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23.09.2022

04:00

Sergej Lawrow

Putins Propaganda-Chef erlebt bei den Vereinten Nationen, wie isoliert sein Land dasteht

Von: Jan Dirk Herbermann

Russland steht im UN-Sicherheitsrat ziemlich alleine da. Selbst enge Partner ließen keinerlei Sympathien erkennen. Doch Moskau braucht keine Strafe zu fürchten.

Lawrow verteidigt Russland im UN-Sicherheitsrat IMAGO/SNA

Russlands Außenminister Sergej Lawrow

„Die militärische Spezialoperation war unvermeidlich.“

New York Es war ein Tribunal. Ein Tribunal gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin, seinen imperialistischen Angriffskrieg in der Ukraine, die grausamen Verbrechen seiner Truppen und seine Drohungen mit Atomwaffen. Als Schauplatz diente der UN-Sicherheitsrat. Das potenziell mächtigste UN-Gremium befasste sich am Donnerstag in New York einmal mehr mit dem russischen Überfall sowie der fehlenden Strafverfolgung der Täter. Ein Urteil, Sanktionen gar, blieben aber aus.

Russland als ständiges Rats-Mitglied kann alle wichtigen Beschlüsse des UN-Organs blockieren. Zufrieden konnte Russlands Außenminister Sergej Lawrow dennoch nicht sein. Vielmehr erlebte Putins internationaler Chefpropagandist, wie isoliert sein Land in den Vereinten Nationen dasteht. In den ersten Stunden der öffentlichen Debatte beschuldigte ein Land nach dem anderen die Russen und beklagte ihre Taten: Von Albanien bis Mexiko, von Frankreich bis Großbritannien, von Norwegen bis Kenia.

Lawrow im UN-Sicherheitsrat: Russland steht alleine da

Auch China und Indien, die enge Beziehungen zu Russland unterhalten, ließen keinerlei Sympathien für Putins Feldzug erkennen. Sie forderten ein Ende der Gewalt. Chinas Außenminister Wang Yi mahnte sogar: „Die Prinzipien der UN-Charta müssen befolgt werden.“ Diese Aussage dürfte Lawrow nicht gefallen haben – denn die Russen haben in drastischer Weise eben diese Charta verletzt.

Die Tragik und zugleich die Hoffnung seiner geschundenen Landsleute drückte der Außenminister der Ukraine, Dmytro Kuleba, in einem Satz aus: Russland werde es nie schaffen „uns alle zu töten“. Und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte gen der Führung Russlands das, was wohl alle dachten: „Dies ist ein Krieg, den Sie nicht gewinnen werden. Stoppen Sie den Krieg.“

Gleich zu Beginn der Sitzung hatte UN-Generalsekretär António Guterres den Ton gesetzt. „Die letzten sieben Monate haben unsägliches Leid und Verwüstung gebracht“, sagte er mit Blick auf die russische Aggression, die im Februar ihren blutigen Lauf nahm. Die Berichte aus der Ukraine seien ein „Katalog“ von Grausamkeiten: Hinrichtungen im Schnellverfahren, sexuelle Gewalt, Folter und andere unmenschliche und erniedrigende Behandlung von Zivilisten und Kriegsgefangenen.

„Dies ist ein Krieg, den sich nicht gewinnen werden. Stoppen sie den Krieg.“ IMAGO/photothek

Annalena Baerbock im UN-Sicherheitsrat

„Dies ist ein Krieg, den sich nicht gewinnen werden. Stoppen sie den Krieg.“

Guterres erinnerte an die „Tausenden von ukrainischen Zivilisten, darunter Hunderte von Kindern“ die getötet und verletzt wurden, vor allem durch den russischen Beschuss städtischer Gebiete. „Die Täter müssen in fairen und unabhängigen Gerichtsverfahren zur Rechenschaft gezogen werden“, verlangte der Generalsekretär.

Lawrow reagiert im UN-Sicherheitsrat mit kruder Rechtfertigungsrede

US-Außenminister Antony Blinken nannte Einzelheiten über die Folter eines Ukrainers durch russische Truppen: Der Mann hätte Elektroschocks und Dauerprügel ertragen müssen. Blinken prangerte die Strategie des Kremls, sich Territorien via Scheinreferenden einzuverleiben als „diabolisch“ an.

Der russische Außenminister Lawrow wies erwartungsgemäß alle Anschuldigungen zurück – und er steigerte sich einmal mehr in eine krude Rechtfertigungsrede für die „militärische Spezialoperation“. Das „Regime“ in Kiew, geführt von „Neonazis“ und vom Westen unterstützt, töte und unterdrücke die russisch-sprachige Bevölkerung in der Region Donbass. Lawrows zynisches Fazit: „Die militärische Spezialoperation war unvermeidlich.“

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