Douglas-CEO Tina Müller und Otto-Vorstandsvorsitzender Alexander Birken sprechen über die Zukunft des Handels, die Bedeutung von Daten und personalisierte Preise.
Douglas-CEO Tina Müller
„Unsere Strategie heißt: Digital First.“
Bild: German Select/Getty Images
Düsseldorf Tina Müller und Alexander Birken bauen ihre Unternehmen Douglas und Otto konsequent Richtung Online-Handel um.
Beim Gespräch via Zoom diskutieren sie über den Reiz von Marken, den gemeinsamen Konkurrenten Amazon und das Nachhaltigkeitsproblem der Branche. Am Ende riecht Alexander Birken gut, und Tina Müller rudert stilgerecht in Richtung Zukunft.
Frau Müller, Douglas hat im vergangenen Jahr erstmals die Milliardengrenze beim Online-Umsatz durchbrochen. Gilt ab jetzt: online hui, Filiale pfui?
Tina Müller: Wir glauben weiterhin an beide Kanäle. Die Kund*innen, die am häufigsten bei uns kaufen und am meisten Geld bei uns ausgeben, nutzen sowohl den Webshop als auch den Einkauf in der Filiale. Aber insgesamt heißt unsere Strategie: Digital first. Das hat nicht erst in der Coronazeit angefangen, sondern Jahre vorher.
Was wäre passiert, wenn Sie zu Beginn von Corona nicht schon mitten in diesem Transformationsprozess gewesen wären?
Tina Müller: Das wäre für die Digitalisierung zu spät gewesen. In Deutschland machen wir 40 Prozent unseres Umsatzes im E-Commerce, aber eben auch noch 60 Prozent in unseren Filialen. Wenn wir nun sehen, dass die alle seit Dezember geschlossen sind: Das hätten wir ohne den hohen Online-Anteil nicht kompensieren können.
Alexander Birken: In der Coronazeit beschleunigen sich Entwicklungen, die ohnehin schon da sind. Wir erleben nun im Zeitraffer, was sonst Jahre gedauert hätte. Unternehmen, die schon in den vergangenen 15 Jahren bereit waren, in Technologie, Menschen und Kultur zu investieren, haben eine Zukunft. Unsere Konzerngesellschaft Manufactum macht in normalen Zeiten jeweils hälftig Umsatz online und stationär – während der Corona-Schließungen konnten sie das Umsatzfehl durch das Digitale sogar überkompensieren.
Wozu braucht man die klassische Filiale dann überhaupt noch?
Tina Müller: Das Wachstum kommt aus dem E-Commerce. Aber beide Kanäle haben ihre Berechtigung, vor allem im Zusammenspiel. Wir haben ja heute schon Tools im Hintergrund, die uns den Click-and-Collect-Handel über die Filialen ermöglichen: Kund*innen bestellen im Netz und holen die Ware dann in der Filiale ab. Wir nutzen auch die Filialen als Hubs für Lieferungen innerhalb kürzester Zeit nach einer Online-Bestellung. Das ist auch für die Motivation der Mitarbeiter*innen in den Filialen wichtig: Sie werden so zum Teil der Erfolgsgeschichte im E-Commerce. In Deutschland leben mehr als fünf Millionen über 80-Jährige.
Wie kriegen Sie die auf die Douglas-Website?
Tina Müller: Die möchte ich gar nicht unbedingt auf die Website bekommen. Denn das ist eine Kund*innengruppe, die wir seit Jahrzehnten in der Filiale begrüßen und die ihre Beraterinnen persönlich kennen und schätzen. Die jetzt zwangsweise in den Online-Kanal zu schicken, ergibt gar keinen Sinn.
Alexander Birken: Wir erleben sehr wohl, dass auch die ältere Generation in den E-Commerce geht. Die Usability gerade bei Smartphones und Tablets ist so viel besser geworden, dass da viel passieren wird. Und die nächste Generation der 80-Jährigen wächst ganz anders heran. Die suchen übrigens ganz oft sehr bewusst einen deutschen Marktplatz, keinen US-amerikanischen oder asiatischen.
Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group
„Wir sitzen auf einem Schatz von Daten.“
Bild: Isadora Tast
Überhaupt scheint die amerikanische Konkurrenz ja gar nicht so übermächtig zu sein: Otto hat das beste Weihnachtsgeschäft aller Zeiten verbucht. Ist die Angst vor einem Amazon-Monopol übertrieben?
