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12.05.2022

15:27

Nato-Hauptquartier in Brüssel. REUTERS

Die Nato

Nato-Hauptquartier in Brüssel.

Ukraine-Krieg

Das Militärbündnis Nato einfach erklärt

Von: Ben Mendelson

Die Nato ist ein Militärbündnis aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch gerade heute hat es wichtige Funktionen - und bald womöglich mehr Mitglieder. Ein Überblick.

Düsseldorf Seit mehr als 70 Jahren besteht die Nato. Das Militärbündnis wurde am 4. April 1949 gegründet. In den vergangenen Jahren hat die Organisation stark unter der Politik des damaligen US-Präsidenten Donald Trump gelitten. Gerade die Drohung Trumps, aus der Nato auszutreten, die er während des Gipfels 2018 in Brüssel formulierte, sorgte für einen Vertrauensverlust. Mit Joe Biden im Weißen Haus gebe es aber ein Signal des Aufbruchs, sagen Experten. Und mit Finnland und Schweden erwägen zwei weitere Länder einen Nato-Beitritt.

Doch es gibt weiter große Herausforderungen für das Bündnis. Der Ukraine-Krieg bestimmt das Geschehen. Die USA und weitere Bündnispartner haben ihre Militärpräsenz in Osteuropa ausgebaut. Im Inneren der Organisation herrschen zudem Spannungen wegen der unzureichenden Ausstattung der meisten EU-Streitkräfte und die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels.

Doch was bedeutet das eigentlich? Was ist die Nato? Wer sind die Mitglieder der Nato? Und wo ist die Nato aktuell im Einsatz?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Nato im Überblick.

Was ist die Nato? 

Die Nato ist ein Militärbündnis. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 von zwölf Ländern gegründet. Die Weltpolitik spaltete sich im Kalten Krieg in Ost und West auf. Die Nato war das westliche Bündnis gegen die Bedrohungen der Sowjetunion, das Gegenstück im Osten war der Warschauer Pakt.

Die Abkürzung Nato ist ein Akronym und stammt aus dem Englischen: North Atlantic Treaty Organization, zu Deutsch: Nordatlantikpakt-Organisation. Die Bundesrepublik Deutschland ist erst 1955 beigetreten.

Wer sind die Mitglieder der Nato?

Regierungschefs der Nato-Mitglieder bei einem Nato-Treffen im Juli 2018. AP

Nato-Hauptquartier in Brüssel

Regierungschefs der Nato-Mitglieder bei einem Nato-Treffen im Juli 2018.

Aktuell hat die Nato 30 Mitgliedsländer. Die nordamerikanischen Mitgliedsländer sind Kanada und die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Mehrheit der Nato-Mitglieder besteht aus EU-Ländern. Nun erwägen mit Finnland und Schweden zwei weitere EU-Mitglieder einen Nato-Beitritt. Die finnische Regierung kündigte am 12. Mai einen Antrag auf Beitritt zur Nato an, Schwedens Regierung will am 15. Mai darüber entscheiden. Beiden Ländern hat die Nato eine „zügige Aufnahme“ versprochen.

Folgende 21 EU-Mitglieder gehören bereits zur Nato: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn.

Weitere Mitglieder der Nato sind Albanien, Island, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, die Türkei und das Vereinigte Königreich. 

Auch die Ukraine strebt den Eintritt in die Nato an. Dadurch würde sich das Gebiet der Nato weiter in den Osten verlagern. Russland sieht sich dadurch nach eigenen Angaben bedroht.  

Warum wurde die Nato gegründet?

Die Gründung der Nato geht auf den Kalten Krieg zurück. Die Nato sollte ein Sicherheitsbündnis gegenüber dem Einfluss der Sowjetunion sein. Die militärische Antwort darauf war 1955 der Warschauer Pakt, ein Militärbündnis von sieben Ostblockstaaten und der Sowjetunion, also Russland und den 15 zugehörigen Staaten.

Was ist heute die Aufgabe der Nato?

Kanadische Soldaten im März 2021 bei einer Militärübung in Lettland. REUTERS

Nato-Militärübung

Kanadische Soldaten im März 2021 bei einer Militärübung in Lettland.

Trotz des Untergangs der Sowjetunion besteht die Nato als Militärbündnis weiter. Nato-Staaten kooperieren bei Militärübungen, etwa in Osteuropa.

