Der Ukrainekrieg wird die Währungsunion laut Herbstprognose der EU-Kommission in die Rezession stürzen. Deutschlands Wirtschaft entwickelt sich demnach besonders schlecht.
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Für das Gesamtjahr 2023 erwartet die Kommission ein Wachstum von 0,3 Prozent für die Euro-Zone – nach 3,2 Prozent in diesem Jahr.
Bild: IMAGO/Chris Emil Janßen
Brüssel Die EU-Kommission erwartet, dass die Euro-Zone im Winter in die Rezession rutschen wird. Laut der Herbstprognose der Behörde soll die Wirtschaft des Währungsraums im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 schrumpfen.
EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni sagte bei der Vorstellung der Prognose am Freitag: „Die wirtschaftliche Lage hat sich deutlich verschlechtert.“ Die hohen Energiepreise und die sinkende Kaufkraft der Haushalte führten dazu, dass die Wirtschaftsleistung nun zwei Quartale zurückgehe. Zwei aufeinanderfolgende Quartale negativen Wachstums sind als Rezession definiert.
Ab Frühjahr soll die Euro-Zone wieder wachsen. Die Erholung werde jedoch gedämpft ausfallen, weil die Unsicherheit aufgrund des Ukrainekriegs hoch bleibe, sagte Gentiloni. Neben der sinkenden Kaufkraft der Haushalte gingen auch die Investitionen der Unternehmen zurück. Dies werde teilweise durch öffentliche Investitionen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds kompensiert.
Für das Gesamtjahr 2023 erwartet die Kommission ein Wachstum von 0,3 Prozent für die Euro-Zone – nach 3,2 Prozent in diesem Jahr. Deutschland landet dabei auf dem letzten Platz. Die deutsche Wirtschaft soll demnach im kommenden Jahr um 0,6 Prozent schrumpfen. Die ersten Plätze belegen die Slowakei mit 7,5 Prozent Wachstum, Griechenland mit 6,3 Prozent und Malta mit 4,0 Prozent.
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Im Sommer hatte die EU-Kommission für die Euro-Zone noch ein Wachstum von 2,6 Prozent in diesem Jahr und 1,4 Prozent im kommenden Jahr erwartet. Für dieses Jahr korrigierte die Behörde ihre Erwartungen aufgrund des überraschend starken Tourismusbooms in Südeuropa noch nach oben.
Nach einem starken ersten Halbjahr sei die Konjunktur nun jedoch in eine schwierigere Phase eingetreten, erklärte Gentiloni. Erstmals seit der russischen Invasion in die Ukraine warnt die Kommission vor einer Rezession im gesamten Währungsraum. Für Deutschland hatten der Internationale Währungsfonds und die Bundesregierung in ihren jüngsten Prognosen bereits eine Rezession im kommenden Jahr vorhergesagt.
Der Prognose liegen laut Gentiloni drei Annahmen zugrunde: 1. Die geopolitischen Spannungen werden bis Ende 2024 weder nachlassen noch zunehmen. 2. Die EU kann einen größeren Gasmangel vermeiden. 3. Die Notenbanken setzen ihre Zinserhöhungen fort.
Die Inflation soll auch im kommenden Jahr hoch bleiben, bevor sie 2024 deutlich zurückgeht. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone soll dieses Jahr im Schnitt bei 8,5 Prozent liegen und im kommenden Jahr auf 6,1 Prozent fallen. 2024 rechnet die Kommission mit einer Inflation von 2,6 Prozent. Dies wäre bereits nah am langfristigen Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent.
In Deutschland soll die Inflation in diesem Jahr 8,8 Prozent und im kommenden Jahr 7,5 Prozent betragen. 2024 soll sie der Prognose zufolge auf 2,9 Prozent fallen. „Der Höhepunkt der Inflation ist nah, wahrscheinlich am Jahresende“, sagte Gentiloni. Die Kommission sehe bisher nicht, dass die höheren Preise auch die Löhne nach oben treiben würden.
>> Lesen Sie hier: Starökonom Olivier Blanchard sieht Chance auf eine sinkende Inflation
Es gebe allerdings Abwärtsrisiken. Die größte Gefahr drohe vom Gasmarkt, nicht in diesem Winter, aber im kommenden Winter. Wenn es nicht gelinge, angesichts des russischen Lieferstopps die europäischen Gasspeicher im kommenden Jahr ausreichend zu füllen, könnten die Energiepreise wieder steigen und die Inflation auch 2024 deutlich höher ausfallen als erwartet.
Erstpublikation: 11.11.22, 11:00 Uhr (aktualisiert am 11.11.22, 12:05 Uhr).
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