige ÖVP ist parteiintern besonders einflussreich. Sie scheint bestrebt, das durch Kurz’ Rückzug entstandene Machtvakuum rasch zu füllen.
Dessen Abgang aus der Politik kam am Donnerstag überraschend, war doch spekuliert worden, er plane ein Comeback, sobald die Vorwürfe gegen ihn gerichtlich geklärt würden. Offenbar hat er eingesehen, dass dies eher eine Sache von Monaten oder Jahren denn von Wochen ist. Zur Einsicht trugen wohl auch die katastrophalen Umfragewerte seit Oktober bei. Eine Rückkehr zu einem späteren Zeitpunkt ist nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlicher geworden.
Politisch zum Verhängnis geworden waren Kurz eine Affäre um eine mutmaßlich gekaufte Berichterstattung im Boulevardblatt „Österreich“ sowie seine Art und Weise, in der er sich mit Vertrauten über Gegner und Parteifreunde geäußert hatte. Zuvor war gegen ihn ein Verfahren wegen Falschaussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Nachgang zur „Ibiza“-Affäre eingeleitet worden.
In seiner Rücktrittserklärung sagte Kurz, „die Abwehr von Vorwürfen, Anschuldigungen, Unterstellungen und Verfahren“ sei für ihn kräfteraubend gewesen. Klarer als auch schon früher räumte er ein, Fehler gemacht zu haben und teilweise den eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden zu sein. Kurz war einst mit dem Versprechen angetreten, in Österreichs Politik einen neuen Stil ohne die üblichen Manipulationen und Intrigen einzuführen.
Dass davon zuletzt wenig übrig blieb, brachte er am Donnerstag selbst auf den Punkt: „Ich bin weder ein Heiliger noch ein Verbrecher. Ich bin ein Mensch.“ Kurz’ politische Karriere hatte bereits in dessen Jugend begonnen: Als Teenager trat er der ÖVP bei und machte dort rasch Karriere in der Jugendorganisation. Durch geschickte Kaderpolitik und einen gehörigen Schuss Rücksichtslosigkeit gelang ihm 2017 die Übernahme der kriselnden Partei.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (1)