Wer einmal deutscher Bundeskanzler wie Gerhard Schröder war, dem winken lebenslange Privilegien. Einige dieser Sonderrechte hat der Altkanzler im Mai verloren und verklagt den Bundestag nun deswegen. Was Ex-Kanzler eigentlich bekommen, zeigt diese Übersicht.
Gerhard Schröder
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Mai unter anderem sein Büro verloren und verklagt den Bundestag nun auf Wiederherstellung seiner Sonderrechte.
Bild: dpa
Die Russlandkontakte von Altkanzler Gerhard Schröder sorgen schon lange für scharfe Kritik. Seine Büromitarbeiter haben gekündigt, die SPD legte ihm einen Austritt aus der Partei nahe – für einen Parteiausschluss sieht die Schiedskommission allerdings keine Grundlage. Auch seine Ehrenbürgerschaft bei der Stadt Hannover musste und seinen Posten als Aufsichtsrat beim russischen Ölkonzern Rosneft will er aufgeben.
Sogar das Europaparlament hat sich mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen Schröder ausgesprochen. Grund ist die anhaltende Tätigkeit des SPD-Politikers für russische Staatsunternehmen wie den Energiekonzern Rosneft, wie aus einer im Mai in Brüssel angenommenen Resolution hervorgeht. Das Parlament kann selbst keine Sanktionen verhängen.
Die Ampelkoalition ging einen weiteren Schritt: Bereits seit Mai muss der Kanzler auf einen Teil seiner Privilegien verzichten, als der Haushaltsausschuss des Bundestags unter anderem die Abwicklung seines Büros beschloss. Schröder hat den Bundestag inzwischen auf die Wiederherstellung dieser Sonderrechte verklagt. Aber was genau steht einem Altkanzler oder einer Altkanzlerin zu? Welche Privilegien hat Schröder bereits verloren - und welche hofft er, nun zurückzugewinnen?
Wie auch frühere Bundespräsidenten haben ehemalige Kanzler Anspruch auf ein Büro. Die Mitarbeiter bereiten unter anderem Termine, Vorträge und Publikationen vor.
Im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten für Schröders Büro in Berlin auf 407.000 Euro. Dies geht aus einer Antwort des Bundeskanzleramts auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Die Ausgaben betrafen demnach ausschließlich die Bezahlung der Angestellten. Im Februar dieses Jahres waren vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schröders Büro beschäftigt.
Der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel sollen derweil nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestags sieben Mitarbeiter für ihr Büro zustehen: ein Büroleiter, ein stellvertretender Büroleiter, zwei Fachreferenten und drei Sachbearbeiter.
Kosten für die Miete der Büroräume fallen für die Altkanzler nicht an. Ihnen werden Räume des Deutschen Bundestags überlassen.
Nach ihrer Amtszeit beschützt Security-Personal des Bundeskriminalamts die ehemaligen Kanzler. Wie viele Mitarbeiter genau dafür abgestellt werden, richtet sich nach der jeweiligen Gefahrenlage.
Weiterhin steht dem ehemaligen Bundeskanzler ein Fahrer zur Verfügung. Für Merkel sind aktuell zwei Fahrer vorgesehen. Auch ein Dienstwagen gehört zu den Privilegien der ehemaligen Kanzler.
Dazu kommt Geld für Reisen. Nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs erstattet das Bundeskanzleramt Bundeskanzlern a.D. (außer Dienst) „sämtliche geltend gemachte Reisekosten“. Wenn es um den Umfang der Erstattungen geht, wendet das Amt demnach dieselben Maßstäbe an wie für aktive Kanzler.
Abhängig von der Länge der Amtszeit steht den ehemaligen Kanzlern ein Ruhegeld zu. Dieses erhält nach Bundesministergesetz jeder, der der Bundesregierung für mindestens vier Jahre angehört hat. Für Schröder ergibt sich ein Anspruch von 35 Prozent des derzeitigen Amtsgehalts und Ortzuschlags.
Grundsätzlich kann ein Altkanzler sein Ruhegehalt verlieren. Laut Beamtenversorgungsgesetz müsste er dafür von einem Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt werden. Bei besonderen Straftaten wie Hoch- oder Landesverrat würde eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ausreichen.
Der ehemalige SPD-Kanzler gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Allgemein pflegt er gute Kontakte nach Russland. Mitte März reiste Schröder nach Moskau, um mit Putin über den Ukrainekrieg zu sprechen.
Gerhard Schröder und Putin
Altkanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsident Putin verbindet eine lange Beziehung.
Bild: Reuters
Massive Kritik erntete Schröder dafür, dass er trotz der russischen Invasion seine Posten bei russischen Unternehmen zumindest vorerst nicht aufgab. So war er weiter Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft (inzwischen hat er diesen Posten aufgegeben) und hat Führungspositionen bei den Pipelineprojekten Nord Stream und Nord Stream 2 inne.
Laut Bundesrechnungshof fielen 2018 für den Personenschutz, Wohnsitze und weitere genutzte Räumlichkeiten für Altbundeskanzler – damals allein Schröder – Ausgaben in Millionenhöhe aus dem Bundeshaushalt an. Ein Großteil der Privilegien für die Altkanzler ist nicht gesetzlich geregelt, sondern beruht auf sogenannten Maßgabebeschlüssen des Haushaltsausschusses.
Genau das hat die Ampelkoalitionäre nun durchgesetzt: Sie haben die Amtsausstattung Schröders gekappt und sein Büro künftig auf „ruhend“ gestellt. In einem Entwurf des Antrags für den Haushaltsausschuss heißt es, die Bundesregierung solle sicherstellen, „dass die Amtsausstattung ehemaliger Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler nach der fortwirkenden Verpflichtung aus dem Amt erfolgt und nicht statusbezogen“. Demnach soll Schröder einzig sein Ruhegehalt und den Personenschutz behalten dürfen.
Der Union geht das nicht weit genug: Sie wollen dem Altkanzler auch sein Ruhegehalt entziehen. Schröder schade dem internationalen Ansehen Deutschlands, hieß es. Mittlerweile fordern sogar verschiedene EU-Parlamentarier Sanktionen.
In dem vom Haushaltsausschuss beschlossenen Antrag werden Schröders Verbindungen zu russischen Konzernen oder Putin nicht genannt. Hintergrund ist die Befürchtung, dass dies rechtlich angreifbar wäre. Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Altkanzler werde für eine umstrittene Meinung bestraft.
Perspektivisch könnte der Beschluss auch Auswirkungen auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel haben. Die CDU-Politikerin verfügt ebenfalls über ein Büro und bekam erst vor wenigen Monaten neun Mitarbeiter mit Gehältern bis zu 10.000 Euro bewilligt. Das sind zwei Mitarbeiter mehr, als Schröder nach seiner Kanzlerschaft 2005 hatte.
Dieser Artikel erschien bereits am 18.05.2022. Der Artikel wurde erneut geprüft und mit leichten Anpassungen aktualisiert.
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