Alexander Birken: Ich glaube nicht an dauerhafte Monopole. Allerdings muss man viel Kraft aufwenden, um in Technologie und Kulturwandel zu investieren, und so das eigene Unternehmen transformieren. Der Onlinehandelsumsatz der Otto Group ist im vergangenen Jahr um weit mehr als 20 Prozent gewachsen auf zehn Milliarden Euro. Wir sehen also, dass sich die Investments in Technologie und vor allem in den Kulturwandel auszahlen – auch um den Big Playern aus den USA oder China Paroli zu bieten.
Also überzieht die EU-Kommission, wenn sie Amazon durch Kartellrechtsverfahren zu stutzen versucht?
Alexander Birken: Ich glaube weniger daran, dass wir Märkte regulieren müssen, um Unternehmen Einhalt zu gebieten. Was wir brauchen: gleiche Regeln und gleiche Zugangsvoraussetzungen für alle, ein „equal playing field“. Und das haben wir derzeit nicht. Dafür brauchen wir die Politik: weniger, um neue Gesetze zu erlassen, sondern mehr, um die existierenden durchzusetzen.
Sie beide scheinen mit dem Plattformgeschäft jedenfalls ganz gut klarzukommen, wenn man sich die Entwicklung anschaut.
Tina Müller: Wir sind schon im vorletzten Jahr ins Plattformgeschäft eingestiegen, indem wir einen Marktplatz eröffnet haben. Da verbinden wir Kund*innen mit Marken, die wir zusätzlich anbieten, aber nicht selbst im Lager führen, und verdienen am Ende eine Provision. So haben wir unser Sortiment von etwa 45.000 Produkten auf mehr als 107.000 Produkte ausgebaut und können auch ganz neue Produktkategorien bieten.
Warum sollte ich das Produkt bei Ihnen kaufen, wenn ich es auch bei Otto kriege und dort noch die Schrankwand mit dazulegen kann?
Tina Müller: Unser Purpose ist: Make life more beautiful. Und unser Kerngeschäft ist Beauty. Dazu gehört hochwertige Kosmetik, vielleicht auch Lifestyle oder Wellbeing. Aber sicher keine Schrankwand. Wir sind deswegen auch ein kontrollierter Marktplatz, kein offener. Das ist alles kuratiert und für unsere Premium-Kundin positioniert. Man muss eine Marke wie Douglas vorsichtig führen. Man darf sie nicht mit zu vielen entfernten Kategorien aufweichen.
Alexander Birken: Das hat tatsächlich mit der Positionierung zu tun. Bei Otto geht es rund um das Zuhause. Wir waren lange bei drei Millionen Artikeln auf unserem Marktplatz, mittlerweile sind es fünf, irgendwann wird es eine zweistellige Millionenzahl sein. Aber dabei vergessen wir nicht: Wofür wollen wir stehen? Wir gehen nicht beliebig in die Breite. Wir entwickeln uns Stück für Stück rund um die Einrichtung des Zuhauses weiter. Ich glaube, es ist nicht das Merkmal Größe, das uns Kund*innen bringt. Sondern die Frage: Was verbindet ein*e Konsument*in mit Otto? Das hat viel mit Fairness und Vertrauen zu tun. Auch mit persönlichen Ansprechpartner*innen, die ich bei Otto anrufen kann. Das ist alles entscheidender als die Frage, ob ich zehn oder 50 Millionen Artikel habe.
Frau Müller, sehen Sie sich eigentlich als Konkurrentin von Otto – oder ist Douglas eher der kleine Spezialanbieter in der Nische?
Tina Müller: Die Nische ist nicht mehr so klein und hochprofitabel. Das sieht man ja auch daran, wie erfolgreich sich der Marktplatz entwickelt hat. Wir sind 2020 im E-Commerce-Bereich um 60 Prozent gewachsen. Gleichzeitig definieren wir uns als Premiumhändler: Wir würden nie zu breit gehen oder in Drei-Euro-Preisklassen.
Otto verkauft seinen Kund*innen Möbel, Kleidung, Feinkost, Unterhaltungselektronik. Ihr Vorteil gegenüber Douglas beim Sammeln von Datenpunkten wächst also mit jedem Einkauf.
