Im Iran spitzt sich die Lage zu. Die Regierung droht Demonstranten ein hartes Durchgreifen an, dennoch gehen Tausende erneut auf die Straßen.
Proteste im Libanon nach Tod von junger Frau im Iran
In vielen Ländern und Städten, wie hier im Libanon, gibt es Demonstrationen gegen Irans Herrscher.
Bild: dpa
Berlin, Teheran, Dubai Der Iran signalisiert die Bereitschaft zum harten Durchgreifen gegen regierungskritische Demonstranten nach dem Tod einer jungen Frau. „Wir werden den Feinden nicht erlauben, die Situation auszunutzen“, hieß es in einer Mitteilung, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna am Freitag berichtete. Die Demonstrationen seien Teil der teuflischen Strategie des Feindes, um die Islamische Republik zu schwächen.
Auch der Geheimdienst warnte nach Angaben der Agentur Tasnim vor einer Teilnahme an „illegalen Versammlungen“. Am Donnerstag hatte Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet.
Dennoch sind nach Angaben der Staatsmedien Tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um sich mit dem Regierungskurs zu solidarisieren. Bei den von der Regierung organisierten Demonstrationen marschierten Anhänger nach dem Freitagsgebet durch mehrere Städte, wie auf Bildern des Staatsfernsehens zu sehen war.
Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna riefen die Demonstranten auch Slogans wie „Tod Amerika“ oder „Tod Israel“ sowie „Unser Volk ist wach und hasst Unruhestifter“. Der Protest richtete sich gegen systemkritische Äußerungen bei den Unruhen der vergangenen Tage.
Regierungstreue Demonstranten haben am Freitag die Todesstrafe für die Verantwortlichen der Proteste der vergangenen Tage gefordert. „Angreifer des Korans müssen hingerichtet werden“, rief die Menge bei einem Aufmarsch, über den im staatlichen Fernsehen berichtet wurde.
Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus.
Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung.
Die Proteste hatten ihren Ausgangspunkt im überwiegend kurdisch besiedelten Nordwesten des Landes, woher Amini stammt, und weiteten sich schnell auf andere Teile Irans einschließlich der Hauptstadt aus. Die kurdische Menschenrechtsgruppe Hengaw berichtete von 15 Toten und mehr als 700 Verletzten. In iranischen Medien war von 280 Festnahmen allein am Donnerstag die Rede.
Die iranische Regierung reagierte mit Internetsperren. Sie fürchtet offenbar, dass die Proteste die Ausmaße von 2019 erreichen könnten. Damals kamen 1500 Menschen ums Leben, es waren die bislang schwersten seit der Gründung der Islamischen Republik 1979.
Präsident Ebrahim Raisi erklärte am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, er habe Ermittlungen zu Mahsa Aminis Tod eingeleitet. Es herrsche Meinungsfreiheit im Land, die Verbreitung von Chaos könne aber nicht geduldet werden.
Die Bundesregierung fordert eine rasche Untersuchung im Fall der im Iran zu Tode gekommenen jungen Frau, der in der Islamischen Republik zu andauernden Protesten geführt hat. Man habe die Nachrichten über den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini „in Polizeigewahrsam in Teheran mit Bestürzung zur Kenntnis genommen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin.
Hebestreit verwies darauf, dass die geschäftsführende UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Nada Al-Nashif, bereits Aufklärung in dem Fall angemahnt habe. „Dieser Forderung schließen wir uns als Bundesregierung sehr an.“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte am Donnerstag am Rande ihres Besuchs bei den Vereinten Nationen (UN) in New York angekündigt, dass die Bundesregierung „diesen Bruch mit Frauenrechten und damit Menschenrechten auch in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bringen“ werde. Es sei klar, dass „der brutale Angriff auf die mutigen Frauen im Iran eben auch ein Angriff auf die Menschheit“ sei.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes bekräftigte am Freitag, die Bundesregierung beobachte die Lage im Iran „mit großer Sorge“. Sie forderte die Führung in Teheran und die dortigen Behörden auf, friedliche Proteste zuzulassen und keine weitere Gewalt anzuwenden.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte die Iran-Politik Europas als „naiv“. Der aus dem Iran stammende Politiker forderte im Reuters-Interview, Menschenrechtsverstöße deutlich zu brandmarken. Die gegenwärtigen Proteste träfen die Führung in Teheran ins Mark. „Ich hoffe sehr und ich würde auch die Prognose aufstellen, dass sich auf Dauer die Frauenbewegung durchsetzen wird“, sagte Djir-Sarai, dessen Eltern nach wie vor im Iran leben und zu denen er regelmäßigen Kontakt hält. „Das ist eine echte feministische Bewegung. Und da haben die absolut keine Antwort darauf“, fügte er mit Blick auf die Mullahs in Teheran hinzu.
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