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03.02.2020

17:46

Streit um Finanztransaktionssteuer

Österreichs Kanzler will Scholz' Börsensteuer verhindern – Finanzminister weist Kritik zurück

Kurz kritisiert, dass die Pläne aus Berlin und Paris nichts mehr mit den ursprünglichen Vorschlägen für die Steuer zu tun hätten. Scholz überzeugt seine Argumentation nicht.

Der österreichische Kanzler will mit einer Finanztransaktionssteuer die Spekulanten treffen und nicht die Sparer. AP

Sebastian Kurz

Der österreichische Kanzler will mit einer Finanztransaktionssteuer die Spekulanten treffen und nicht die Sparer.

Berlin Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz stemmt sich weiter gegen die deutschen Pläne für eine Steuer auf Aktienkäufe auf EU-Ebene. Die von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer werde sein Land so nicht akzeptieren, sagte Kurz am Montag nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel betonte, Deutschland werde trotzdem weiter Gespräche führen – und zeigte sich dabei kompromissbereit. „Es darf nur nicht so sein, dass mit einer Veränderung dann gleich fünf andere Länder wieder abspringen“, betonte die Kanzlerin. Die Finanztransaktionssteuer sei „eine sehr schwierige Kiste“.

Finanzminister Scholz warnt den den österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) vor Versuchen, die geplante europäische Finanztransaktionsteuer zu verhindern. Die Besteuerung von Finanztransaktionen sei „auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik“, sagte Scholz am Montag der Süddeutschen Zeitung. Gerade weil die Europäische Union die Steuer „unter dem Vorsitz Österreichs“ diskutiert habe, habe Wien eine Verantwortung bei der Einführung der Steuer. Ihn überzeuge die Argumentation von Sebastian Kurz nicht, „lieber gar keine Regelung zu wollen als eine Regelung, die ein weitreichender erster Schritt ist.“

Über diese Steuer wird auf EU-Ebene seit 2011 verhandelt. Unter den Staaten gab es keine Mehrheit, einige Länder versuchen nun, die Abgabe per „vertiefter Zusammenarbeit“ einzuführen. Nach Scholz' Vorschlag soll bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen. Es sollen jedoch nicht alle Finanzgeschäfte besteuert werden.

Kurz kritisierte, die Pläne aus Berlin und Paris hätten mit den ursprünglichen Vorschlägen aus zahlreichen EU-Ländern nichts mehr zu tun. „Wir sind dagegen, hochspekulative Geschäfte und Derivate von einer Finanztransaktionssteuer auszunehmen und stattdessen die Realwirtschaft und die Kleinanleger zu bestrafen“, sagte er der Zeitung „Welt“. „Wir wollen die Spekulanten besteuern, nicht die Sparer, die in Zeiten einer Niedrigzinspolitik zur Altersvorsorge in Aktien investieren.“

Er wäre „vorsichtig, die möglichen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer jetzt schon zu verplanen“, sagte Kurz der Zeitung „Welt“ (Montag). Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet nach eigenen Angaben mit 1,5 Milliarden Euro jährlich aus der neuen Steuer. Das Geld ist zur Finanzierung der Grundrente vorgesehen.

SPD-Fraktionsvize Achim Post warf Kurz ein falsches Spiel vor. Auch die SPD wünsche sich eine umfassendere Steuer – dafür werde es in absehbarer Zeit aber keine Mehrheit in Europa geben. „Die Alternative zum deutsch-französischen Modell ist deshalb keine bessere Finanztransaktionssteuer, sondern überhaupt keine.“ Kurz geriere sich als Vorkämpfer gegen Finanzspekulanten, betreibe aber faktisch das Spiel derjenigen, die die Steuer ganz verhindern wollten.

Verteidigung gegen Kritik

Auch das Finanzministerium verteidigte Scholz' Pläne: International habe sich eine solche Steuer bewährt, fast die Hälfte der G20-Staaten habe sie. Es sei nicht einzusehen, warum beim Kauf eines Apfels Steuern anfielen, bei Aktien aber nicht, sagte ein Sprecher am Montag.

Einer Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge trifft die Steuer nicht, wie oft kritisiert, hauptsächlich Kleinanleger, sondern überwiegend professionelle Investoren. Ein Großteil des Steueraufkommens würde etwa von privaten US-Fonds oder von Staatsfonds geleistet, da diese die meisten Dax-Aktien hielten.

Die Grünen forderten Scholz trotzdem auf, eine umfassendere Lösung vorzulegen. Die Kritik von Kanzler Kurz sei zwar ungewöhnlich scharf, „aber in der Sache völlig nachvollziehbar“, sagte der Grünen-Finanzexperte im Europaparlament, Sven Giegold, den Zeitungen der Funke-Gruppe.

Eine einseitige Belastung von Aktienkäufen ergebe ökonomisch keinen Sinn. „Statt eine Mini-Aktiensteuer zu verfolgen, brauchen wir den vollen Einsatz der deutschen Bundesregierung für eine Finanztransaktionssteuer, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat“, sagte Giegold. Gerade komplexe und spekulative Finanzprodukte müssten besteuert werden.

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