Mit dem 9-Euro-Ticket können Millionen Menschen im Juni, Juli und August überall in der Republik vergünstigt in Bus und Bahn steigen. Vor allem an Pfingsten ist jedoch mit hohem Andrang zu rechnen.
9-Euro-Ticket: Was Sie wissen müssen
Ab kommenden Montag soll das 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn verfügbar sein. Bild: Imago/Eibner
Bild: Imago
Berlin. Erstpublikation: 20.05.22, 09:14 Uhr (zuletzt aktualisiert: 03.06.22, 13:39 Uhr) Durch das 9-Euro-Ticket will die Ampelkoalition auch Nicht-Autofahrer von den hohen Energiekosten entlasten. Zugleich geht es um ein Preisexperiment, das generell mehr Fahrgäste anlocken soll. Die Verkehrsbetriebe müssen den erwarteten Andrang so bewältigen, dass das Angebot nicht zu Frust führt.
Befürworter sehen eine große Chance für mehr klimafreundlichen Verkehr. Kritiker fürchten ein Strohfeuer und warnen, dass übervolle Busse und Bahnen mögliche neue Nutzer eher abschrecken.
Der Bund will den Ländern unter anderem 2,5 Milliarden Euro überweisen – als Ausgleich für Einnahmeausfälle wegen des Tickets.
Viele Verkehrsbetriebe sprachen von einem reibungslosen Auftakt des Spartickets am Mittwoch. „Die Züge waren nicht übermäßig stark belegt, aber heute ist eben auch ein ganz normaler Arbeitstag“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Das Pfingstwochenende werde jedoch sicher eine Herausforderung.
Wann ist das Monatsticket zu kaufen und für wen lohnt es sich überhaupt? Alle wichtigen Fragen zum Neun-Euro-Ticket im Überblick.
Fahrgäste sollten beachten, dass „es im Regionalverkehr an den reisestarken Tagen rund um Pfingsten aufgrund des Neun-Euro-Tickets zu einer zusätzlich erhöhten Auslastung in Zügen und Bahnhöfen kommen kann“. Dies gelte insbesondere für beliebte touristische Ziele, schreibt die Bahn auf ihrer Website. Fahrgastvertreter halten trotz Sonderzügen teils chaotische Zustände für möglich.
Hinzu kommt, dass die Fahrgastzahlen bei der Bahn zuletzt auch ohne Sondertickets wieder deutlich gestiegen sind. Über Ostern hat der Konzern sogar mehr Reisende in den Zügen gezählt als Ostern 2019, also vor der Coronakrise.
Viele Verkehrsunternehmen haben bereits angekündigt, dass etwa die Fahrradmitnahme nicht immer und überall möglich sein wird. So rechnet in Schleswig-Holstein der Verkehrsverbund Nah.SH am Pfingstwochenende mit volleren Zügen auf der Marschbahnstrecke von Hamburg nach Sylt. Auch zu den anderen beliebten Zielen an Nord- und Ostsee werden übermäßig viele Reisende erwartet. Es wird geraten, zu weniger nachgefragten Zeiten oder weniger frequentierten Orten zu fahren.
Zu den gefragten Strecken zählen neben Nord- und Ostsee der Schwarzwald sowie Ausflüge Richtung Stuttgart oder dem Bodensee, sagte ein Bahn-Sprecher gegenüber der Tagesschau. Am Freitag, aber auch am Pfingstmontag und Dienstag erwarte man das meiste Reiseaufkommen.
Auch die DB Regio Bayern warnt vor einer erhöhten Auslastung. Das betreffe insbesondere die Strecken im Netz der Werdenfelsbahn sowie die Regionen Allgäu und München-Augsburg-Ulm. Die bayerische Bahn-Tochter nennt ebenso einige Express-Verbindungen.
Bei der Deutschen Bahn wird über das Pfingstwochenende vor allem im Norden, Westen und Südwesten gebaut: Auf den Strecken zwischen Hamburg und Hannover und zwischen Frankfurt und Mannheim, Dortmund und Düsseldorf oder im Mittleren Rheintal. Die Bauarbeiten führten unter anderem „zu längeren Fahrtzeiten, Zug- und Halteausfällen oder zusätzlichen Umstiegen“, hieß es.
Hinzu kommen Baumaßnahmen einzelner Verkehrsverbünde. Allein in Berlin und Brandenburg sind laut dem zuständigen Verkehrsverbund VBB mehr als ein halbes Dutzend Regionalbahn und -expresslinien von Baueinschränkungen an diesem Pfingstwochenende betroffen. Um sich vorab zu informieren, sollte die jeweilige Internetseite der Verkehrsverbünde eingesehen werden.
Der Grund, warum das Ticket neun Euro kostet und nicht etwa 15 oder gar null Euro, findet sich in der Politik: Als die Bundesregierung im März beschlossen hatte, das 9-Euro-Ticket für drei Monate in Deutschland einzuführen, lautete der Slogan „9 für 90“ – also neun Euro für 90 Tage. Hinter Name und Preis des Tickets steckt also nicht mehr als ein gut klingender Werbespruch.
Dabei entspricht dieser nicht einmal ganz der Wahrheit: Da das 9-Euro-Ticket immer nur für einen Monat gültig ist und für den nächsten erneut gekauft werden muss, kostet das 9-Euro-Ticket – vorausgesetzt, man möchte das Angebot von Juni bis August nutzen – insgesamt 27 Euro.
Dass es kein Null-Euro-Ticket gibt, hat ebenfalls einen Grund: Durch die Zahlungen für das 9-Euro-Ticket erhoffen sich Politik und Verkehrsbünde das Angebot besser analysieren zu können. Sie können so ermitteln, welche Strecken besonders beliebt sind und wie viele Menschen durch den günstigeren Preis tatsächlich auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen.
