Wirtschaftliche Strafmaßnahmen müssen zielgenau und hart sein. Doch im Fall von Belarus ist das nicht der Fall. Das belastet auch die Diskussion um neue Russland-Sanktionen.
Belarussischer Präsident Lukaschenko
Das Beispiel Belarus zeigt: Zögern bei Sanktionen ist keine Option im Umgang mit Terror-Regimen.
Bild: dpa
Berlin Nach dem blutigen Vorgehen gegen die Opposition in Belarus, der erzwungenen Zwangslandung einer Ryanair-Maschine in Minsk und dem Schleusen von Flüchtlingen an die EU-Außengrenze wurden gegen das Regime des Minsker Diktators Alexander Lukaschenko harte Sanktionen verhängt. Doch Lukaschenko geriet wirtschaftlich nicht ins Wanken. Im Gegenteil: Die belarussische Wirtschaft ist im vergangenen Jahr gewachsen, und das Wachstum ist auf ein „Exportwunder“ zurückzuführen - ausgerechnet in die EU haben sich die Ausfuhren trotz aller Sanktionen verdoppelt.
In den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 importierte die EU 96,1 Prozent mehr aus Belarus als im gleichen Zeitraum 2020. Das zeigen die Daten von Belstat, der offiziellen weißrussischen Statistikbehörde.
Ein Grund ist der stark gestiegene Preis für Rohstoffe: Minsk exportierte in der Lieferkettenkrise 2021 besonders gefragte Produkte wie Holz, Kali für Dünger und Ölprodukte. „Lukaschenko hatte insofern Glück, als dass Belarus Waren verkaufen konnte, die es in den vergangenen Jahren nicht verkaufen konnte, und das zu viel höheren Preisen“, sagte Pavel Slunkin vom European Council on Foreign Relations.
Daneben sei die Entwicklung aber auch zurückzuführen auf das „Zögern der EU, Sanktionen zu verhängen, die ihren eigenen Mitgliedern schaden würden“, kommentierte der Osteuropa-Spezialdienst „Business New Europe“. Und so sei „sie weiterhin von belarussischen Exporten wie Düngemitteln und Dieselkraftstoff abhängig“. Zu härteren Sanktionen seien „Länder wie Italien, Ungarn, Österreich und Belgien nicht bereit, weil sie ihnen schaden würden“, ergänzte Slunkin.
Die USA haben den Kaliexport des belarussischen Düngerkonzerns Belaruskali erst im Dezember faktisch verboten. Hinzu kommt, dass parallel zu den westlichen Sanktionen der Internationale Währungsfonds voriges Jahr Minsk auch noch einen Kredit von einer Milliarde Dollar für den Kampf gegen die Pandemie bereitstellte.
„Es wurden zu viele Schlupflöcher gelassen, und Lukaschenko und seine Schergen nutzen diese Schlupflöcher, missbrauchen internationale Gesetze und wissen, wie sie die Sanktionen umgehen können“, sagte die im litauischen Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Litauen, das am lautstärksten gegen Minsk agiert, hat den für Belaruskali wichtigsten Exporthafen Klaipeda und die litauische Eisenbahn für Kaliexporte nicht gesperrt.
Belarus ist nicht das einzige hart sanktionierte Land, das seine Ausfuhren entgegen der erklärten Absicht des Westens steigern konnte. Der Iran, gegen den der damalige US-Präsident Donald Trump 2018 die „härtesten Sanktionen aller Zeiten“ verhängte, konnte seinen Außenhandel (ohne Rohölexporte) in den bis Ende Dezember laufenden ersten neun Monaten des aktuellen Fiskaljahres auf 122,5 Millionen Tonnen im Wert von 72,1 Milliarden Dollar steigern.
So nahm die Menge um elf und der Wert um 38 Prozent zu, gab Irans Zollverwaltung Irica bekannt. Laut Irica-Chef Alireza Moqaddasi machten die Exporte iranischer petrochemischer Erzeugnisse 42 Prozent der Gesamtausfuhren aus, ihr Wert stieg um 40 Prozent auf 14 Milliarden Dollar.
Rekordhalter bei US-Sanktionen war 2021 China mit 100 amerikanischen Einzelsanktionen vor Belarus (96), Russland (95) und Myanmar mit 76 einzelnen, im vorigen Jahr verhängten Strafmaßnahmen laut Washingtons Finanzministerium.
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