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17.07.2018

17:00

Studienstandort

Deutsche Unis werden für Ausländer immer attraktiver

Von: Frank Specht

Trotz großer Konkurrenz ziehen deutsche Bildungseinrichtungen immer mehr ausländische Studenten und Forscher an. Die Gründe dafür sind vielfältig.

359.000 Studierende an deutschen Universitäten kamen 2017 aus dem Ausland. dpa

Erstsemester an der Universität Heidelberg

359.000 Studierende an deutschen Universitäten kamen 2017 aus dem Ausland.

Berlin Margret Wintermantel muss nicht lange suchen, um Beispiele für den Wert eines Auslandsstudiums zu finden. Der Chemiekonzern BASF habe doch gerade eine große Investition in China angekündigt, sagt die Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Da könne es sicher nicht schaden, Mitarbeiter zu haben, die im Rahmen eines Studienaufenthalts schon Erfahrung in der Volksrepublik gesammelt haben.

Doch die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die sich zuletzt auch verstärkt bei hiesigen Unternehmen eingekauft hat, steht bei deutschen Studierenden nicht mehr ganz so hoch im Kurs wie noch in der Vergangenheit. Rund 7500 Deutsche studierten 2015 in China – acht Prozent weniger als Vorjahr.

Die beliebtesten Gastländer für heimische Studierende sind weiterhin Österreich, die Niederlande, Großbritannien, die Schweiz und die USA. Allerdings folgt China dann trotz des Rückgangs auf Rang sechs – noch vor Frankreich.

Das geht aus dem Datenband „Wissenschaft weltoffen 2018“ hervor, den das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und der DAAD diese Woche vorgelegt haben. Vom Ziel, dass jeder zweite Studierende Auslandserfahrung sammeln sollte, ist die selbst ernannte Bildungsrepublik Deutschland demnach noch weit entfernt. Knapp 138.000 Deutsche waren 2015 an einer Hochschule im Ausland eingeschrieben.

Die Zahl ist seit Jahren weitgehend konstant. Leicht rückläufig ist dagegen seit 2009 der Anteil der deutschen Studierenden in höheren Semestern, die zumindest temporär ins Ausland gehen. Nach der Sozialerhebung des Studentenwerks lag die Quote zuletzt bei 28 Prozent.

Unterricht in Englisch

Umgekehrt erweist sich Deutschland als zunehmend attraktiverer Studienort für Ausländer. Ihre Zahl ist 2017 gegenüber 2016 um fünf Prozent auf 359.000 gestiegen. Das 2013 von Bund und Ländern gesteckte Ziel, bis 2020 mindestens 350.000 ausländische Studenten anzulocken, ist damit bereits drei Jahre früher erreicht worden.

Das zeige, „dass wir international ein hochattraktiver Wissenschaftsstandort sind“, kommentierte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Zahlen. Auch dass Deutschland die Wissenschaftsfreiheit hochhalte, erhöhe angesichts restriktiver Tendenzen in anderen Weltregionen die Anziehung.

nter den Gastländern mit den meisten internationalen Studierenden weltweit lag Deutschland 2015 auf Rang fünf hinter den USA, Großbritannien, Australien und Frankreich. Zur Attraktivität beigetragen haben dürfte neben der weitgehenden Gebührenfreiheit des Studiums auch die Tatsache, dass hierzulande mittlerweile 1500 der rund 10.000 Masterstudiengänge englischsprachig angeboten werden.

Anders als etwa in den USA oder Australien, wo knapp die Hälfte der eingeschriebenen Ausländer aus China und Indien kommen, ist die Herkunft der Gaststudenten in Deutschland breiter gestreut. Größte Gruppe sind aber auch hierzulande die Chinesen, die vor allem Ingenieurwissenschaften studieren.

DAAD-Präsidentin Wintermantel wertet das als Hinweis auf „die hohe Reputation unserer Ingenieure“. Auch die Fachhochschulen stünden wegen ihrer Praxisorientierung bei Ausländern hoch im Kurs, ergänzte Karliczek. Allerdings zieht es die weit überwiegende Mehrheit der Ausländer weiter an die Universitäten.

Sorgen bereitet der Ministerin die hohe Abbrecherquote bei den Ausländern, die eigentlich das Ziel hatten, hier ihren Abschluss zu machen. Sie liegt für den Bachelor-Studienanfängerjahrgang 2012/13 bei 45 Prozent – 17 Prozentpunkte höher als bei Einheimischen.

Zwar sind in der Quote auch jene erfasst, die ihr Studium in der Heimat fortsetzen. Dennoch sei sie – gerade vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels – „inakzeptabel hoch“, sagte Karliczek. In einem über vier Jahre laufenden Forschungsprojekt untersucht der DAAD deshalb die Gründe für die hohen Abbrecherzahlen und mögliche Gegenmaßnahmen.

Attraktiv auch für Forscher

An deutschen Hochschulen geht es aber nicht nur in den Hörsälen internationaler zu als in der Vergangenheit, sondern auch in den Büros, Laboren oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Knapp sechs von zehn wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus Deutschland entstehen heute unter Beteiligung ausländischer Forscher.

46.000 ausländische Wissenschaftler waren 2016 hierzulande angestellt. Es sei eine „Erfolgsgeschichte“, innerhalb von zehn Jahren fast eine Verdoppelung hinbekommen zu haben, sagte Monika Jungbauer-Gans, Wissenschaftliche Direktorin des DZHW.

Die meisten ausländischen Forscher ziehen im langjährigen Vergleich aber die USA und Großbritannien an, gefolgt von Deutschland und China.

Hinzu kommen rund 10.600 ausländische Wissenschaftler, die bei den vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie Max-Planck- oder Helmholtz-Gesellschaft arbeiten – überwiegend als Naturwissenschaftler – und 32.000 Gastwissenschaftler, die sich vorübergehend in Deutschland aufhalten. Bei Letzteren steht erstmals China an der Spitze der Herkunftsländer.

Allerdings: Die Zahl deutscher Gastwissenschaftler, die finanziell gefördert zeitweise ins Ausland gehen, ist nur etwa halb so hoch. Und sechs von zehn halten sich weniger als einen Monat im Gastland auf. Trotz aller Internationalisierungsbestrebungen und Förderprogramme gilt auch für deutsche Wissenschaftler also offenbar immer noch die Devise: Zu Hause ist es doch am schönsten.

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