Der US-Präsident bezichtigt die Konzerne. Elon Musk, Jeff Bezos und andere Unternehmer keilen ihrerseits zurück. Für Biden wird die Inflation zur Schicksalsfrage.
Biden (l.), Musk
„Diese Regierung scheint nichts auf die Reihe zu bekommen“, schimpft der Tesla-Chef.
Bild: AP, imago images/Xinhua
New York Am Anfang war der Streit mit Jeff Bezos. US-Präsident Joe Biden hatte getwittert, dass im Kampf gegen die Inflation „die vermögendsten Unternehmen ihren fairen Anteil zahlen“ sollen. Daraufhin giftete der Amazon-Gründer zurück: „Inflation ist eine rückschrittliche Steuer, die jene am meisten trifft, die am wenigsten haben. Irreführung hilft dem Land nicht“, twitterte er. Vielmehr seien die Stimulus-Programme der Regierung schuld an der hohen Inflation.
Wenige Tage später legte Elon Musk nach: „Diese Regierung scheint nichts auf die Reihe zu bekommen“, sagte der Tesla-Chef jüngst in einem Podcast. Kurz darauf teilte er auf Twitter mit, dass er als langjähriger Wähler der Demokraten das nächste Mal die Republikaner wählen würde.
Es knirscht zwischen dem Weißen Haus und den Unternehmenslenkern im Land, und Bezos und Musk stehen mit ihrer Kritik nicht allein. Zwar hatten sich viele amerikanische CEOs spätestens nach dem Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 von Trump abgewandt, wovon Biden massiv profitierte. Doch zuletzt kritisierten immer mehr Konzernchefs die Regierung in Washington – wenn auch meist hinter vorgehaltener Hand.
Dabei geht es vor allem um ein Thema: die Teuerung. Mit 8,3 Prozent ist die Inflation derzeit so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. JP-Morgan-CEO Jamie Dimon warnte diese Woche, dass sie einen „ökonomischen Hurrikan“ auslösen könnte. Und nach Ansicht vieler Bosse macht Washington nicht genug, um gegenzusteuern.
Für Biden ist das Thema gerade im Hinblick auf die Zwischenwahlen im Herbst enorm wichtig: Wenn die Preise für Benzin, Lebensmittel und Wohnraum so hoch bleiben wie jetzt, werden die Demokraten im November ihre ohnehin schon hauchdünne Mehrheit im Senat sehr wahrscheinlich verlieren.
Die Republikaner geben Biden klar die Schuld an der Inflation. Es seien seine Hilfsprogramme, die die Preise hochtrieben. Biden dagegen nennt vor allem drei Verantwortliche: Putin, die Fed und die Unternehmen.
Jerome Powell (l.), Joe Biden
In dieser Woche sprachen der Fed-Chef und der US-Präsident über die Teuerung. Biden inszeniert sich als entschlossener Bekämpfer der Inflation.
Bild: Reuters
Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gibt der US-Präsident die Schuld, weil der mit seinem Krieg in der Ukraine die Ölpreise weltweit in die Höhe treibt. Tatsächlich treffen die höheren Weltmarktpreise teilweise auch die USA, obwohl das Land seinen Bedarf aus heimischen Quellen abdeckt. Aber die Ölpreise waren in den USA auch schon vor dem Ukraine-Krieg mit der Wiederöffnung der Wirtschaft nach der Pandemie-Pause gestiegen.
Bei der Fed geht Biden etwas diplomatischer vor: Diese Woche hat er den Fed-Chairman Jerome Powell im Weißen Haus empfangen – ein eher ungewöhnliches Treffen, mit dem er klarmachen wollte, dass die Notenbank für das Thema Inflation zuständig ist. „Ich werde mich nicht einmischen“, sagte er anlässlich des Treffens.
Zuvor hatte er in einem Meinungsartikel im „Wall Street Journal“ klargestellt, dass die Fed „die primäre Verantwortung hat, die Inflation zu kontrollieren“. Sein Vorgänger Donald Trump habe die Fed erniedrigt. Andere hätten versucht, in Zeiten hoher Inflation Einfluss zu nehmen. „Das werde ich nicht tun“, versicherte der US-Präsident in dem Artikel. Aber damit schiebt er die Verantwortung für die Inflation auch geschickt auf die Zentralbank ab.
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Und dann sind da noch die Unternehmen. Biden und andere Demokraten wie Elizabeth Warren haben die CEOs als Sündenböcke für die hohe Inflation herausgepickt. Sie würden die Preise künstlich nach oben treiben, um ihre Profite zu erhöhen, so der Vorwurf.
Die Vorstandsvorsitzende der mächtigen US-Handelskammer lässt das nicht gelten: „Sie liegen völlig falsch“, sagte Suzanne Clark jüngst gegenüber dem Nachrichtensender CNN. „Wir wissen, was passiert. Wir wissen, dass es Arbeitermangel gibt, der die Gehälter nach oben treibt. Wir wissen, dass es einen Mangel an Energie gibt. Und es gibt einen Mangel an Wohnraum“, sagte sie.
Eine Umfrage des Unternehmensverbands Conference Board zeigt, dass die Zuversicht der CEOs so rasant schwindet wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr.
Biden will sich in diesen Tagen als Inflations-Bekämpfer inszenieren. In seinem Artikel im „Wall Street Journal“ betont er, dass seine Regierung unter anderem die amerikanischen Ölreserven anzapft, erneuerbare Energien mit Steuernachlässen unterstützt und mehr bezahlbaren Wohnraum bauen lässt.
Neil Bradly, Chief Policy Officer der Handelskammer, begrüßte zwar Bidens neuen Fokus auf die Inflation. „Aber wenn sie alle Werkzeuge nutzen wollen, die ihnen zur Verfügung stehen, dann sind hier noch drei Dinge, die sie auf die To-do-Liste setzen sollten“, twitterte Bradley und fordert die Abschaffung der Zölle aus der Trump-Zeit, mehr Genehmigungen für den Energiesektor und mehr legale Immigration von Arbeitskräften.
Die Handelskammer rechnet in einer Studie vor, dass die Trump-Regierung zwischen 2018 und 2019 Zölle auf Importe im Wert von 400 Milliarden Dollar erlassen habe. Das habe die amerikanischen Bürger jährlich 1200 Dollar pro Peron allein im Jahr 2020 gekostet. Die meisten dieser Zölle könnte Biden „mit einem Federstrich“ eliminieren.
Auch dem CEO des Chemie- und Farbenkonzerns PPG, Michael McGarry, gehen die Maßnahmen der Regierung noch nicht weit genug. Als er vergangene Woche vom American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) geehrt wurde, hatte er einen Vorschlag für Washington. PPG habe seinen Firmensitz in Pittsburgh, im Norden von Pennsylvania. „Auf der anderen Seite des Flusses liegt eines der größten Erdgasvorkommen der Welt“, sagt er. „Wir bräuchten nur ein paar Rohre legen und könnten damit den USA und auch Deutschland helfen. Dafür bräuchten wir nur ein paar Unterschriften aus Washington.“
Tatsächlich wäre für das Anzapfen dieser Reserven das umstrittene Fracking nötig, dafür aber gibt Washington bislang keine Genehmigungen.
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