Alexander Birken: Ja und nein. Die einzelnen Töchter der Otto-Gruppe haben ihre eigenen Daten, die wir personenbezogen nicht einfach miteinander verknüpfen können. Das ist in Europa grundsätzlich verboten und wird bei uns auch nicht gemacht. Aber wir sitzen natürlich auf einem Schatz von Daten, mit dem wir arbeiten und über den wir unsere Kund*innen immer besser verstehen. Wir entwickeln uns vom Händler zum Geschäftsmodell mit unterschiedlichen Monetarisierungsströmen. Daten-Know-how spielt dabei natürlich eine Rolle.
Sind wir beim Thema Daten in Europa international konkurrenzfähig?
Alexander Birken: Aber ja, und in Zukunft vielleicht umso mehr, wenn das Thema Datenschutz ausgehend von Europa auch noch weiter an internationaler Relevanz gewinnt. Wir übernehmen schon seit Jahrzehnten Verantwortung. Wir haben gerade mit Beteiligung vieler Kolleg*innen einen Code of Ethics erarbeitet. Da geht es auch um den sicheren Umgang mit Daten. Das ist ein hohes Gut und hat für uns Priorität.
Tina Müller: Die Anforderungen an den Datenschutz sind hoch. Aber wir können sehr gut mit den europäischen Regeln arbeiten. Wir haben mittlerweile einen sehr ausgefeilten Daten-Hub. Der zielt einmal Richtung Lieferanten, die von unserem Datenschatz natürlich profitieren und den wir entsprechend monetarisieren. Aber er zielt natürlich auch Richtung Kund*innen: indem wir Botschaften und Angebote mithilfe von Daten personalisieren.
Über welche Größenordnung sprechen wir da?
Tina Müller: Wir haben in 2020 vier Milliarden personalisierte Kommunikationsbotschaften verschickt. Über unsere Beauty-Card haben uns 44 Millionen Kund*innen die Erlaubnis gegeben, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sie auf unterschiedlichen Wegen zu kontaktieren. In Italien zum Beispiel können wir viele per SMS kontaktieren. Wenn wir da personalisierte Botschaften versenden, sieht man minütlich, wie die Umsätze steigen. Daten sind also wichtig, um zu personalisieren, kuratieren und inspirieren. Je personalisierter und inspirierender die Botschaft, desto besser ist das Feedback der Kundin.
Und je personalisierter die Botschaft, desto personalisierter der Preis?
Tina Müller: Super Frage.
Alexander Birken: Das ist sehr unterschiedlich. Für ein sehr individuelles Angebot wie About You würde ich das verneinen. Aber es gibt auch Angebote, bei denen wir Preise schnell anpassen. Wenn wir sehen, dass bestimmte Produkte woanders günstiger angeboten werden, reagieren wir in Sekundenbruchteilen. Sonst katapultieren wir uns aus dem Wettbewerb. Wichtig ist: Der Preis gilt für alle.
Ist das nicht ein Widerspruch? Einerseits sagt Frau Müller, sie will inspirieren und kuratieren. Und andererseits laufen Sie den Preisen hinterher?
Alexander Birken: Das sind unterschiedliche Geschäftsmodelle. Ja, ich glaube, Douglas kann super inspirierend sein, wenn es eine Story erzählt. Bei Manufactum funktioniert das auch. Wenn ich aber eine große Einrichtungsplattform bin und mehr Sofas anbiete als die anderen, dann braucht das eine andere Strategie.
Tina Müller: Preise sind im E-Commerce ein Hygienefaktor. Sie müssen wettbewerbsfähig sein. Da steckt sehr viel KI dahinter. Jeder hat über die vergangenen Jahre seinen Preis-Algorithmus aufgebaut. Aber es ist kein echter Differenzierungsfaktor. Ich muss schon mehr bieten als nur ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Alexander Birken: Wir müssen nicht darum kämpfen, preislich immer an der ersten Stelle zu sein. Aber ich muss schon in den Top-Platzierungen sein. Und wenn das gegeben ist, guckt der Kunde auch nach anderen Kriterien: Wie nachhaltig ist die Ware hergestellt, wann wird geliefert, gibt es einen Aufbauservice?
Ist das nicht auf Dauer ruinös: Gleichzeitig günstige Preise und hohe Inspiration bieten zu müssen?
Tina Müller: Es gibt einen Weg raus aus dem Dilemma: Exklusivmarken und Eigenmarken. Marken wie Kylie Jenner findet man bei keinem anderen Wettbewerber. Wir haben die Douglas Collection, eine Premium-Einstiegsmarke, die macht alleine 200 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Wir haben aber auch Premium-Eigenmarken aufgebaut, die nicht Douglas im Namen tragen. Die bringen im Schnitt deutlich mehr Marge als andere Marken, weil wir da natürlich mehr Pricing-Power haben. Das ist ein Weg, sich vom Preisdruck zu befreien, der im E-Commerce natürlich hoch ist.
