PremiumKeine Zuschauer, strenge Kontrollen, diplomatische Boykotte – die Werbepartner kämpfen mit einer Reihe von Problemen. Das gilt auch für den deutschen Topsponsor Allianz.
Vorbereitungen uf die Spiele
Skistrecke in Yanqing, China.
Bild: Getty Images
Peking, München Am Freitag beginnen in Peking die Olympischen Winterspiele mit einer großen Eröffnungsfeier. Doch von Partystimmung ist in der chinesischen Hauptstadt bislang kaum etwas zu spüren. Nur vereinzelt werben die großen Sponsoren wie Samsung oder Visa auf digitalen Tafeln mit dem Sportereignis. Ansonsten erinnern nur Plakate des Veranstalters selbst an das anstehende Großereignis – und Schilder an den Zäunen um die abgesperrten Hotels in Peking, in denen Athleten und Mitreisende von der Bevölkerung abgeschirmt werden, damit diese sich nicht mit Corona infizieren.
Für die Unternehmen, die es sich Hunderte Millionen Euro kosten lassen, damit sie mit den Olympischen Spielen werben können, ist das Event in Peking eine Enttäuschung. „Die Olympischen Spiele sind weltweit so polarisiert worden, dass die großen internationalen Sponsoren im Grunde nur noch den Kopf einziehen“, sagt Mark Dreyer, Blogger und Experte für Sport in China und Autor eines Buches zu der Thematik. Sogar innerhalb Chinas hätten sie sich sehr zurückgehalten mit Werbemaßnahmen.
Die US-Regierung kritisiert China scharf und wirft der Staatsführung schwere Menschenrechtsvergehen an der muslimischen Minderheit der Uiguren in der westchinesischen Provinz Xinjiang vor.
Die USA haben einen diplomatischen Boykott der Spiele angekündigt, auch Australien, Japan und Deutschland schicken keine Regierungsvertreter zu dem Sportereignis. Bei einer Anhörung im US-Kongress mussten sich amerikanische Olympia-Sponsoren wie Intel und Coca-Cola sogar öffentlich für ihre Unterstützung der Spiele in der Volksrepublik rechtfertigen.
Kein gutes Umfeld für eine Werbekampagne. Neben Toyota, Coca-Cola, Visa und Samsung gehört erstmals auch die Allianz zum Kreis von insgesamt 13 Topsponsoren des Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Es ist das einzige deutsche Unternehmen unter den Hauptgeldgebern. Das Logo der Allianz wird in den kommenden Tagen bei den TV-Übertragungen der Wettbewerbe weltweit zu sehen sein.
Chinesischer Polizist
An den Restriktionen der Volksrepublik gibt es im Vorfeld der Spiele viel Kritik.
Bild: Reuters
Wegen der Kritik am Vorgehen der chinesischen Ausrichter, an der Coronapolitik und am Umgang mit Sportlern und Medienvertretern beobachtet man bei der Allianz die in wenigen Tagen startenden Spiele jedoch mit Anspannung.
Die Partnerschaft hatte der umstrittene IOC-Chef Thomas Bach mit Allianz-Chef Oliver Bäte bereits im September 2018 in der Münchener Allianz-Zentrale geschlossen. Bis zum Vertragsende im Jahr 2028 sollen dem Vernehmen nach rund 400 Millionen Dollar an das IOC fließen.
Von der Zusammenarbeit mit der Sportorganisation versprach sich die Allianz eine deutlich höhere Wahrnehmung, den Zugang zu einer jüngeren Zielgruppe und Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Außerhalb des Massenphänomens Fußball seien die Olympischen Spiele dafür die bedeutendste Plattform, so das Unternehmen. „Einer der Gründe für unser Engagement beim IOC ist, dass wir auch bei der jüngeren Generation verstärkt als Partner wahrgenommen werden wollen“, sagte der damalige oberste Marketingchef Jean-Marc Pailhol dem Handelsblatt.
Das belastete Image des IOC um Dopingvorwürfe, Betrug und Vetternwirtschaft war da bereits ein Thema in den Verhandlungen, die nach nur neun Monaten zu einem Vertragsabschluss führten.
Generell habe sich am ursprünglichen Ansatz nichts verändert, heißt es heute bei der Allianz. Als Sponsor stünden die Werte der olympischen Bewegung – Exzellenz, Freundschaft und Respekt – und die sportlichen Leistungen der Athletinnen und Athleten im Vordergrund. „Unser Engagement bleibt weiterhin bestehen“, sagte ein Sprecher des Unternehmens.