Die Deutsche Bahn und viele Verkehrsverbünde haben den Verkaufsstart am Montag, dem 23. Mai 2022 begonnen.
Am unkompliziertesten können Sie das Ticket im DB-Navigator kaufen. Damit Sie die App der Deutschen Bahn nutzen können, müssen Sie darin einen kostenlosen Bahn-Account anlegen. Der Button für den Kauf des 9-Euro-Tickets erscheint in der iOS-Version gleich auf dem Startbildschirm. Als Android-Nutzer finden Sie den Kauf-Button im DB-Navigator am Ende der Startseite. Im Buchungsvorgang müssen Sie dann nur noch den gewünschte Geltungsmonat auswählen.
Das 9-Euro-Ticket können Sie auch kaufen:
Zusätzlich planen die Verkehrsverbünde und Unternehmen einen gemeinsamen Onlineshop für das 9-Euro-Ticket. Dieser soll noch vor dem 1. Juni verfügbar sein.
Das Ticket soll ab dem 1. Juni gelten – dann jeweils im Juni, Juli und August für den jeweiligen Kalendermonat. Nicht möglich sind also gleitende Vier-Wochen-Zeiträume, etwa von Mitte Juli bis Mitte August.
Zu haben sein sollen auch Tickets für alle drei Monate auf einen Schlag, wie es bei der Deutschen Bahn heißt. Einen Bahncard-Rabatt auf das 9-Euro-Ticket gibt es nicht.
Wer schon ein Monats- oder Jahresabo hat, soll in den drei Monaten nur mit neun Euro belastet werden. Die Abonnenten bekommen Nachricht von ihrem Anbieter oder dem Verkehrsverbund, ob der Bankeinzug reduziert oder die Differenz erstattet wird. Solche Regeln sollen auch bei Semester- oder Jobtickets gelten.
Der Preis von neun Euro gilt pro Kalendermonat für beliebig viele Fahrten. Fahren können Sie in allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs. Es spielt dabei keine Rolle, ob diese von der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern stammen. Das Ticket gilt nur für die zweite Klasse.
Nicht nutzen können Sie mit dem Ticket: den Fernverkehr mit ICE, Intercity und Eurocity sowie die grünen Züge und Fernbusse von Flix.
Die Bahn kündigte zudem an, dass Reisende das 9-Euro-Ticket auch für Intercity-Fahrten von Stuttgart nach Singen in der Bodenseeregion nutzen können. Der sogenannte Murgtäler Freizeitexpress, der aus der Rhein-Neckar-Region bis in den Schwarzwald fährt, wird darüber hinaus nicht nur an Sonn- und Feiertagen, sondern auch samstags unterwegs sein.
Nein. Reservierungsmöglichkeiten gibt es in der Regel nur im Fernverkehr. Das 9-Euro-Ticket gilt aber im Nahverkehr.
Nein. Das 9-Euro-Ticket verfällt mit Monatsablauf und wird nicht automatisch verlängert. Bei bereits bestehenden Abos gelten ab dem 1. September dann wieder die gewohnten Konditionen.
Nein, das ist nicht möglich. Je nach Verbund haben jedoch Abonnenten die Möglichkeit, über einen Zuschlag in die erste Klasse zu wechseln.
Ein Nischenangebot ist der ÖPNV schon bisher nicht. Allein bei der bundeseigenen Bahn fuhren im vergangenen Jahr pro Tag mehr als drei Millionen Fahrgäste in knapp 22.000 Regionalzügen. Morgens und abends im Berufsverkehr herrscht in Ballungsräumen ziemliches Gedränge auf vielen Linien. An Sommerwochenenden sind Regionalbahnen ins Grüne generell gefüllt.
Die Billigtickets fallen nun in die Ferienzeit, in der Schulkinder, Pendlerinnen und Pendler zeitweise gar nicht fahren. Manche könnten das Ticket aber für Ausflüge und Urlaubsreisen nutzen.
Zu rechnen sei wohl mit ungefähr 30 Millionen Nutzern des 9-Euro-Tickets pro Monat, erläuterte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Dies sei aber nur eine Schätzung. Politik und die Branche setzen darauf, dass die Aktion jetzt viele dazu bringt, sich richtig damit zu befassen, wann und wie Busse und Bahnen im Umkreis eigentlich fahren.
Über den gesamten Gültigkeitszeitraum des Tickets will die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben unter anderem 50 zusätzliche Züge einsetzen.
Ungewiss ist auch, wie sich eine gleichzeitige finanzielle Entlastung an den Tankstellen auf die Umsteigelust unter Autofahrern auswirkt. Denn ebenfalls vom 1. Juni bis 31. August will die Koalition die Energiesteuer auf das nach EU-Recht vorgegebene Mindestmaß heruntersetzen. Der Steuersatz für Benzin soll um fast 30 Cent sinken, für Diesel um 14 Cent.
Aktiviert werden sollen Reserven, „die aber nicht in einer nennenswerten Größenordnung“ vorhanden sind, erläuterte der Verband der Verkehrsunternehmen. Die Bahn macht nach Betriebsratsangaben wohl 40 bis 50 zusätzliche Doppelstockwagen betriebsbereit. Viel mehr sei nicht drin. Mehr Aufwand dürfte zum Beispiel auch bei Reinigung und Service entstehen.
Diesen Vorschlag hatte es aus den Ländern tatsächlich gegeben. Einfach auf Tickets zu verzichten, und damit auch auf Kontrolle, hätte den Aufwand deutlich gesenkt, so das Argument. Ein Grund für den Geldbetrag ist aber auch der Blick über das Ende der Aktion hinaus. Wenn Kunden zahlen, lässt sich die Nutzung besser analysieren.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (2)