Ferner dient die Nato der Unterstützung einzelner Mitgliedsländer in militärischen Konflikten. Wird ein Nato-Mitglied angegriffen, sieht Artikel 5 des Nato-Vertrags vor, dass dieser militärische Angriff als ein Angriff gegen alle Nato-Mitglieder angesehen wird. Die anderen Staaten verpflichten sich, militärischen Beistand zu leisten. Das wird als Bündnisfall bezeichnet.

Diese Abmachung ist Kern des Bündnisses und soll den Frieden sichern. Denn so ist es für kein Land von Vorteil, ein Nato-Mitglied anzugreifen, weil der Gegenangriff dann von allen Nato-Staaten gemeinsam ausgehen würde. Dabei spielen die USA eine Schlüsselrolle für die Handlungsfähigkeit der Nato: Ohne ihre politische, konventionelle und nukleare Schlagkraft wäre eine glaubwürdige Abschreckung und die militärische Verteidigung Europas unmöglich.

Zum bislang einzigen Bündnisfall kam es nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York.

Wo ist die Nato aktuell im Einsatz?

Aktuell operiert die Nato in Osteuropa. Im Zuge der Ukraine-Krise haben sowohl die USA als auch weitere Bündnispartner ihre Militärpräsenz in Osteuropa ausgebaut. Mitunter beteiligt sich die Nato auch an einer Militärkoalition gegen den „Islamischen Staat“. Weitere Nato-Einsätze sind aktuell im Irak und im Kosovo. Zudem überwacht die Nato mit einer maritimen Mission den Mittelmeerraum.

Wer ist der Nato-Generalsekretär?

Der Norweger Jens Stoltenberg leitet die Nato seit 2014. REUTERS

Nato-Generalsekretär

Der Norweger Jens Stoltenberg leitet die Nato seit 2014.

Der Nato-Generalsekretär ist Jens Stoltenberg. Der ehemalige norwegische Regierungschef ist seit 2014 im Amt. Seine Amtszeit wurde 2019 bis Herbst 2022 verlängert.

Stoltenberg gehört der norwegischen Arbeiterpartei an. Bevor er politische Ämter innehatte, demonstrierte der heutige Nato-Chef Jens Stoltenberg gegen die Nato.

Was bedeutet das Zwei-Prozent-Ziel der Nato?

Mit dem Zwei-Prozent-Ziel ist gemeint, dass die Nato-Staaten sich auf eine Zielvorgabe für die Finanzierung geeinigt haben. Demnach ist das Ziel aller Nato-Mitglieder, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für den eigenen Militäretat bereitzustellen. Darauf einigten sich die Nato auf einem Gipfel 2002.

Seitdem sorgt das Thema aber immer wieder für Streit, weil viele Nato-Mitglieder diese Zielvorgabe nicht erreicht haben. Während der Militäretat der USA im vergangenen Jahr 3,5 Prozent ihres BIP betrug, gaben Nato-Mitglieder wie Deutschland, Italien oder Kanada 2021 weniger als 1,5 Prozent ihres BIP für das Militär aus. Sie verfehlten damit das Zwei-Prozent-Ziel erneut. Nur Großbritannien, Polen, Frankreich, Griechenland, Litauen, Lettland und Estland gaben wenigstens rund zwei Prozent des BIP für ihr Militär aus.

Nato-Kritik: Was ist die Kritik an der Nato?

Es gibt verschiedene Kritik an der Nato. Frankreichs Premier Emmanuel Macron sprach 2019 im Interview mit dem britischen „Economist“ vom „Hirntod der Nato“. Damit kritisierte er das militärische Vorgehen von den USA und der Türkei in Syrien ohne vorherige Absprache mit den Nato-Partnern. Um sich in Europa unabhängiger zu machen, forderte Macron von den europäischen Nato-Partnern, die Militärinvestitionen zu erhöhen.

Andere Kritiker halten die Nato für obsolet, weil alte Feindschaften aus der Zeit des Kalten Krieges heute nicht mehr bestünden. Manche argumentieren gar, dass die Nato-Osterweiterung in den vergangenen Jahrzehnten das Verhältnis zu Russland verschlechtert habe. Allerdings heben einige osteuropäische Regierungen angesichts des Ukraine-Kriegs die Bedeutung der Nato hervor.

Aus der Friedensbewegung heißt es, dass Frieden nicht mithilfe eines Militärbündnisses wie der Nato hergestellt werden könne. Ihre Kritik: Die Nato bestehe, um die wirtschaftlichen Interessen des Westens durchzusetzen.

Dieser Artikel wurde zuerst am 5. Mai 2021 um 13:45 Uhr veröffentlicht.

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