Der Chef von Portugals Sozialisten sichert seiner Partei einen Sieg bei der Parlamentswahl. Doch jetzt muss António Costa tiefgreifende Reformen liefern.
Madrid António Costa reckt beide Arme in die Höhe, als er nach dem Wahlsieg vor seine Anhänger tritt. 37 Prozent der Portugiesen stimmten bei der Parlamentswahl für die sozialistische Partei des Premiers – das waren gut vier Prozentpunkte mehr als bei den letzten Wahlen. Damit ist der 58-Jährige der mit Abstand erfolgreichste Sozialdemokrat in den großen EU-Ländern.
Vor allem sein Verhandlungsgeschick war es, das diesen Triumph ermöglichte. 2015 hatte gar nicht er, sondern der konservative Pedro Passos Coelho die Wahl gewonnen. Doch als der keine Mehrheit für eine Regierung fand, sprang Costa ein und vereinbarte drei getrennte Unterstützungsabkommen mit den Kommunisten, den Grünen und dem Linksblock. Die Parteien waren nicht nur zum Teil untereinander, sondern auch mit den Sozialisten verfeindet. Deshalb glaubte damals kaum jemand an Costas Experiment.
Doch Parteifreunde, Opposition und internationale Beobachter irrten sich. „Costa gibt niemals auf“, sagt Pedro Delgado Alves, Vizefraktionschef der Sozialisten. Privat liebe er das Zusammensetzen von Puzzeln, erzählt der Parteifreund – und auch in seiner politischen Karriere hat Costa immer wieder erfolgreich Bündnisse zusammengesetzt.
In den 1990er-Jahren besorgte er als Minister für parlamentarische Angelegenheiten die nötigen Mehrheiten für die Minderheitsregierung von Premier António Guterres; als Bürgermeister von Lissabon (2007 bis 2015) sicherte er sich anfangs die Zustimmung von diversen Parteien, bis er die absolute Mehrheit holte.
Auch in der eigenen Partei gilt Costa, der in seinem bürgerlichen Beruf Anwalt ist, inzwischen als unumstritten. 2015 fürchteten interne Kritiker noch, er würde die Sozialisten von Kommunisten und Linksblock abhängig machen. Doch es kam anders. „Costa hat das eigene Profil nicht verwässert, aber dafür gesorgt, dass seine linksextremen Partner ihre Forderungen abschwächten“, sagt der Politologe Antonio Costa Pinto von der Universität Lissabon.
Costa ging auf einige Forderungen der Partner ein und erhöhte etwa die Bezüge für Beamte und Rentner. Gleichzeitig senkte er das Haushaltsdefizit drastisch und erfüllte damit die Forderungen der EU-Kommission.
„Costa ist sehr nahbar und vermittelt den Leuten in seinen Reden viel Vertrauen in die Zukunft“, sagt der sozialistische Abgeordnete Luis Testa. Im Wahlkampf streichelte der Premier Hunde, herzte Passanten mit Umarmungen und strahlte dabei fast ständig.
Allerdings zeigte er auch Nerven. Bei einem Wahlspaziergang am vergangenen Freitag warf ihm ein Passant vor, Costa sei 2017 während der verheerenden Waldbrände im Urlaub gewesen, bei denen über 100 Menschen starben. „Das ist eine Lüge, eine Lüge!“, schrie Costa und erhob drohend den Zeigefinger, bis seine Leibwächter ihn in eine andere Richtung navigierten.
Zwar war die Behauptung falsch, aber sie erinnerte ihn an die größte Krise seiner Amtszeit. Damals wurden Vorwürfe laut, die Regierung habe keine klare Strategie zur Bekämpfung der Feuer entwickelt. Die Innenministerin trat zurück.
Es war nicht die einzige Krise, die Costa überstand. Als in den Oster- und Sommerferien die Gewerkschaft der Gefahrgutfahrer streikte und den portugiesischen Tankstellen der Sprit ausging, zwang er die Fahrer mit Mindestanforderungen zur Arbeit und drohte bei Nichteinhaltung mit Strafen. Bald darauf fuhren die Tanker wieder. „Costa hat die Fähigkeit, eine potenzielle politische Krise in einen politischen Sieg zu verwandeln“, urteilt Antonio Barroso vom Beratungshaus Teneo.
Konservative Widersacher gehen dagegen mit dem Sozialisten hart ins Gericht. „Er lebt nur für den schnellen Erfolg“, heißt es in der Opposition, „er hat keinerlei strukturelle Reformen angestoßen.“ So sei etwa das Gesundheitswesen durch fehlende Investitionen in einem miserablen Zustand.
Costa hat seine Kritiker schon einmal widerlegt. In seiner nun anstehenden zweiten Amtszeit muss er zeigen, dass er mit mehr Sitzen im Parlament auch die Strukturprobleme des Landes lösen kann.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×