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07.02.2023

19:34

Subventionspolitik

„Einfacher, strategischer, europäischer“: Pariser Schocktherapie

Von: Gregor Waschinski, Nicole Bastian

Frankreichs Europa-Staatssekretärin Boone macht vor dem EU-Gipfel zur Industriepolitik Druck. Auch neue Gemeinschaftsschulden seien kein Tabu.

Gemeinsame Schuldenaufnahme als letzter Schritt. AP

Laurence Boone

Gemeinsame Schuldenaufnahme als letzter Schritt.

Paris, Düsseldorf Vor den Beratungen der europäischen Staats- und Regierungschefs über eine Neuausrichtung der Industriepolitik in der EU macht sich Frankreich für eine möglichst große Flexibilität bei der Finanzierung stark.

Die französische Europa-Staatssekretärin Laurence Boone sagte am Dienstag, als „letzter Schritt“ müsse eine neue gemeinsame Schuldenaufnahme möglich sein. Die Einrichtung eines „europäischen Souveränitätsfonds“ könne Ende des ersten Halbjahrs 2023 Thema werden.

Bei der Konferenz „Europe 2023“ von Handelsblatt, „Zeit“, „Tagesspiegel“ und „Wirtschaftswoche“ sagte Boone, zunächst sollten die Mitgliedstaaten für Subventionen und Steuererleichterungen auf die nationalen Mittel zurückgreifen, um Unternehmen zu unterstützen.

Dazu müssten die Beihilferegeln in der EU dringend vereinfacht werden. „Wir müssen existierende Mittel jetzt schnell verfügbar machen“, sagte Boone. Die Entscheidungsverfahren in Brüssel müssten auf zwei Monate begrenzt werden.

Zweitens könnten europäische Gelder aus bestehenden Programmen wie dem in der Pandemie geschaffenen Unterstützungsfonds „Next Generation EU“ umgewidmet werden. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) sei gefordert. „Wir nutzen ihr Kapital nicht ausreichend“, sagte die Staatssekretärin.

Bei den Subventionen müsse sichergestellt sein, „dass von den Geldern nicht chinesische oder amerikanische Unternehmen zulasten der europäischen Industrie profitieren“. Die Mitgliedstaaten suchen derzeit nach einer Antwort auf die US-Subventionen für klimafreundliche Technologien und Produkte, die in der EU Sorgen vor einer Abwanderung der Industrieproduktion ausgelöst haben.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein französischer Kollege Bruno Le Maire sind derzeit gemeinsam in Washington, um mit US-Regierungsvertretern darüber zu sprechen, wie die möglichen Folgen des „Inflation Reduction Act“ (IRA) für Europa abgemildert werden können. Am Donnerstag und Freitag kommen die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel zusammen.

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Deutschland steht neuen europäischen Schulden ablehnend gegenüber. Besonders das FDP-geführte Bundesfinanzministerium sieht darin eine rote Linie. Frankreich hingegen schwebt eine besonders weitreichende Antwort auf das US-Paket vor.

Eine europäische Industriepolitik sollte nach den Vorstellungen in Paris nicht auf grüne Technologien wie die Batterieproduktion für Elektroautos begrenzt werden, sondern auch andere strategische Felder wie Arzneimittel oder Computerchips abdecken. Boone forderte, dass sich die EU in diesen Bereichen Produktionsziele bis 2030 setzen sollte. Auch beim Aufbau eines flächendeckenden 5G-Netzes müsse man sich konkrete Ziele geben.

Vom EU-Gipfel erwartet Boone einen „dreifachen Schock“. Zunächst bedürfe es eines „Vereinfachungsschocks“ des Beihilferechts, um die Vergabe von Subventionen zu beschleunigen. Dann eines „strategischen Schocks“, bei dem sich die Mitgliedstaaten auf Wirtschaftsbereiche verständigen, in denen der Staat Investitionen forcieren müsse. Schließlich müsse es einen „Europäisierungsschock“ geben, so die Französin. „Wir müssen mindestens so sehr europäisch wie national denken.“

Die Lieferketten in der EU seien eng verwoben. Die deutsche Autobranche etwa sei auf Zulieferer in Südosteuropa angewiesen. „Alle Mitgliedstaaten müssen daher in die Lage versetzt werden, ihre Wirtschaften zu unterstützen, um Unterbrechungen der Lieferketten zu vermeiden.“

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