Für die Allianz, die bereits seit mehr als einem Jahrhundert in China vertreten ist, sollten die Spiele der Marke auch innerhalb des Landes mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Dem chinesischen Markt kommt eine bedeutende Rolle in der weltweiten Wachstumsstrategie zu. Erst im November hatte das Unternehmen beispielsweise die Lebensversicherungstochter Allianz China Life komplett in seinen Besitz gebracht, nachdem der 49-Prozent-Anteil des bisherigen Joint-Venture-Partners Citic Trust übernommen worden ist. Damit ist die Allianz der erste komplett selbstständige ausländische Lebensversicherer, der aus einer Partnerschaft mit einem einheimischen Partner entstanden ist.
Doch selbst das Werben innerhalb Chinas wird für Unternehmen wie die Allianz zu einem schwierigen Unterfangen. Zum einen wächst die Gefahr, dass Werbeaktionen schiefgehen. In den vergangenen Monaten häuften sich die Fälle westlicher Unternehmen, deren Äußerungen oder Werbekampagnen zu Shitstorms in der Volksrepublik führten, darunter H&M, Adidas oder Intel. Erst im Dezember wurde der deutsche Autohersteller Daimler in sozialen Medien heftig kritisiert, weil er in einem Werbespot die schmalen Augen des chinesischen Models mit Make-up betont hatte. Ihm wurde vorgeworfen, damit westliche Vorurteile zu bedienen.
Zum anderen ist es für multinationale Unternehmen aufgrund der global gewordenen Medienwelt nicht mehr so einfach möglich, Botschaften ausschließlich an ein chinesisches Publikum zu richten, ohne dass der Rest der Welt davon etwas mitbekommt. „Die Olympia-Sponsoren können heute nicht mehr diese riesigen Kampagnen in China durchführen, weil das jeder mitbekommen wird“, sagt Sportexperte Dreyer. „In die ganze Welt wird ausgestrahlt werden: Warum macht ihr das, wenn sie so sehr von Washington angegriffen werden?“
Auch der äußerst restriktive Umgang der chinesischen Staatsführung zur Bekämpfung von Coronafällen ist international auf viel Unverständnis gestoßen. China verfolgt im Kampf gegen das Virus eine Null-Fall-Strategie und schottet die Volksrepublik seit zwei Jahren weitgehend vom Ausland ab.
Vor den Olympischen Spielen in Peking 2022
Ein Quarantänebeamter in Schutzkleidung ist am Beijing Capital International Airport im Einsatz.
Bild: dpa
Für die Olympischen Spiele hat Peking ein „Blasen“-System entwickelt, mit dem alle aus dem Ausland Eingereisten von dem Rest der Bevölkerung abgeschirmt werden. Das führt dazu, dass auch deutlich weniger Journalisten wegen der strengen Einreiseregeln über das Sportereignis berichten. China wird die Behinderung freier Berichterstattung und ein widriger Umgang mit den Sportlern vorgeworfen.
Trotz der strengen Vorsichtsmaßnahmen sind Stand Freitag bereits 36 Infektionsfälle in der „Blase“, in der China die Athleten und Mitreisende getrennt vom Rest der Bevölkerung hält, registriert worden. Forderungen, die Spiele zu verschieben, beobachtet man bei der Allianz sehr aufmerksam. Mit Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), die seit Wochen gegen die Spiele in China mobil machen, sei man in regem Austausch. Selbstverständlich habe sich die Allianz wie alle Sponsoren der Einhaltung der Menschenrechte verschrieben, heißt es aus dem Konzern.
Olympische Spiele in Peking
Am 4. Februar starten die Spiele – Zuschauer, Sportler und Begleiter sind streng von der heimischen Bevölkerung separiert.
Bild: imago images/VCG
Die Hoffnung der Sponsoren ist, dass die Kritik abebbt, sobald die Wettbewerbe erst einmal gestartet sind. Die Olympischen Spiele wandeln sich schon seit Jahren immer mehr zum medialen Großereignis. Dass aus Pandemiegründen keine Zuschauer vor Ort zugelassen sind, war bereits bei den Sommerspielen in Tokio vor einem Jahr von den Organisatoren als notwendiges Übel hingenommen worden. Auch diesmal werde „die Macht der Bilder“ von den sportlichen Höchstleistungen vieles überstrahlen, was im Vorfeld kritisiert wurde, glaubt man bei der Allianz.
Die Sponsorenverträge werden wie bei der Allianz zudem meist über mehrere Jahre geschlossen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Spiele nach 2022 weniger Aufregung im Vorfeld bringen dürften. Die Sommerspiele 2024 finden in Paris statt, zwei Jahre später geht es im Winter nach Mailand und Cortina d’Ampezzo sowie 2028 nach Los Angeles.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×