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04.02.2022

04:00

Thomas Bach

Der IOC-Präsident und Chinas Staatschef – eine delikate Beziehung

Von: Diana Fröhlich, Dana Heide

PremiumHinterzimmer-Bürokrat trifft autoritären Herrscher: Thomas Bach und Chinas Staatspräsident Xi Jinping pflegen seit Jahren eine umstrittene Verbindung. Davon profitieren beide.

Den Sportsfunktionär und den chinesischen Staatschef verbindet seit Jahren eine enge Beziehung. AP

Thomas Bach und Xi Jinping

Den Sportsfunktionär und den chinesischen Staatschef verbindet seit Jahren eine enge Beziehung.

Düsseldorf, Peking Wenn am heutigen Freitag die Olympischen Spiele mit einer großen Eröffnungsfeier in Peking starten, ist Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), endlich am Ziel – und mit ihm der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping. In einer „Blase“, abgeschirmt vom Rest der Bevölkerung, sollen die Athletinnen und Athleten mitten in der Coronapandemie herausragende Leistungen erbringen.

Xi und Bach haben seit Jahren eine besondere Beziehung. Der mächtigste Mann Chinas nennt Bach, den einflussreichsten Sportfunktionär der Welt, einen „guten Freund“. Bereits 2017 dankte Xi dem Deutschen Bach persönlich bei einem Treffen. „Im Laufe der Jahre haben das IOC und Präsident Bach einen wichtigen Beitrag zur gesunden Entwicklung nicht nur der olympischen Bewegung, sondern auch der Entwicklung des Sports in China geleistet“, sagte der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas.

Bach ist seit 2013 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Im März 2021 wurde er für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt, einen Gegenkandidaten gab es nicht. Doch 2025 wird definitiv Schluss sein. Laut Olympischer Charta kann der Jurist nicht erneut kandidieren.

Es gibt kaum eine internationale Führungsfigur, der Xi in den vergangenen Jahren regelmäßig so nahegekommen ist wie Bach. Ende Januar war es der deutsche Sportfunktionär, den der chinesische Staatschef nach fast zwei Jahren Abschottung traf – nicht US-Präsident Joe Biden, nicht der neue Bundeskanzler Olaf Scholz, nicht Russlands Präsident Wladimir Putin.

Es war Bach, der frühere Weltmeister im Florettfechten, für den Xi seine selbst auferlegte Covid-Isolation gegenüber Einreisenden aus dem Ausland unterbrach. Seit einigen Wochen steht in einem Pekinger Park sogar eine Büste des IOC-Chefs.

Bach ist Herr über die Milliarden Euro, die sich mit den Olympischen Spielen verdienen lassen und mit denen Autokraten wie Xi zu Hause und auch international ihr Image aufpolieren wollen. Mit viel Ehrgeiz, Akribie und einem weltweit gespannten Netzwerk hat sich der 68-jährige Bach kontinuierlich nach oben gearbeitet.

Innerhalb des IOC beliebt

Bach war Mitglied beim Nationalen und Internationalen Olympischen Komitee, beim Deutschen Olympischen Sportbund, beim Sportgerichtshof Cas, er saß im Aufsichtsrat des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 und wollte die Winterspiele 2018 nach München holen. 2013 wurde er dann zum IOC-Präsidenten gekürt.

Innerhalb des IOC genießt Bach große Zustimmung. Er verfolgt öffentlich einen Reformkurs, will das IOC und die Olympischen Spiele fit für die Zukunft machen. Wirtschaftlich konnte Bach bis zur Coronakrise immer neue Rekordbilanzen vorlegen, von Medienpartnern und Sponsoren fließen Milliarden in die Kassen.

Doch der Sportfunktionär ist auch umstritten. Er gilt als hartnäckiger Taktierer, als Hinterzimmer-Diplomat, als einer, der das IOC mehr denn je wie einen Großkonzern führt. Auch sein eher nachsichtiger Umgang mit Russlands staatlich organisiertem Dopingsystem wird dem IOC-Chef seit Jahren vorgeworfen. Olympia-Experten werfen ihm gar vor, ein „Egomane“ zu sein.