Alexander Birken: Marken haben Leuchtturmcharakter. Daraus haben wir Geschäftsmodelle wie Bonprix oder Crate & Barrel entwickelt. Wenn wir auf unseren Marktplätzen wie otto.de zum Beispiel ein Produkt mit Guido Maria Kretschmer entwickeln, leuchtet das, und es entsteht ein sich selbst stimulierendes System: Dieses Markenprodukt erhöht die Attraktivität des Marktplatzes. Er wird dadurch relevanter, es kommen mehr Kund*innen, die wiederum etwas Neues finden, weswegen wir für andere Marken interessant werden. Und da kommt die künstliche Intelligenz ins Spiel: Da geht es nicht mehr darum, den Traffic organisch zu suchen, sondern bestmöglich zu leiten. Ich möchte die Kundin oder den Kunden ja nicht vor eine Suchergebnisliste setzen, sondern ihm oder ihr ein Kauferlebnis bieten, das relevant ist.
Tina Müller: Das beste Tool dafür ist die App. Die ist komplett personalisiert. Wenn man unsere App öffnet, soll das wie eine Frauenzeitschrift sein, die über Content kommt. Aber so auf mich zugeschnitten, dass ich nicht die gesamte Frauenzeitschrift lesen muss, sondern nur den für mich relevanten Teil. Die Kundin wird über die Geschichte inspiriert und kommt dann zum Produkt und, wenn es passt, irgendwann mit dem Warenkorb zum Check-out. Wenn man als Nicht-Generalist wachsen möchte, ist das aus meiner Sicht der beste Weg, über Inspiration zu kommen.
Alexander Birken: Bei der App als Bindungsinstrument sind wir mit AboutYou ganz weit vorne. Die lässt sich wirklich sehr fein individualisieren. Bei jungen Käufer*innen merken wir übrigens, dass sie diesen Vorteil sehr schätzen und direkt ihre Präferenzen eingeben. Zurückhaltung aus Datenschutzgründen spielt da überhaupt keine Rolle mehr. Die wollen uns ihren Style und ihre Lieblingsfarben mitteilen, damit sie richtig gute Produkte bekommen.
Doppelinterview via Zoom
Douglas-CEO Tina Müller und Otto-Chef Alexander Birken im Gespräch mit Miriam Meckel und Sven Prange
Bild: Ada
Social Commerce schwappt aus China auch nach Europa hinüber. Können Sie sich „Tupperware Reloaded“ vorstellen: Insta-Influencer veranstalten einen Hausgeräte-Flashmob in einer Industriehalle, TikTok-Stars machen die Douglas-Filiale zur Popup-Disco?
Tina Müller: Social Commerce ist das moderne Homeshopping. Wir haben im Frühjahr 2020 Douglas Live eingeführt. Das ist eine Live-Shopping- und Beauty-Show, in der wir unsere Marken und Produkte vorstellen. In manchen Stunden macht das acht Prozent unserer Gesamtumsätze im Online-Shop, eine Conversion-Rate von bis zu 40 Prozent. Da sieht man, auf welch fruchtbaren Boden das fällt.
Alexander Birken: Um einmal deutlich zu machen, dass das keine kleine Bewegung ist: Alibaba hat damit zuletzt drei Milliarden Dollar Umsatz an einem Tag gemacht. Wir experimentieren viel mit Influencern. Alles, was an neuen Ideen kommt, testen wir – auch wenn wir nicht über jede verworfene Idee reden. Wir probieren da auch Themen, von denen wir nicht zu 100 Prozent sicher sind, dass die Kund*innen sie wollen.
Welche wären das?
Alexander Birken: Wenn ich an die Twitch-Kanäle denke …
… die Livestreaming-Plattform für Gamer.
Alexander Birken: Genau. Als ich die ersten Ideen hörte, dachte ich: Lasst mal die Kirche im Dorf. Wenn ich nun sehe, wie da Menschen ihre Wohnung einrichten und dabei Produkte von Otto mit einbeziehen, ist das immer noch nicht meine Welt, aber es hat Eventcharakter und spricht offensichtlich junge Kund*innen an. Viele klassische Marketingregeln werden da gebrochen. In Social Media wird auf eine Art und Weise Markenbildung betrieben, wie wir das bisher nicht kannten, dennoch entstehen hochloyale Kund*innenbeziehungen. Und wenn man sich dann fragt, wie das geschehen konnte, dann ist die Antwort ganz einfach: Man geht dahin, wo die Konsument*innen sind.
