PremiumRusslands Präsident will beim Besuch einer Rüstungsfabrik nichts von fehlender Munition und Waffen wissen. Die Industrie produziere rund um die Uhr.
Russlands Präsident Wladimir Putin
Putin sieht keine Versorgungsprobleme bei Waffen und Munition.
Bild: via REUTERS
Berlin Während der Westen über die Lieferung immer modernerer Waffen an die Ukraine berät, verbreitet Moskau Durchhalteparolen und schließt Verhandlungen mit der Führung in Kiew aus. „Unser Sieg ist sicher, daran habe ich keinerlei Zweifel“, sagte der russische Präsident Wladimir Putin beim Besuch einer Rüstungsfabrik in St. Petersburg. Er schwor sein Land und den Westen auf einen noch lange anhaltenden Krieg in der Ukraine ein.
Auch von dem zuletzt immer wieder berichteten akuten Mangel an Munition und Waffen wollte der russische Präsident nichts wissen: „Insgesamt produziert unsere Verteidigungsindustrie in einem Jahr so viele Raketen für verschiedene Zwecke wie alle militärisch-industriellen Unternehmen der Welt“, behauptete Putin im Obuchow-Werk in St. Petersburg. Die russische Rüstungsindustrie produziere inzwischen in drei Schichten rund um die Uhr, sagte Putin.
Er werde dafür sorgen, dass in Waffenfabriken Beschäftigte nicht mehr zur Armee eingezogen würden. Darüber hatten Chefs und Mitarbeiter von Rüstungskonzernen wiederholt geklagt.
Putins vollmundige Aussagen zur Lage der russischen Rüstungsindustrie sind eine überraschende Kehrtwende. Russische Militärexperten halten auch nicht viel von seinen Aussagen in St. Petersburg. Denn vor wenigen Tagen hatte er bei einer Sitzung der russischen Regierung noch die für Rüstungsindustrie zuständigen Minister beschimpft: „Was machen sie für einen Unsinn“, herrschte Putin den von ihm für Rüstungsfragen benannten Vizepremier Denis Manturow an. Immer wieder verlor er beim Thema der Staatsaufträge an die russische Rüstungsindustrie die Beherrschung.
Die Kehrtwende deuten russische Beobachter wie Ex-Minister Wladimir Milow als Einschwören des Landes auf einen langen Krieg. Putin werde nicht aufgeben und Friedensverhandlungen zustimmen. Im Gegenteil: Putin beschwor beim Besuch der Obuchow-Werke die „Einheit und den Zusammenhalt des russischen und allgemein des multinationalen russischen Volkes“, die am Ende unausweichlich zu Russlands Sieg über die Ukraine führen werden.
Sein Außenminister Sergej Lawrow schloss indes die auch von westlichen Politikern immer wieder geforderten Verhandlungen zwischen beiden Präsidenten aus: „Verhandlungen mit (dem ukrainischen Präsidenten Wolodomir) Selenski kommen nicht infrage“, sagte er am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Moskau. Lawrow warf zudem den USA ein Vorgehen wie das Hitlers vor: Washington habe Europa ebenfalls unterjocht, um Krieg gegen Moskau zu führen, unterstellte Lawrow.
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Putin behauptete am Mittwoch erneut, er bekämpfe ein „neonazistisches Regime“ in der Ukraine. US-Präsident Joe Biden bezeichnete Russlands Bemühungen, die Ukraine zu „entnazifizieren“, als zynisch und ungebührlich und verwies darauf, dass der ukrainische Präsident Selenski Jude ist und seine Familie unter dem Holocaust gelitten hat.
Selenski warf Russland in einer per Video übertragenen Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos vor, Terror zu exportieren: „Russland hat sich einen Platz unter den Terroristen verdient“, sagte er über Russlands immer unmenschlichere Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine. Zuletzt war ein Wohnhaus in der Stadt Dnipro gezielt zerstört worden, Dutzende Zivilisten starben.
In seiner Rede drängte Selenski den Westen zu weiterer rascher Unterstützung. Die Lieferung von Flugabwehrsystemen und Panzern an die Ukraine müsse rascher erfolgen als die russischen Angriffe auf sein Land.
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Derweil erhöhen auch westliche Politiker den Druck auf den bisher in der Panzerfrage zögerlichen Bundeskanzler Olaf Scholz: Der SPD-Politiker sagte in Davos der Ukraine die weitere unbefristete Unterstützung zu. Er ging aber auf Nachfrage nicht auf die Lieferung von Kampfpanzern ein.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, das Europaparlament sowie die Regierungen Polens und Finnlands erhöhten am Mittwoch den Druck auf Scholz, Lieferungen von Leopard-2-Panzern an die Ukraine zuzustimmen. Es brauche eine „signifikante Steigerung“ der Militärhilfe, sagte Stoltenberg. Putin gebe keine Hinweise darauf, dass er für einen Frieden eintrete. „Deshalb muss er realisieren, dass er auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen kann.“ Man befinde sich in einem „entscheidenden Moment des Krieges“.
Das Europaparlament forderte, den Weg für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine frei zu machen. Der Kanzler solle „ohne weitere Verzögerung“ ein Konsortium der Länder initiieren, die solche Panzer zur Verfügung stellen können, heißt es in einem Beschluss des Europaparlaments.
Am Donnerstag wird zunächst Scholz’ neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nach seiner Vereidigung als erste Amtshandlung mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin in Berlin über weitere Unterstützung für die Ukraine beraten. Am Freitag kommen die die Ukraine unterstützenden Staaten in Ramstein zu Beratungen über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zusammen.
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