Bach schreckt zudem nicht davor zurück, seinem Freund Xi bei aufsehenerregenden Skandalen beiseitezustehen. Als etwa die chinesische Staatsführung bei der Kontroverse um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai im vergangenen Jahr international unter Druck geriet, sprang Bach Xi bei.

Peng hatte Zhang Gaoli, ein ehemaliges Mitglied des Staatsrats, in einem emotionalen Beitrag in einem chinesischen sozialen Netzwerk beschuldigt, sie sexuell missbraucht zu haben. Daraufhin verschwand die in der Volksrepublik bekannte Tennisspielerin für Wochen aus der Öffentlichkeit.

Aus Sorge, die Sportlerin könnte als Strafe für ihre Anschuldigungen gegen ein so hochrangiges Mitglied der Kommunistischen Partei festgehalten werden, forderten internationale Organisationen ein Lebenszeichen von ihr.

Xi kann auf Bach setzen

Bach ließ sich von der chinesischen Staatspropaganda einspannen und verbreitete über das IOC, er habe mit Peng gesprochen. In einer Pressemitteilung des Komitees hieß es, es ginge der Sportlerin gut – kein Wort zu den Missbrauchsvorwürfen, kein Beweis für ihren Verbleib oder ihren Aufenthaltsort. Internationale Menschenrechtsorganisationen kritisierten Bach für die Äußerungen scharf.

Noch immer ist ungeklärt, ob die chinesischen Behörde den Vorwürfen gegen Gao nachgehen und wie sehr sie Peng unter Druck setzen. Kurz vor der Eröffnungsfeier hat Bach derweil seine Pläne für ein Treffen mit der Tennisspielerin während der Spiele in Peking bekräftigt.

Xi konnte sich auch bei vielen anderen Gelegenheiten auf Bach verlassen. So lobt er Parteichef Xi regelmäßig in der Öffentlichkeit für seine „sehr beeindruckende“ Leistung. Die Athleten hätten in China „exzellente und sichere Bedingungen“, sagte Bach am Donnerstag bei einer öffentlichen Sitzung des IOC.

Rund um die Olympischen Winterspiele verhängt das chinesische Regime angesichts der hochansteckenden Omikron-Variante zahlreiche teils drastische Maßnahmen. dpa

Ein Arbeiter in einem Schutzanzug sprüht Desinfektionsmittel vor einem Hotel

Rund um die Olympischen Winterspiele verhängt das chinesische Regime angesichts der hochansteckenden Omikron-Variante zahlreiche teils drastische Maßnahmen.

Dabei hatte die belgische Athletin Kim Meylemans nur einen Tag zuvor ein viel geteiltes Video gepostet, das sie völlig aufgelöst nach drei Tagen Isolation zeigt, weil sie bei der Einreise positiv auf Corona getestet worden war. Statt nach mehreren Negativtests wieder zurück zum Olympischen Dorf zu kehren, sei sie in ein anderes Isolationshotel gebracht worden, wo sie sieben weitere Tage ohne Kontakt zu anderen Menschen verbleiben sollte.

Auch über die massiven Einschränkungen der Pressefreiheit, die Unterdrückung kritischer Stimmen in China rund um die Spiele sowie die Vorwürfe von Umweltschützern, dass die chinesische Staatsführung die Winterspiele ausgerechnet an einem Ort abhält, wo natürlicherweise kaum Schnee liegt und zudem Wassermangel herrscht, verliert Bach kein Wort.

Kritisch wird der IOC-Chef nur, wenn es um einen möglichen Boykott der Spiele in China geht. Man habe gesehen, „dass in den Gedanken mancher Menschen die Boykott-Geister der Vergangenheit ihre hässlichen Köpfe wieder zeigten“, so Bach am Donnerstag bei der Sitzung des IOC.

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