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15.10.2018

14:56

Raumsonde BepiColombo

Diese Sonde soll Merkurs Geheimnisse lüften

Die Raumsonde BepiColombo tritt am Wochenende ihre siebenjährige Reise zum Planeten Merkur an – einem der geheimnisvollsten Orte im Sonnensystem.

Die Illustration von EADS/Astrium zeigt die Raumsonde BepiColombo am Ziel ihrer siebenjährigen Reise. dpa

BepiColombo am Merkur

Die Illustration von EADS/Astrium zeigt die Raumsonde BepiColombo am Ziel ihrer siebenjährigen Reise.

Berlin Die europäische Weltraumorganisation Esa will die Geheimnisse des sonnennächsten Planeten Merkur lüften: Die Sonde BepiColombo startet am kommenden Samstag (20. Oktober) vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zum kleinsten Planeten unseres Sonnensystems, der zugleich auch der am wenigsten erforscht ist.

Das Vorhaben stellt nach Esa-Auskunft die anspruchsvollste interplanetare Mission in ihrer Geschichte dar. „Das ist Christoph Kolumbus im 21. Jahrhundert“, sagt die Leiterin des Flugkontrollteams der Sonde, Elsa Montagnon. „Der Merkur ist ein sehr geheimnisvoller Planet.“

Die schwierige Reise der europäisch-japanischen Sonde bis zur Ziel-Umlaufbahn um den Merkur dauert sieben Jahre. Erst im April 2026 könne voraussichtlich die Forschung beginnen, so Esa-Projektwissenschaftler Johannes Benkhoff.

Namensgeber ist der italienische Mathematiker Bepi Colombo (1920-1984), der schon früh Grundlagen für eine Flugbahn zum Merkur berechnet hatte. Die Vorbereitungen der rund 1,3 Milliarden Euro teuren Mission haben fast 20 Jahre gebraucht.

Grund für die lange Vorbereitungsphase sind auch die unwirtlichen Bedingungen am Merkur: Durch seine Nähe zur Sonne ist er der Planet mit den extremsten Temperaturschwankungen zwischen Tag- und Nachtseite. Auf seiner der Sonne zugewandten Tagseite steigen die Temperaturen auf über 400 Grad Celsius, während die Nachseite bis minus 170 Grad kalt werden kann.

Um das Überleben der Sonde in dieser laut Esa „höllischen Umgebung“ zu ermöglichen, musste eine Reihe ganz neuer Technologien entwickelt werden. Zudem ist die Reise zum Planet selbst extrem kompliziert.

„Wir brauchen mehr Energie, als für den Flug zum Pluto“, so der Flugdirektor für BepiColombo, Andrea Accomazzo. Pluto ist zwar um ein Vielfaches weiter entfernt, doch muss eine Sonde am sonnennächsten Planeten Merkur der starken Anziehungskraft der Sonne widerstehen. Entsprechend groß ist der Energiebedarf.

Dinge entdeckt, die niemand erklären kann

Die 6,40 Meter hohe und 4,1 Tonnen schwere Raumsonde nähert sich ihrem Ziel in großen elliptischen Bahnen. Dabei fliegt sie neunmal an Planeten vorbei, unter anderem um zu entschleunigen und nicht auf die Sonne zu fallen.

Zuerst ist 2020 die Erde dran, dann zweimal die Venus und sechsmal der Merkur selbst. „Jeder Vorbeiflug an einem Planeten braucht ein paar Monate intensive Vorbereitungszeit“, sagt Accomazzo.

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Wenn die Merkur-Zielumlaufbahn voraussichtlich im Dezember 2025 erreicht wird, trennen sich die zwei selbstständigen Wissenschafts-Satelliten von ihrem Raumtaxi und erforschen den Planeten aus unterschiedlichen Umlaufbahnen. Der Esa-Satellit MPO (Mercury Planetary Orbiter), auch Bepi genannt, nimmt die Oberfläche des weitgehend unbekannten Planeten unter die Lupe. Der japanische Satellit MMO (Mercury Magnetospheric Orbiter) – oder Mio – nimmt Merkurs Magnetfeld ins Visier.

„Wir wollen verstehen, wie unser Sonnensystem entstanden ist“, beschreibt Benkhoff das übergeordnete Ziel. Dafür könnte Merkur, der so nah an der Sonne ist, besonders wertvolle Hinweise liefern.

„Wahrscheinlich hat er, wie die Erde, einen flüssigen Kern, der sein Magnetfeld erzeugt, aber die Wissenschaft weiß nicht, warum“, sagt Montagnon. Vorbeiflüge von US-Sonden in den 1970er und den 2010er Jahren hätten zwar viele Daten gebracht, trotzdem sei noch vieles unklar. „Sie haben Sachen entdeckt, die niemand erklären kann.“

Dazu gehören auch Aushöhlungen an der Oberfläche, die darauf hinweisen, dass Gas entwichen sein könnte. Es gibt zudem Hinweise auf Wassereis in Kratern, wo die Sonne nicht hinkommt.

Die ersten Stunden sind besonders riskant

An Bord des Esa-Satelliten MPO sind elf Kameras und Instrumente, bei vier davon sind deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt. So wird etwa für die Charakterisierung der Minerale und Elemente auf der Merkur-Oberfläche ein in Münster entwickeltes Thermisches Infrarotspektrometer namens Mertis eingesetzt – auch das eine Neuheit.

Ein Jahr ist für die Forschungsarbeit am Planeten mindestens vorgesehen, MPO könnte aber unter entsprechend guten Bedingungen auch bis zu vier Jahre Daten sammeln. Dann wird der Orbiter voraussichtlich verglühen. Der japanische Orbiter soll nach etwa 3,5 Jahren auf dem Merkur zerschellen.

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Die 24 Triebwerke von BepiColombo sind ebenfalls so komplex wie bei keiner anderen Esa-Mission zuvor. Erstmals sind auch vier elektrische Ionenantriebe darunter. Sie werden von insgesamt 42 Quadratmeter großen Solaranlagen versorgt. Die Außentemperatur am Merkur betrage rund 350 Grad, die Panele mit den Solarzellen könnten aber nur bis 200 Grad aushalten, so Montagnon: „Sie müssen ständig von der Sonne weggedreht werden.“

„Die erste Stunde nach dem Start ist am riskantesten“, sagt Accomazzo. Die Sonnen-Paneele müssen nach dem Start rasch ausgefahren werden. Auch in den folgenden 47 Stunden müsse das Raumflugkontrollzentrum in Darmstadt sehr schnell reagieren, wenn etwas schiefläuft.

Die erste größere Hürde ist nach drei Tagen geschafft. Etwa 80 Fachleute in Darmstadt sind in dieser Zeit rund um die Uhr mit dem Gelingen der Mission befasst.

Danach wird es Mitte Dezember wieder kritisch, wenn die Ionen-Triebwerke zum ersten Mal eingesetzt werden. Wenn das nicht funktioniert, könnte die ganze Mission scheitern, sagt Accomazzo. Wenn es jedoch gelingt, werde es bis zum Vorbeiflug von BepiColombo an der Erde in rund eineinhalb Jahren „relativ ruhig“ sein.

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