Bei Otto campen in einer Werbung zwei schwule Männer, bei Douglas küssen sich zwei Frauen im Weihnachtsverkehr. Sind Marken da nicht auch Trendsetter gesellschaftlicher Veränderung?
Alexander Birken: Das Thema Diversity spielt bei uns so eine große Rolle, dass wir gesagt haben: Wir müssen die ganze Vielfalt abbilden. Wenn wir von Werten wie Nachhaltigkeit und Diversity überzeugt sind, wollen wir uns dazu erklären. Dazu gab es auch schon massive Shitstorms, aber das müssen wir dann aushalten. Wir wollen nicht alle zufriedenstellen, wir sind nicht der Golden Retriever des Handels.
Tina Müller: Bei uns ist Diversität schlicht Normalität. Wo, wenn nicht in der Beauty-Branche soll man das Thema Diversity so prominent betonen? Und das macht es doch auch so schön. Da muss man, wie Alexander Birken sagt, manchmal auch den Rücken gerade machen und die Kritik geduldig empfangen ...
… oder auch manchmal eben Umsatz geduldig liegen lassen?
Tina Müller: Für unser Geschäft habe ich den gegenteiligen Eindruck: Wir gewinnen Geschäft hinzu, indem wir Diversity zum Thema machen.
Alexander Birken: Wenn ich das Thema Nachhaltigkeit nehme: Am ersten Tag in der Firma, das ist 30 Jahre her …
Tina Müller: Bei mir sind es drei …
Alexander Birken: … aber es ist nie langweilig geworden. Jedenfalls habe ich den Vertrag damals auf Recycling-Papier bekommen. Und am ersten Tag wurde mir Mülltrennung beigebracht. Das ist also schon sehr lange tief bei der Otto Group verwurzelt. Und nun ist das Thema im Mainstream angekommen. 70 Prozent der Konsument*innen sagen, das spielt eine Rolle. 83 Prozent schauen eher nach Produkten, die reparabel sind. Auch wenn zwischen Sagen und Tun ein Unterschied ist: Die Relevanz dieser Themen steigt. Und wir können endlich viel offener darüber reden. Firmen, die sich nicht um Nachhaltigkeit kümmern, verlieren Geschäft.
Tina Müller: Über die Kosmetikindustrie ist mit Recht eine Anti-Plastik-Welle geschwappt. Und zwar Anti-Plastik im Produkt. Das muss man sich mal vorstellen, dass Plastik in der Creme enthalten war. Aus heutiger Sicht mittlerweile unvorstellbar.
Nun haben Sie zwar keinen Müll mehr in der Kosmetik, aber viel Müll um die Kosmetik durch das viele Versandgeschäft.
Tina Müller: Natürlich geht es vor allem um Reduktion von Verpackung. Da haben wir, gerade im E-Commerce, eine Herausforderung. Damit müssen wir sorgfältig umgehen. Und daran arbeiten wir: Ob das weniger Luft in den Paketen ist oder die Frage, ob ein ohnehin verpacktes Produkt für den Versand wirklich noch eine zweite Verpackung braucht.
Umweltsünde Onlinehandel?
Alexander Birken: Das Verpackungsthema ist ein Riesenthema. Aber um da auch mal mit Märchen aufzuräumen: Onlinehandel ist von den Transporten her im Durchschnitt umwelt- und CO2-schonender als der Stationärhandel. Weil die Waren gebündelt zum Kunden kommen.
Otto hat sich verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu werden. Ziehen Sie bei Douglas mit?
Tina Müller: Wir arbeiten gerade kräftig an unserer Nachhaltigkeitsstrategie, die deutlich weiter geht als bislang. Es wird neue, konkrete Ziele geben.
Wenn Sie dann Herrn Birken künftig ein klimaneutrales Paket schicken könnten: Was wäre drin?
Tina Müller: Ein Eau Sauvage von Dior.
Und wenn Sie Frau Müller ein Paket schicken würden?
Alexander Birken: Ein sehr stylisches Rudergerät von Manufactum. Das passt in jede anspruchsvoll gestaltete Wohnung. Einfach weil sie so schön ist.
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